
Die Zoll- und Handelspolitik der USA dämpft die deutsche Wirtschaft, die geplanten hohen Defizitspielräume über ein Sondervermögen und kreditfinanzierte Verteidigungsausgaben würden ihr im nächsten Jahr allerdings einen deutlichen Schub verleihen. Das geht aus der aktuellen Frühjahrsprognose des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hervor. Demnach zeigt der Ausblick für 2025 unverändert eine Stagnation (0,0 Prozent). Für das kommende Jahr revidiert das IfW Kiel seine Erwartungen gegenüber der Winterprognose merklich um 0,6 Prozentpunkte nach oben und rechnet jetzt mit einem Plus von 1,5 Prozent. Kehrseite ist ein steigender Schuldenstand auf über 65 Prozent des BIP, auch für den Preisauftrieb gibt es noch keine Entwarnung.

„Die Wellblechkonjunktur dürfte nun hinter uns liegen, insgesamt bleibt die Entwicklung im laufenden Jahr aber blutleer“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef des IfW Kiel. „Die bestehende Unterauslastung lässt mit dem geplanten fiskalischen Schub im nächsten Jahr eine merkliche Expansion zu. Damit das kein Strohfeuer bleibt, braucht es standortstärkende Reformen, die die Verteilungsspielräume erweitern.“
Die deutsche Wirtschaft leidet laut Prognose massiv unter strukturellen Problemen, die einer höheren Produktivität im Weg stehen. Die Industrie hat zuletzt Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteile verloren. Zusätzlich belastet die protektionistische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump.
„Die geplanten Verteidigungsausgaben können Deutschland strukturell einen Schub geben, wenn sie richtig ausgegeben werden“, sagt Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel. „Das Geld muss in deutsche bzw. europäische Unternehmen und technologische Verteidigungslösungen fließen, dann kann auch die zivile Industrie von den Innovationen profitieren.“
US-Handelspolitik hemmt wirtschaftliche Entwicklung
Deutsche Exporte dürften 2025 mit minus 2,3 Prozent abermals schrumpfen, sich im nächsten Jahr dank einer robusteren Auslandskonjunktur und der sich etwas bessernden preislichen Wettbewerbsfähigkeit aber etwas erholen (+1,8 Prozent).
Auch der private Konsum schwächelt und dürfte nur moderate Zuwächse von 0,3 Prozent (2025) und – dank wieder etwas stärker steigenden real verfügbaren Einkommen – 0,7 Prozent (2026) verzeichnen.
Das IfW Kiel rechnet in seiner Frühjahrsprognose damit, dass der alte Bundestag für einen Zeitraum von zehn Jahren ein Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro für kreditfinanzierte Infrastrukturausgaben sowie Ausnahmen von der Schuldenbremse für die Verteidigungsausgaben verabschiedet.
Expansivere Finanzpolitik sorgt für konjunkturelle Belebung ab 2026
Durch die zusätzlichen Ausgaben werden auch neue Investitionen ausgelöst. Ausrüstungsinvestitionen dürften 2026 um fast 5 Prozent, Bauinvestitionen um fast 4 Prozent zulegen.
Damit einhergehend wird auch die Erwerbstätigkeit 2026 von gut 46 Millionen (2025) auf 46,15 Millionen wieder zulegen und die Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent (2025) auf 5,9 Prozent (2026) zurückgehen.
Zugleich führt die expansive Finanzpolitik zu steigenden Preisen: Zwar drücken sinkende Energiepreise die Inflationsrate im Prognosezeitraum auf die 2-Prozent-Marke, die Kernrate (ohne Energie) bleibt aber mit 2,5 Prozent (2025) und 2,3 Prozent (2026) darüber.
Gleichzeitig steigen die Staatsschulden: Das Budgetdefizit wird im Jahr 2026 voraussichtlich deutlich auf 3,4 Prozent in Relation zum BIP zunehmen, nachdem es im laufenden Jahr wohl auf 2,4 Prozent zurückgehen wird (2024: 2,8 Prozent).
Der Schuldenstand dürfte von 63,3 Prozent in Relation zum BIP im Jahr 2024 auf 65,4 Prozent im Jahr 2026 zunehmen.
Weltwirtschaft: moderate Expansion
Laut Prognose des IfW Kiel für die Weltwirtschaft legt diese im laufenden und kommenden Jahr um rund 3 Prozent zu. Während die Dynamik in den Vereinigten Staaten spürbar an Fahrt verliert und die Konjunktur in China nicht in Schwung kommt, dürfte sich die Wirtschaft in Europa leicht beleben.
IfW Kiel, 13.03.2025