Die Beteiligung von Microsoft an OpenAI und die Kooperation der beiden Unternehmen unterfällt nicht der Fusionskontrolle in Deutschland. OpenAI ist das Unternehmen hinter dem KI-Programm ChatGPT.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir haben eine mögliche Anmeldepflicht des Engagements von Microsoft bei OpenAI intensiv geprüft. Im Ergebnis unterfallen die bisherigen Investitionen und die Kooperation der beiden Unternehmen allerdings nicht der Fusionskontrolle. Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie für die wettbewerbliche Weiterentwicklung der Digitalwirtschaft. Hier bestehen einerseits Chancen für Wettbewerbsimpulse aber andererseits auch die Gefahr, dass sich Machtpositionen der großen Internetkonzerne weiter verfestigen. Wir müssen die weitere Marktentwicklung und vor allem die Beteiligung der großen Player an jungen aufstrebenden Unternehmen in diesem Bereich sehr aufmerksam beobachten. Sollte Microsoft seinen Einfluss auf OpenAI künftig ausbauen, wäre erneut zu prüfen, ob eine fusionskontrollrechtliche Anmeldepflicht besteht.“
Microsoft hatte sich bereits frühzeitig einen Einfluss auf OpenAI gesichert, zunächst 2019 mit einem Investment von einer Milliarde US-Dollar. Die Investition war schon damals Teil einer breiter angelegten Partnerschaft, die Microsoft auch Zugang zu den von OpenAI entwickelten Technologien gewährt. Im Laufe der Zusammenarbeit vertieften beide ihre Partnerschaft weiter. Im Januar 2023 entschied sich Microsoft, sich in Form eines Multi-Milliarden-Dollar-Investments noch einmal erheblich in OpenAI einzubringen. Zugleich wurde auch die vertragliche Basis für die Zusammenarbeit im beiderseitigen Interesse weiterentwickelt.
Das Amt hat geprüft, ob das Engagement von Microsoft bei OpenAI der fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht unterliegt. Hierzu hat das Bundeskartellamt – kumulativ – zwei Fragen geprüft.
Erstens war die Frage zu klären, ob die Verbindung von Microsoft und OpenAI einen sog. Zusammenschlusstatbestand darstellt. Dazu reicht nach dem deutschen Wettbewerbsgesetz bereits ein wettbewerblich erheblicher Einfluss auf das andere Unternehmen aus; eine Kontrolle über das andere Unternehmen ist, anders als nach den europäischen Fusionskontrollregeln, nicht zwingend erforderlich. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass ein wettbewerblich erheblicher Einfluss Microsofts auf OpenAI bereits im Jahr 2019 bestand, spätestens aber im Rahmen der späteren Vertiefung der Partnerschaft im Jahr 2021. Diese Frage war also zu bejahen.
Zweitens hat das Amt geprüft, ob das Engagement nach der sog. Transaktionswertschwelle (§ 35 Abs. 1a GWB) wegen der Höhe des Investments in OpenAI eine Anmeldepflicht auslöst und ob OpenAI eine erhebliche Inlandstätigkeit in Deutschland ausgeübt hat. Diese Inlandstätigkeit bestand bei OpenAI allerdings erst ab 2023. Das Bundeskartellamt hat sich deshalb die jüngste Weiterentwicklung der vertraglichen und wirtschaftlichen Bedingungen der Zusammenarbeit zwischen Microsoft und OpenAI genau angesehen. Denn unter Umständen kann auch eine Verstärkung der bereits bestehenden Verbindung zwischen zwei Unternehmen eine Anmeldepflicht auslösen. Im vorliegenden Fall konnte im Ergebnis aber auch nicht von einer Vertiefung der bestehenden wettbewerblichen Verbindung ausgegangen werden. Die zweite Frage war mithin zu verneinen.
Letztlich hat die Prüfung unter allen denkbaren Gesichtspunkten somit ergeben, dass das Engagement von Microsoft fusionskontrollrechtlich in Deutschland nicht anmeldepflichtig war.
Sollte Microsoft seinen Einfluss auf OpenAI in der Zukunft ausbauen, wäre erneut zu prüfen, ob eine fusionskontrollrechtliche Anmeldepflicht besteht. Da die Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne derweil als nicht verbunden gelten, muss sich ihre Zusammenarbeit an den Maßgaben des Kartellrechts messen lassen.
Davon unabhängig prüft das Bundeskartellamt derzeit nach den Regeln der erweiterten Missbrauchsaufsicht in der Digitalwirtschaft (§19a GWB), ob Microsoft eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt (siehe dazu Pressemitteilung vom 28. März 2023). Eine solche Machtstellung hat das Amt bisher bereits bei Amazon, Apple, Alphabet/Google und Meta/Facebook festgestellt (in den Fällen von Amazon und Apple sind hiergegen Beschwerden vor Gericht anhängig). Das Amt kann auf dieser Basis mögliche wettbewerbswidrige Verhaltensweisen der Unternehmen effektiver aufgreifen und unterbinden.
Der Fallbericht ist auf der Webseite des Bundeskartellamtes abrufbar.
(c) Bundeskartellamt, 15.11.2023