Bundeskanzler Scholz hat für morgen zum Industriegipfel geladen, Lindner reagiert mit einem Gegengipfel. Was sie eint, ist das Ziel: Lösungen für die Wirtschaftsflaute zu finden. Eine löbliche Idee, findet IW-Direktor Michael Hüther. Nur sollte die Ampel miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.
„Die Bundesregierung überschlägt sich mit großen Ideen, die Wirtschaft zu retten. Erst die Wachstumsinitiative, dann Robert Habecks Deutschlandfonds, morgen der große Industriegipfel: Zumindest bei den Ampel-Vorstößen zur Rettung der deutschen Wirtschaft herrscht gerade Hochkonjunktur. Das muss man den Regierenden lassen: Sie schweigen die Krise nicht tot. Auch der Bundeskanzler verzichtet in letzter Zeit auf sein zweifelhaftes Versprechen eines neuen Wirtschaftswunders.
Alarmglocken nicht zu überhören
Die Alarmglocken sind auch nicht zu überhören. Wirtschaftsminister Habeck hat in seinem dieser Tage veröffentlichten Industriepapier unter Beweis gestellt, das Problem verstanden zu haben: Deutschland ist für Investitionen zu unattraktiv. Die Standortkosten sind zu hoch. Die Infrastruktur wird immer schlechter. Die Bürokratie lähmt. Für die Transformation zur Klimaneutralität hat die Regierung keine erkennbare Strategie. Und bei der Frage, wie wir mit den Folgen der demografischen Alterung umgehen, sind wir noch keinen Schritt weiter.
Nun macht Scholz die Wirtschaftspolitik zur Chefsache und will Deutschland aus der Flaute führen. Und auch wenn es löblich ist, dass der Kanzler das Thema nicht unter den Tisch fallen lässt: Ein bisschen ratlos macht einen die Flut an Wirtschaftsrettungs- und Wachstumsinitiativen, Wummsen oder Turbos schon – zumal Scholz‘ Treffen sogleich vom Gegengipfel seines Finanzministers konterkariert wird. Denn mit der Umsetzung auch nur irgendeiner dieser Ideen ist in dieser Legislatur kaum zu rechnen.
So wie in dieser Woche bei Robert Habecks in der Koalition unabgestimmtem Ideenpapier. Investitionsprämie, Infrastrukturfonds, niedrigere Strompreise: alles gute Ideen (vieles davon stand auch schon im Koalitionsvertrag). Was fast jeder weiß aber: Für den Deutschlandfonds bräuchte es eine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag – und die ist nicht in Sicht.
Kein Konsens in der Ampel
Denn über die entscheidende Frage herrscht in der Ampel eben kein Konsens: Wie die Maßnahmen zur Rettung der deutschen Wirtschaft finanziert werden sollen. 600 Milliarden Euro werden nach IW-Berechnungen in den kommenden zehn Jahren für eine zukunftsfähige Infrastruktur – und damit für die Volkswirtschaft – nötig sein. Solange die Bundesregierung in dieser Frage nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommt, bringen uns alle Gipfel reichlich wenig. Wie wäre es, wenn sich die drei Akteure mal auf die Suche nach den durchaus vorhandenen Gemeinsamkeiten machten?“
(c) IW, 28.10.2024