Nach dem drastischen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie-Beschränkungen ist die deutsche Fitnessbranche 2022 auf ihren Wachstumskurs zurückgekehrt. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Deloitte-Studie „Der deutsche Fitnessmarkt“. Der Umsatz stieg gegenüber 2021 um 122,7 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro und lag damit nur noch rund 11 Prozent unter dem bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2019. Die Kettenbetriebe konnten, im Gegensatz zu den Einzelbetrieben und Mikrostudios, mit 2,2 Milliarden Euro wieder das Niveau von 2019 erreichen.
Zentraler Wachstumstreiber ist der Wiederanstieg der Mitgliederzahlen von 9,3 auf 10,3 Millionen (+10,8%) im Gesamtmarkt. Damit waren zum Jahresende 12,4 Prozent der Deutschen in Fitnesseinrichtungen angemeldet. Ein weiterer Faktor für das Umsatzplus: 71,7 Prozent der Anlagen haben 2022 ihre Mitgliedsbeiträge erhöht. Diese stiegen deutlich um 6,5 Prozent auf durchschnittlich 44,86 Euro (brutto) pro Monat. Die Betreiber begründeten dies mit der Inflation und gestiegenen Energiekosten. Auch trugen die vermehrte Einführung von höherpreisigen Flex-Verträgen und Verträgen mit Zusatzleistungen im Budget-Segment zur Preiserhöhung bei.
COVID-19 beschleunigt Marktkonsolidierung
Der Fitnessmarkt konsolidiert sich weiter in Richtung Kettensegment. So konnten Kettenanbieter ihren Marktanteil gemessen am Umsatz erstmals auf deutlich über 40 Prozent steigern: von 40,9 im Jahr 2021 auf 44,9 Prozent. Sie lagen damit fast gleichauf mit den Einzelanbietern, deren Marktanteil von 50 auf 46,9 Prozent sank. Auch der Marktanteil von Mikroanbietern nahm 2022 ab – von 9,1 auf 8,2 Prozent. Dazu zählen Anbieter, deren Anlagenfläche weniger als 200 Quadratmeter beträgt. Die Zahl der Anlagen nahm in diesem Segment das dritte Jahr in Folge ab (-88 Anlagen).
„Generell haben Fitnessstudio-Ketten die Corona-Krise besser verkraftet als die kleinen Betriebe“, sagt Stefan Ludwig, Partner und Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte. „Während es im Einzelsegment vergleichsweise viele Geschäftsaufgaben und Insolvenzen gab, haben mehrere Kettenbetriebe ihre Expansion fortgesetzt. Letztere konnten die Folgen der Pandemie aufgrund der zum Teil besseren finanziellen Ausgangslage deutlich besser abfedern.“
Zusammensetzung der Top-10-Kettenbetriebe unverändert
Etwa 58 Prozent der in Fitnessstudios angemeldeten Mitglieder trainierten 2022 im Kettensegment. Besonders dominant sind die Top-10-Kettenbetriebe, die insgesamt 43 Prozent der Mitgliedschaften (4,5 Mio.) unter sich vereinen. Innerhalb dieser Gruppe gab es im vergangenen Jahr kaum Verschiebungen: Die drei mitgliederstärksten Unternehmen sind weiterhin die Budget-Anbieter RSG Group (unter anderem mit McFIT) (ca. 1,2 Mio.), FitX (ca. 842 Tsd.) und clever fit (ca. 798 Tsd.). Lediglich die LifeFit Group (unter anderem mit Fitness First und Elbgym) verbesserte mit den Übernahmen von In Shape und FitnessLOFT ihre Position. Das Unternehmen steigerte so die Zahl der Mitglieder um rund 100.000 und kletterte von Rang 7 auf Rang 5.
Im gesamten europäischen Fitnessmarkt fanden 2022 13 Übernahmen und Fusionen statt. Damit ist dieser Wert niedriger als in den Vorjahren, in welchen die Zahl der Transaktionen im Durchschnitt bei 16 bis 20 lag. „Hier zeigen sich die Auswirkungen der Inflation und der gestiegenen Zinsen“, erklärt Ludwig. „Im vergangenen Jahr konnten die Unternehmen ihre Transaktionen deutlich schwerer finanzieren. Jetzt sehen wir aber, dass sich die positive Mitgliederentwicklung auch in den ersten Monaten dieses Jahres fortgesetzt hat. Daher bemerken wir auch in unserem Beratungsgeschäft seit Jahresbeginn ein deutlich gestiegenes Investoreninteresse.“
Verbraucheransprüche fordern die Branche
Auch in den Antworten der Verbraucherinnen und Verbraucher, deren Sichtweise in die Studie miteinbezogen wurde, spiegelt sich eine Rückkehr zum Verhalten wie vor der Pandemie wider: So stieg der Anteil der Menschen, die mehrfach pro Woche Fitness treiben, im Vergleich zum Vorjahr von 33 auf jetzt 44 Prozent. Der Wunsch nach hybriden Trainingsformen – ein Trend aus Pandemiezeiten – bleibt allerdings weiterhin bestehen. 46 Prozent der Fitnesstreibenden kombinieren verschiedene Trainingsumgebungen, sei es zu Hause, im Studio oder draußen.
„Auch wenn sich der Fitnessmarkt 2022 fast auf das alte Niveau erholt hat, sollten sich Anbieter nicht zurücklehnen, denn die Kundenansprüche haben sich während der Pandemie verändert“, so Karsten Hollasch, Leiter Consumer Business bei Deloitte. „Neben dem Wunsch, flexibel in verschiedenen Umgebungen zu trainieren, zeigt sich eine fortwährend hohe Nachfrage nach digitalen Services. Dazu zählen zum Beispiel digitale On-Demand-Kurse, aktuelle Informationen über die Studio-Auslastung oder die Möglichkeit, Fitnessaktivitäten zu dokumentieren und auszuwerten. Fitnessanbieter sollten deshalb die Digitalisierung und Flexibilisierung ihres Angebots vorantreiben. So können sie bei den Kunden Pluspunkte sammeln und sich vom Wettbewerb abheben.“
Die Studie „Der deutsche Fitnessmarkt“ erstellt Deloitte regelmäßig seit 2004. Für die Erhebung der marktspezifischen Kernkennzahlen wurden Ende 2022 mithilfe eines digitalen Fragebogens und in Kooperation mit dem Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) und der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) deutschlandweit Fitnessbetriebe befragt. Hinzu kam noch eine Befragung der größten Kettenbetriebe durch Deloitte, welche die Basis für die detaillierten Kennzahlen einzelner Unternehmen darstellt. In die Studie fanden auch die Ergebnisse einer Konsumentenbefragung, die Deloitte im Auftrag des europäischen Fitnessverbandes EuropeActive im Januar 2023 durchführte, Einzug.
Quelle. Deloitte, Pressemitteilung vom 12. April 2023