Die Debatte um Steuervergünstigungen für ausländische Fachkräfte erhitzt weiter die Gemüter. Die Steuergeschenke würden nach neuen Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bis zu 600 Millionen Euro kosten – und dabei wenig bringen.
Die deutsche Wirtschaft leidet unter dem Fachkräftemangel. So fehlen derzeit etwa 573.000 qualifizierte Arbeitskräfte (IW-Studie: Fachkräftemangel). Um diese Fachkräftelücke zu schließen, will die Ampel ausländische Fachkräfte mit Steuerrabatten nach Deutschland locken. Die Idee: Für ausländische Fachkräfte sollen im ersten Jahr 30 Prozent des Bruttolohnes steuerfrei sein, im zweiten Jahr 20 Prozent und im dritten Jahr zehn Prozent. Diese Regelung würde etwa 70.000 Personen aus Nicht-EU-Ländern betreffen, die zum ersten Mal eine Aufenthaltserlaubnis für Arbeitszwecke erhalten haben.
600 Millionen Euro Kosten
Im ersten Jahr würde der Staat für diese Steuergeschenke auf 300 Millionen Euro verzichten. Nach drei Jahren – wenn der erste Jahrgang nur noch zehn Prozent Rabatt bekäme und neue Fachkräfte dazugekommen wären, würden die Kosten auf bis zu 600 Millionen Euro im Jahr ansteigen. Die Kosten könnten noch höher ausfallen – je nachdem, wie gut ausländische Fachkräfte ausgebildet sind und wie viel sie verdienen. Sie könnten niedriger liegen, wenn Fachkräfte in den drei Jahren wieder zurückwandern oder niedriger Qualifizierte kommen.
Würde der 30-Prozent-Steuerrabatt dagegen für die gesamte Bevölkerung gelten, lägen die Steuerausfälle etwa bei 160 Milliarden Euro. Das sind fast 40 Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus der Einkommensteuer. Selbst wenn zehn Prozent Steuern erlassen werden, müsste der Staat immer noch mit einem Verlust von 60 Milliarden Euro rechnen, was 14 Prozent der Einnahmen entspricht.
Steuerrabatte falscher Hebel
Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, ist richtig und sinnvoll – Steuererleichterungen sind jedoch der falsche Weg dafür. „Steuerrabatte für eine spezielle Gruppe sind diskriminierend im Sinne der Steuergerechtigkeit, besser wäre es, die Abgabenlast für alle zu senken“, sagt IW-Steuerexperte Martin Beznoska. Zudem bleibt fraglich, ob das Instrument überhaupt zusätzliche Fachkräfte anlockt, wenn es nach drei Jahren wegfällt. Weniger Bürokratie und kürzere Visumverfahren wären besser und wirksamer.
(c) IW, 23.07.2024