Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist die Schuldenbremse deutlich enger auszulegen als von der Bundesregierung zuvor praktiziert. Insbesondere können nach Anwendung der Ausnahmeregel für Notlagen keine Kreditermächtigungen in Sondervermögen eingestellt werden, um sie in den Folgejahren zu nutzen. Nach der Ausnahmesituation muss daher entweder eine sofortige Konsolidierung erfolgen oder eine Notlage in darauffolgenden Jahren neu begründet werden.
Ziel der Schuldenbremse ist es, die Tragfähigkeit der deutschen Staatsfinanzen zu sichern. In ihrer aktuellen Ausgestaltung ist die Schuldenbremse allerdings starrer, als es für die Aufrechterhaltung der (Schulden-)Tragfähigkeit in Deutschland notwendig wäre. Vor dem Hintergrund der Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung der Schuldenbremse und der daraus resultierenden stärkeren fiskalpolitischen Einschränkungen im Anschluss an eine Notlage sollte eine Reform der Schuldenbremse in Betracht gezogen werden.
Eine pragmatische Reform könnte durch Anpassung der Schuldenbremse an drei Stellen die Flexibilität der Fiskalpolitik erhöhen, ohne die Stabilität zu gefährden. Erstens sollte eine Übergangsphase in den Jahren unmittelbar nach einer Anwendung der Ausnahmeklausel der Schuldenbremse eingeführt werden. In dieser Phase dürfte das zulässige strukturelle Defizit über der normalen Regelgrenze liegen, müsste aber stetig reduziert werden. Zweitens sollte die Regelgrenze für das jährliche strukturelle Defizit in Abhängigkeit von der Schuldenstandsquote gestaffelt werden. Die Regelgrenze könnte so ausgestaltet werden, dass bei geringerer Schuldenstandsquote höhere strukturelle Defizite als bisher, bei höherer Schuldenstandsquote weiterhin nur die bisherigen Defizite zulässig sind. Drittens sollte die Konjunkturbereinigung durch methodische Verbesserungen der Schätzung des Produktionspotenzials weniger revisionsanfällig ausgestaltet werden.
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