Das Bundeskartellamt hat gegen die Pfanner Schutzbekleidung GmbH, Koblach (Österreich), eine Geldbuße in Höhe von 783.900 Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Die Pfanner Schutzbekleidung GmbH (nachfolgend: Pfanner) und ein (nicht bebußtes) Schwesterunternehmen vertreiben über Fachhändler in Deutschland hochwertige und hochpreisige Funktions- und Schutzkleidung. Dem Unternehmen wird vorgeworfen,mit ihm kooperierende Fachhändler beim Vertrieb von Hosen, Jacken, Shirts und Schutzschuhen sowie Helmen (Protos Integral) einschließlich Zubehör bei der Preisbildung eingeschränkt zu haben. Ausgelöst wurde das Verfahren durch den Kooperationsantrag eines Fachhändlers.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts: „Unverbindliche Preisempfehlungen sind erlaubt, aber Händler müssen ihre Preise unabhängig und frei von Vorgaben des Herstellers festsetzen können. Vertikale Preisbindungen wie die im vorliegenden Fall gehen in aller Regel zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher und führen häufig dazu, dass diese überhöhte Preise zahlen müssen. Das Bundeskartellamt verfolgt solche Praktiken, die schon seit Anfang der 1970er Jahre verboten sind, konsequent.“
Das Unternehmen Pfanner und die betreffenden, nicht verfolgten Fachhändler waren sich einig, dass die Wiederverkaufspreise vom jeweiligen Fachhändler so gesetzt werden sollten, dass sie möglichst der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) entsprechen und jedenfalls nicht merklich unter dieser liegen. Von monetären Rabatten hatten die Händler grundsätzlich abzusehen; stattdessen sollten bei Sonderaktionen beim Kauf eines hochpreisigen Pfanner/Protos-Produkts ein kleines günstiges Produkt (z.B. ein T-Shirt oder eine Schutzbrille) als Naturalrabatt dazu gegeben werden, um das Preisniveau von Pfanner/Protos-Artikeln möglichst zu halten. Neben den Ladenpreisen galt dies insbesondere für den Internet-Auftritt und die Online-Shops der jeweiligen Händler. Praktiziert wurde diese Vereinbarung zwischen Anfang 2016 und Ende November 2021.
Das Bundeskartellamt hat zur Aufklärung des Kartellverstoßes die mit der 10. GWB-Novelle Anfang 2021 neu eingeführten Ermittlungsbefugnisse des § 82b GWB (Auskunftsbeschluss im Ordnungswidrigkeitenverfahren) genutzt. Auskunftsbeschlüsse ermöglichen es dem Bundeskartellamt, Informationen und Beweismittel von Unternehmen (und unter bestimmten Voraussetzungen auch von Unternehmensangehörigen) – ohne Durchsuchung – mittels eines Beschlusses anzufordern. Die Adressaten sind verpflichtet, dem Bundeskartellamt wahrheitsgemäß alle Fragen nach Tatsachen (bis zur Grenze eines Geständnisses) zu beantworten und alle angeforderten Dokumente zu übermitteln. Die Zustellung des ersten Auskunftsbeschlusses erfolgte in diesem Fall mit Unterstützung der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde.
Bei der Bußgeldzumessung wurde bußgeldmindernd berücksichtigt, dass das Unternehmen Pfanner die beiden Auskunftsbeschlüsse des Bundeskartellamts in kooperativer Weise zügig, umfassend und verfahrensfördernd beantwortet und einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung (Settlement) zugestimmt hat. Der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig. Gegen die betreffenden Fachhändler wurden keine Verfahren eingeleitet.
(c) Bundeskartellamt, 13.03.2024