Der Handel setzt immer stärker auf Multikanal-Vertrieb. Die Hälfte der deutschen Einzelhändler verkauft mittlerweile sowohl stationär als auch online. Das bedeutet innerhalb von 4 Jahren eine Steigerung von 35 Prozent. Aber das stationäre Ladengeschäft bleibt dabei weiterhin der wichtigste Vertriebskanal. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der neuen Studie „Der deutsche Einzelhandel 2024“ des Forschungsinstituts ibi research an der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und 53 Industrie- und Handelskammern.
Diese erfasst anhand einer deutschlandweiten Befragung von über 2.100 Unternehmen die gegenwärtige Situation des Einzelhandels. Dabei stehen die Themen IT-Sicherheit, Nachhaltigkeit, Bürokratie und Unternehmensnachfolge im Fokus. Zudem wirft die Studie einen Blick auf die Herausforderungen und Chancen der Branche.
Der Anteil der Händler, die ausschließlich stationär verkaufen, nimmt weiter ab (2020: 49 Prozent, 2024: 38 Prozent). Dennoch bleibt das stationäre Ladengeschäft der wichtigste Vertriebskanal im deutschen Einzelhandel: 85 Prozent der Unternehmen betreiben mindestens ein stationäres Geschäft. Auf Platz zwei folgt der eigene Online-Shop, den 43 Prozent der Händler nutzen. Soziale Medien gewinnen ebenfalls an Bedeutung – knapp ein Viertel (24 Prozent) setzt sie bereits als Verkaufskanal ein.
Soziale Medien – wichtiger Bestandteil der Kommunikation und des Marketings
Auch in den Bereichen Kommunikation und Marketing finden soziale Medien Anwendung: Über 65 Prozent der Händler nutzen die Meta-Anwendungen Facebook und Instagram, vorrangig für Zwecke der Bekanntheitssteigerung (89 Prozent), Kundeninformation (81 Prozent) und Neukundengewinnung (77 Prozent). „Die enge Verknüpfung von Handel und sozialen Medien stärkt die Handelsbranche. Social Commerce bietet die Möglichkeit, die eigene Zielgruppe gekonnt anzusprechen und einen fließenden Übergang von Kundenanwerbung zum tatsächlichen Kaufprozess zu ermöglichen“, so Nils Deichner, Senior Consultant und Studienverantwortlicher bei ibi research. Das Interesse der Händler am Thema ‚Soziale Medien‘ äußert sich auch in Bezug auf Weiterbildung: Hier werden im Vergleich mit anderen Digitalisierungsthemen die größten Weiterbildungsbedarfe in den Bereichen Vertrieb und Kundenkommunikation über soziale Medien genannt. Mittlere und große Unternehmen äußern außerdem Schulungsbedarf zu dem Kernthema IT-Sicherheit. Ein Thema, mit dessen Problemen sich 47 Prozent der kleinen Unternehmen bisher nicht konfrontiert sehen.
Kleine Händler für Digitalisierung häufig nicht gewappnet
Während mittlere und große Unternehmen nicht mehr ohne digitale Anwendungen auskommen, geben sechs Prozent der kleinen Unternehmen an, keine gängigen digitalen Tools im Unternehmen zu nutzen. Kleinere Unternehmen schätzen ihr Wissen zum Thema Digitalisierung geringer ein und fühlen sich auch im Vergleich zu der Befragung aus 2020 schlechter für die Herausforderungen der Digitalisierung gerüstet. In 63 Prozent der kleineren Unternehmen bleibt Digitalisierung ‚Chefsache‘ und die Aufgabe wird von Inhaberin oder Inhaber selbst übernommen.
Knapp ein Drittel der befragten Unternehmen arbeitet bereits mit KI-Anwendungen. Aber auch hier ist ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der Unternehmensgröße zu sehen. Während fast 60 Prozent der großen Unternehmen KI anwenden, sind es in den kleinen Unternehmen bisher nur 25 Prozent.
Bürokratie und Fachkräftemangel schränken Geschäftsmodelle ein
Über alle Unternehmensgrößen hinweg nehmen gut drei Viertel der Unternehmen einen (sehr) negativen Einfluss durch die zunehmende Regulierung auf ihr Geschäftsmodell wahr. Auch die damit einhergehende Bürokratisierung schränkt 62 Prozent der Händler (sehr) stark in ihrem unternehmerischen Handeln ein. Besonders den großen Unternehmen macht außerdem der Fachkräftemangel zu schaffen – knapp 80 Prozent sehen sich dadurch in ihrer aktuellen Geschäftslage beeinflusst. DIHK-Hauptgeschäftsführungsmitglied Volker Treier: „Die Studie bestätigt, was wir täglich aus den Unternehmen hören: Die Bürokratielasten erdrücken die Betriebe. Wir müssen beim Bürokratieabbau deutlich mehr Gas geben, damit sich die Unternehmen wieder stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Das vor kurzem beschlossene Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dem müssen schnell größere folgen.“
Politische Unterstützung für zukunftsfähigen Handel notwendig
Die Studienergebnisse zeigen, dass der deutsche Handel vor komplexen Herausforderungen steht, die gezielte politische Unterstützung, insbesondere beim Bürokratieabbau und systematische Investitionen im Bereich der Digitalisierung erfordern, um seine Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Zur fachlichen Unterstützung können die bestehenden Förderprogramme für den Mittelstand helfen. Auch die IHKs stehen bundesweit mit Beratung und Informationen als Ansprechpartner zur Verfügung.
DIHK, 13.12.2024