In dem Verfahren zur kartellrechtlichen Einschätzung der sog. 50+1-Regel beabsichtigt das Bundeskartellamt, die von der Deutschen Fußball Liga (DFL) zugesagten Satzungsänderungen für bindend zu erklären und das Verfahren auf dieser Grundlage abzuschließen. Nach dem Zusagenangebot soll die 50+1-Grundregel beibehalten, aber die Möglichkeit hiervon Förderausnahmen zu gewähren aus der Satzung gestrichen werden. Außerdem sollen die drei Klubs TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg, die von der DFL eine Förderausnahme erhalten haben, unter erhöhten Voraussetzungen Bestandsschutz erhalten: Neben der fortdauerndenEinhaltung der bisherigen Fördervoraussetzungen sollen sie zu mehr Mitgliederpartizipation und zur Zahlung eines monetären Vorteilsausgleichs verpflichtet werden (Link zur Pressemitteilung vom 8. März 2023).
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Mit der zugesagten Streichung der Ausnahmemöglichkeit aus der Satzung entfällt unsere Sorge, dass die von der DFL geltend gemachten sportpolitischen Ziele durch ein Nebeneinander von Klubs mit und ohne Förderausnahme konterkariert werden. Zwar bleibt es dabei, dass die Regeln des Kartellrechts für den Profisport und speziell für Sportverbände gelten. Auch stellt die Begrenzung der Liga-Teilnahme auf vereinsgesprägte Klubs nach wie vor eine Wettbewerbsbeschränkung dar, die einer sportpolitischen Legitimierungbedarf. Die von der DFL angebotenen Verpflichtungszusagen erscheinen insgesamt aber geeignet, unsere vorläufigen kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen.“
Das Bundeskartellamt hat den Entscheidungsentwurf, der das Zusagenangebot der DFL für bindend erklären soll, heutean die Verfahrensbeteiligten versendet. Damit erhalten die DFL, der DFB und die übrigen am Verfahren beteiligten Klubs und Investoren vor Erlass der abschließenden Entscheidung rechtliches Gehör. Zuvor hatten sie auch Gelegenheit, zu dem Zusagenangebot der DFL Stellung zu nehmen.
Werden Zusagenangebote im Rahmen einer Entscheidung nach § 32b GWB für bindend erklärt, kann deren Einhaltung vom Bundeskartellamt notfalls vollstreckt werden, ohne dass es eines erneuten Verfahrens bedarf.
Die Bewertung der 50+1-Regel durch das Bundeskartellamt geht zurück auf eine entsprechende Initiative der DFL. ImJahr 2021 war das Bundeskartellamt zu der vorläufigen Einschätzung gelangt, dass die 50+1-Grundregel aufgrund der damit verfolgten sportpolitischen Ziele kartellrechtlich unbedenklich sein kann. Für problematisch hielt das Amt hingegen, dass die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der Regel in der derzeitigen Fassung nicht sichergestellt ist. Die Einschätzung betraf in erster Linie die in der DFL-Satzung vorgesehene Möglichkeit Förderausnahmen von der 50+1-Regel zu gewähren. Soweit sich der damalige Antrag darüber hinaus auch auf die Anwendung und Auslegung der 50+1-Regel in der Lizenzierungsgpraxis der DFL bezogen hatte, hat die DFL daran nicht mehr festgehalten. Das Bundeskartellamt sieht gegenwärtig auch keine Veranlassung dazu, eine solche Prüfung von Amts wegen einzuleiten. Vielmehr obliegt es der DFL, unter den in Kürze geänderten Satzungsbestimmungen selbst eine diskriminierungsfreie und konsistente Antrags- und Beurteilungspraxis zu gewährleisten.
(c) Bundeskartellamt, 13.07.2023