DIW-Studie zeigt, dass 9-Euro-Ticket im Sommer 2022 den Umstieg in öffentliche Verkehrsmittel im Alltag nicht befördert hat – Anteil der Autofahrten am Gesamtverkehr blieb zwischen Juni und August 2022 konstant, während längere Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zunahmen – Subventioniertes Ticket wurde vor allem für Ausflüge genutzt – Insbesondere junge Leute und Menschen mit geringem Einkommen haben 9-Euro-Ticket gekauft – Um Rolle öffentlicher Verkehrsmittel dauerhaft zu stärken, muss ÖPNV ausgebaut und verbessert werden

Das von Juni bis August 2022 bundesweit eingeführte 9-Euro-Ticket hat kaum Autofahrten ersetzt, sondern vielmehr Wege mit dem Fahrrad oder den Gang zu Fuß. Zudem wurde das subventionierte Ticket mehr für Ausflugsfahrten genutzt als für den Weg zur Arbeit. Günstige Mobilitätsangebote wie das 9-Euro-Ticket führen in der Alltagsmobilität nicht dazu, dass mehr Wege mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) statt mit dem Auto zurückgelegt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die erstmalig Bewegungsdaten und die Antworten aus repräsentativen Umfragen während der drei Gültigkeitsmonate des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022 zusammengeführt wurden. „Der Preis ist nur eine Komponente für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr, entscheidender für den Umstieg vom Auto in Busse und Bahnen ist ein zuverlässiges und gut ausgebautes Angebot“, sagt Verkehrsökonom Dennis Gaus, der mit den DIW-Ökonom*innen Heike Link und Neil Murray die Studie erstellt hat. „Gerade auf dem Land müsste der öffentliche Nahverkehr so ausgebaut werden, dass die Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel überhaupt als Alternative wahrnehmen“, sagt Gaus. „Wenn der ÖPNV jedoch keine Alternative darstellt, ist auch der Fahrpreis nicht relevant.“

Die Studienautor*innen haben die Wirkung des staatlich subventionierten 9-Euro-Tickets auf das Mobilitätsverhalten in Deutschland zwischen Juni und August 2022 untersucht und als Vergleichsmonate den Mai und September herangezogen. Dafür nutzten sie auch die Ergebnisse aus den repräsentativen Befragungen der beiden Meinungsforschungsinstitute GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung und intervista. Demnach nutzten 57 Prozent der unter 30-Jährigen das 9-Euro-Ticket, womit junge Menschen die größte Nutzer*innengruppe waren. Außerdem kauften 60 Prozent der Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1 000 Euro im Monat das Ticket – im Schnitt über alle Einkommensgruppen kauften nur rund 40 Prozent die vergünstigte Karte für Fahrten in ganz Deutschland. Damit hat die Bundesregierung zumindest eins der Ziele des 9-Euro-Tickets erreicht, nämlich Menschen von den stark gestiegenen Energiepreisen zu entlasten.

Die außerdem von der Bundesregierung vorgebrachten Umweltziele, die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und der Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen wurden hingegen nicht erreicht. „Vor diesem Hintergrund bleibt fraglich, ob das zum 1. Mai 2023 startende Deutschland-Ticket wirklich zu einem nennenswerten Umstieg hin zum ÖPNV führen wird“, sagt Gaus. Zumal die im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket befragten Menschen angaben, dass sie im Schnitt lediglich 29 Euro für ein deutschlandweit nutzbares Ticket in Bussen und Bahnen ausgeben würde. „Das 49-Euro-Ticket verringert die Einnahmen der Verkehrsunternehmen, die dann weniger finanzielle Mittel für den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs haben“, sagt Gaus und rät zu untersuchen, wie das für das Deutschland-Ticket ausgegebene Geld im Rahmen anderer Maßnahmen effektiver zu verkehrspolitischen Zielen beitragen kann.

Quelle: DIW, Pressemitteilung vom 5. April 2023

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