Nach einem Vorschlag des Familienministeriums hätte die Elterngeld-Bezugsgrenze ab dem kommenden Jahr für Paare auf ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 150.000 Euro sinken sollen. Diesen Plan haben die Regierungsfraktionen bei ihren Haushaltsberatungen in der vergangenen Woche etwas abgeschwächt: Ab dem kommenden Jahr greift die Grenze ab einem Vor-Steuer-Einkommen von 200.000 Euro, im Jahr 2025 soll sie auf 175.000 Euro sinken.
Von den Änderungen sind zigtausende Paare betroffen, zeigen IW-Berechnungen auf Basis des sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Allein im kommenden Jahr sind es 200.000 Paare unter 50 Jahren, die Hälfte von ihnen hat noch kein Kind. Im Jahr 2025, wenn die Grenze auf ihr endgültiges Niveau sinkt, verlieren weitere 110.000 Paare ihren Anspruch – Inflation und Einkommenswachstum miteingerechnet. Unter dem Strich sind 310.000 Paare betroffen, die vom Elterngeld potenziell ausgeschlossen wären. Eine leichte Verbesserung, denn bei dem ursprünglichen Vorschlag der Familienministerin wären es 435.000 Paare gewesen.
Das Problem: Die Grenzen sind nominal festgeschrieben. In den kommenden Jahren dürften die Gehälter aufgrund der hohen Inflation deutlich steigen – dann fallen zehntausende weitere Paare aus der Elterngeldförderung. Auch der Elterngeldhöchstsatz von 1.800 Euro verliert immer mehr an Wert.
„Kurzfristig dürfte die Politik wegen des Stufenmodells ihr Einsparungsziel nicht erreichen können“, sagt IW-Ökonom Wido Geis-Thöne. Langfristig könnte sie den Grundgedanken des Elterngelds aus den Augen verlieren: einen Schonraum für Eltern im ersten Lebensjahr ihres Kindes – unabhängig vom Einkommen. „175.000 Euro sind in Zukunft auch für ein Akademikerpaar ohne Spitzenpositionen schnell erreicht. Familienpolitisch ist das ein fatales Signal an die Mittelschicht“.
(c) Institut der Deutschen Wirtschaft, 21.11.2023