Der Bundesrat fordert die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage in der Strafprozessordnung (StPO) für den „Erlass eines (Sicherungs-)Unterbringungsbefehls bei einer Krisenintervention“. Dazu hat die Länderkammer einen Gesetzentwurf (20/4345) vorgelegt. In ihrer Stellungnahme beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag differenziert.
Wie der Bundesrat ausführt, geht es in dem Entwurf um den Umgang mit Personen, deren Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik oder eine Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt ist. Um einen Widerruf der Bewährung zu vermeiden, kann im Fall einer „akuten Verschlechterung des Zustands oder eines Suchtmittel-Rückfalls des Verurteilten“ als Krisenintervention nach Paragraf 67h des Strafgesetzbuches (StGB) eine nur vorübergehende und zunächst für die Dauer von drei Monaten beschränkte erneute Unterbringung des Verurteilten zur stationären Behandlung angeordneten werden. Drohen in der Situation zudem „erhebliche rechtswidrige Taten“ so kann das zuständige Gericht diese Krisenintervention für sofort vollziehbar erklären.
Nach Darstellung der Länderkammer fehlt aber die gesetzliche Grundlage, die eine zügige Vollstreckung dieser Anordnung und die Rückführung in die stationäre Behandlung erlaubt. Stattdessen sei grundsätzlich eine Ladung zum Strafantritt erforderlich. „Erst wenn sich der Verurteilte trotz dieser Ladung nicht zum Strafantritt gestellt hat oder der Verdacht auf eine Flucht besteht, ist die Vollstreckungsbehörde gemäß Paragraf 457 Absatz 2 StPO zum Erlass eines Vorführungs- oder Haftbefehls befugt, der sodann sofort vollzogen werden kann“, heißt es weiter.
Die Länderkammer schlägt daher vor, in der Strafprozessordnung die gesetzliche Grundlage „für den Erlass eines sofort vollziehbaren Sicherungsunterbringungsbefehls im Vorfeld oder mit der noch nicht rechtskräftigen Anordnung einer Krisenintervention gemäß Paragraf 67h StGB und deren sofortiger Vollziehbarkeit gemäß Paragraf 463 Absatz 6 Satz 3 StPO“ zu schaffen. Ebenso soll die Grundlage für „den Erlass eines sofort vollziehbaren Unterbringungsbefehls im Nachgang einer bereits rechtskräftigen und sofort vollziehbaren Anordnung der Krisenintervention gemäß Paragraf 67h StGB, § 463 Absatz 6 Satz 3 StPO“ geschaffen werden. Die Bundesrat will diese Regelung damit an die Regelung des Paragrafen 453c Absatz 1 StPO zum Erlass eines Sicherungshaftbefehls im Zusammenhang mit der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe„ anlehnen. “Diese Neuregelung ermöglicht, dass die sofort vollziehbare Krisenintervention besser als bislang auch Eilmaßnahmen bei hochakuten psychischen Störungen gefährlicher Verurteilter mit einer zügigen Rückführung in die stationäre Therapie im Maßregelvollzug für die Dauer der angeordneten Krisenintervention erfasst„, führt der Bundesrat aus. Damit werde “maßgeblich zu einer Verhinderung erheblicher Straftaten psychisch erkrankter Verurteilter beigetragen„.
Die Bundesregierung schreibt in ihrer Stellungnahme, dass sie die Zielsetzung des Entwurfes für “gut nachvollziehbar„ halte. Sie wolle prüfen, ob es einer Umsetzung bedarf, und gegebenenfalls einen eigenen Entwurf vorlegen.
Grundsätzliche Unterstützung drückt sie für den Vorschlag aus, in Fällen gerichtlich für sofort vollziehbar angeordneter Kriseninterventionen “einen Vollstreckungsunterbringungsbefehl ohne vorherige vergebliche Ladung oder Fluchtverdacht zu erlassen„.
Skeptisch zeigt sich die Bundesregierung hingegen gegenüber dem Vorschlag, einen Sicherungsunterbringungsbefehl bereits vor der Anordnung der Krisenintervention erlassen zu können. “Der Krisenintervention eine weitere vorläufige Maßnahme vorzuschalten, würde ihrer Struktur nicht gerecht„, führt die Bundesregierung zu Begründung aus.
Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 697 vom 29. November 2022