Der Weltstahlverband worldsteel rechnet in seinem aktuellen Konjunkturausblick (Short Range Outlook) für das kommende Jahr mit einer leichten Erholung der weltweiten Stahlnachfrage um etwa 1 Prozent. Der moderate Zuwachs ist allerdings vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass die Nachfrage zuvor drei Jahre in Folge stark gesunken war. Besonders die Wirtschaftskrise in China belastet die globalen Stahlmärkte erheblich. Dem Weltstahlverband zufolge wird der chinesische Markt auch 2025, und damit das fünfte Jahr in Folge, im Rückwärtsgang bleiben.

Für die Stahlnachfrage in Deutschland erwartet worldsteel einen Rückgang von 7 Prozent in diesem Jahr sowie einen Anstieg von knapp 6 Prozent im kommenden Jahr. Die Prognose vom April, die noch von einem leichten Plus für 2024 ausgegangen war, wurde somit deutlich nach unten korrigiert. Damit bleibt das Niveau trotz des vorausgesagten Anstiegs der Nachfrage im kommenden Jahr außerordentlich niedrig. „Die Stahlnachfrage in Deutschland entwickelt sich dieses Jahr deutlich schwächer als noch im April erwartet und auch für 2025 ist noch keine wirkliche Erholung in Sicht“, sagt Dr. Martin Theuringer, Vorsitzender des worldsteel-Wirtschaftsausschusses und Geschäftsführer bei der Wirtschaftsvereinigung Stahl(WV Stahl). „Der erwartete Rückgang des Marktvolumens um weitere sieben Prozent auf nur noch 26 Millionen Tonnen ist ein absoluter Tiefpunkt, der sogar noch fast 10 Prozent unter dem Niveau der globalen Finanzkrise liegt“, so Theuringer, der auch Chefökonom der WV Stahl ist.

„Die schwache Entwicklung der Stahlnachfrage hierzulande spiegelt die besorgniserregende Verfassung des Industriestandorts Deutschland und die ausgeprägte Schwäche bei Investitionen im Baubereich sowie dem Maschinen- und Anlagenbau wider“, erklärt Theuringer weiter. Nahezu alle stahlverarbeitenden Branchen befinden sich gegenwärtig im Rückwärtsgang, der auch 2025 noch nicht beendet sei. Mehr als eine technische Gegenbewegung auf die hohen Verluste aus den vergangenen Jahren sei daher für das nächste Jahr noch nicht zu erwarten. 

Wie es um den Standort stehe, zeige auch die Entwicklung der Stahlnachfrage im internationalen Vergleich: Seit 2017 hat der Stahlmarkt hierzulande etwa 35 Prozent an Menge verloren, mehr als doppelt so viel wie in der Europäischen Union insgesamt. Weltweit ist der Stahlmarkt zwischen 2017 und 2024 dagegen um 7 Prozent gewachsen, angetrieben von Indien (62 Prozent) und auch China (12 Prozent). Im Ranking der führenden Stahlmärkte ist Deutschland inzwischen vom sechsten auf den neunten Platz zurückgefallen. „Deutschland war lange Zeit Lokomotive und Stabilitätsanker in der Europäischen Union, hat sich nun aber zum größten Bremsklotz gewandelt. Der neue Short Range Outlook des Weltstahlverbandes ist ein weiterer Beleg dafür, wie dringend es ist, wirtschaftspolitische Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um den rasanten Abwärtstrend zu stoppen“.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl ist die Stimme der Stahlindustrie in Deutschland, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2045 klimaneutral zu produzieren – und damit ein Drittel der gesamten industriellen Treibhausgasemissionen einzusparen. Der Verband mit Hauptsitz in Berlin macht sich für einen politischen Rahmen stark, der einen klimaneutralen und auch in Zukunft starken Stahlstandort möglich macht. Mit 35,4 Mio. Tonnen im Jahr 2023 weist Deutschland die größte Stahlproduktion Europas auf.

(c) WV Stahl, 15.10.2024

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