Die Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts sind im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 6,4 % auf 1 875,4 Milliarden Euro gestiegen. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen etwas stärker als die Ausgaben um 7,3 % auf 1 748,3 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, errechnet sich daraus in Abgrenzung der Finanzstatistiken ein kassenmäßiges Finanzierungsdefizit von 127,3 Milliarden Euro. Das waren rund 6 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2021 und rund 62 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2020. Einen Finanzierungsüberschuss gab es zuletzt im Vorkrisenjahr 2019 mit 45,2 Milliarden Euro.
Das Finanzierungsdefizit des Öffentlichen Gesamthaushalts im Jahr 2022 geht vollständig auf den Bund zurück: Dessen Defizit ist gegenüber den beiden Vorjahren nochmals gestiegen. Hier schlagen sich unter anderem Ausgaben zur Bewältigung der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nieder. Derweil verzeichneten alle anderen Ebenen des Öffentlichen Gesamthaushalts – Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Sozialversicherung – Überschüsse, nicht zuletzt wegen Zuweisungen des Bundes. Die Angaben beziehen sich auf vorläufige Ergebnisse der Kern- und Extrahaushalte der vierteljährlichen Kassenstatistiken. Sie sind nicht zu verwechseln mit dem Finanzierungssaldo des Staates in Abgrenzung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen, an dem sich die Einhaltung des Referenzwertes des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts (Maastricht-Defizitquote) bemisst (vgl. Pressemitteilung Nr. 071 vom 24. Februar 2023).
Ausgaben zur Sicherstellung der Gasversorgung und höhere Zinsausgaben beim Bund
Die Spuren der Corona-Pandemie sind in den Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts 2022 schwächer geworden. Markanter waren die Ausgaben im Zusammenhang mit der Energiekrise: Der Bund erwarb Beteiligungen in der außergewöhnlichen Höhe von 23,6 Milliarden Euro und gewährte Darlehen an andere Bereiche in Höhe von 34,2 Milliarden Euro – Ausgaben, die größtenteils mit der Sicherstellung der Gasversorgung zusammenhängen. Mehr als verdoppelt auf 17,4 Milliarden Euro haben sich die vom Bund an andere Bereiche gezahlten Zinsausgaben. Die Zinslast der Länder sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände verminderte sich dagegen.
Bundeszuweisungen und Zuschüsse geringer, aber weiter ein wichtiges Instrument
Die vom Bund geleisteten laufenden Zuweisungen und Zuschüsse gingen im Jahr 2022 von ihrem historisch hohen Niveau der Vorjahre auf 393,4 Milliarden Euro zurück (-17,6 % gegenüber 2021). Allein die Zuweisungen an die Länder verminderten sich um 27,9 Milliarden Euro, da weniger Corona-Unternehmenshilfen anfielen, die bisher über die Länder ausgezahlt wurden.
Bei den Bundeszuweisungen an die Sozialversicherung entfielen die Zuschüsse an die Bundesagentur für Arbeit und an den Krankenhauszukunftsfonds, allerdings wurde dies durch höhere Bundeszuweisungen an die Renten- und die Pflegeversicherung aufgewogen. Außerdem erstattete der Bund der Rentenversicherung etwa 6 Milliarden Euro, die als Energiepreispauschale an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt wurden.
Die Zuschüsse des Bundes für Investitionen zur Energieeffizienz bei Gebäuden nahmen um 2,6 auf 6,5 Milliarden Euro zu, die Zuschüsse für Elektrofahrzeuge und entsprechende Ladeeinrichtungen erreichten 4 Milliarden Euro.
Steuereinnahmen des Öffentlichen Gesamthaushalts übersteigen das Vorkrisenniveau
Die Steuereinnahmen stiegen nach dem Plus des Jahres 2021 noch einmal deutlich an: Für den Öffentlichen Gesamthaushalt um 7,1 %, für den Bund um 8,7 % und für die Länder um 9,9 %. Insgesamt beliefen sich die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben im Jahr 2022 auf 1 525,3 Milliarden Euro (2021: 1 423,6 Milliarden Euro). Dies ergibt sich trotz der Einnahmen mindernden Entlastungsmaßnahmen, etwa der Energiepreispauschale, die im Falle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Lohnsteueraufkommen abgesetzt wurde und der von Juni bis August 2022 abgesenkten Energiesteuer auf Kraftstoffe („Tankrabatt“). Getragen wurde der Anstieg, wie schon 2021, von den Gemeinschaftsteuern (Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftsteuer).
Rekord-Finanzierungsdefizit des Bundes
Die Ausgaben des Bundes – einschließlich seiner Extrahaushalte – stiegen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 8,6 % auf 608,9 Milliarden Euro und die Einnahmen um 9,2 % auf 463,8 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Rekord-Finanzierungsdefizit von 145,1 Milliarden Euro, der bisherige Höchststand von 135,8 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 wurde nochmals übertroffen.
Die Ausgaben der Länder und ihrer Extrahaushalte stiegen um 3,0 % auf 522,3 Milliarden Euro, die Einnahmen um 4,3 % auf 532,9 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Finanzierungsüberschuss von 10,5 Milliarden Euro (2021: 3,5 Milliarden Euro).
Die Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände (Kern- und Extrahaushalte) stiegen deutlich, um 7,4 % auf 325,8 Milliarden Euro. Trotz ebenfalls deutlich gestiegener Einnahmen (+6,6 % auf 328,4 Milliarden Euro) schmolz der Finanzierungsüberschuss auf 2,6 Milliarden Euro (2021: 4,6 Milliarden Euro).
Bei der Sozialversicherung stiegen die Einnahmen um 4,5 % auf 809,0 Milliarden Euro und damit etwas stärker als die Ausgaben, die um 3,2 % auf 804,4 Milliarden Euro anwuchsen. Nach zwei defizitären Jahren ergab sich erstmals wieder ein Überschuss, er betrug 4,7 Milliarden Euro (2021: -5,5 Milliarden Euro).
Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 5. April 2023