Das Kabinett der schwarz-grünen Landesregierung hat den Entwurf zum Doppelhaushalt 2023/24 beschlossen. Der Haushaltsentwurf sieht einen erheblichen personellen Zuwachs für die hessische Justiz vor.
Der Hessische Minister der Justiz, Prof. Dr. Roman Poseck, erklärte die Einzelheiten und die Ziele des Haushaltsentwurfs: „Es freut mich, dass der hessischen Justiz ein Schwerpunkt in dem Haushaltsentwurf für die kommenden zwei Jahre eingeräumt wurde. Damit setzt die hessische Landesregierung ein starkes Signal für einen leistungsfähigen Rechtsstaat. Mit fast 500 neuen Stellen wird die hessische Justiz wie noch nie in unserem Land gestärkt. Das Gesamtpaket umfasst alle Laufbahnen und bezieht alle Bereiche ein – von den Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern, über Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger bis hin zu den Richterinnen und Richtern. Dieser enorme Stellenzuwachs ist daher auch eine Wertschätzung für die Bediensteten in der hessischen Justiz, die trotz einer hohen Belastung qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Mithilfe des personellen Aufwuchses gelingt es, die hessische Justiz zukunftsfest zu machen. Die meisten Stellen, nämlich 387, sollen dabei bereits im nächsten Jahr geschaffen werden, damit die personelle Verstärkung möglichst schnell vor Ort ankommt.“
„Gerade in unsicheren Zeiten, wie wir sie aktuell erleben, gibt es ein starkes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach Sicherheit. Mit diesem Justizpaket leistet die hessische Landesregierung einen wesentlichen Beitrag für einen starken Rechtsstaat in einem sicheren Land.“
„Konkret sollen 477 zusätzliche Stellen in der hessischen Justiz geschaffen werden, die insbesondere dort zum Einsatz kommen sollen, wo die Belastungen im Moment sehr hoch sind.
100 Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte
Allein 100 Stellen entfallen auf den sogenannten R-Bereich, also auf Richterinnen und Richter sowie auf Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.
- 37 zusätzliche Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Das bedeutet einen Zuwachs von ungefähr 8 Prozent bei den hessischen Staatsanwaltschaften
Jede der neun Staatsanwaltschaften wird im Schnitt mehr als vier Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte zusätzlich erhalten. Proportional profitieren die Staatsanwaltschaften damit am stärksten vom Stellenzuwachs.
Hierfür gibt es zwei Gründe: Zum einen die auch im Quervergleich überdurchschnittliche hohe Belastung der Staatsanwaltschaften. Zum anderen der politische Schwerpunkt der Landesregierung im Bereich der Inneren Sicherheit.
- 59 Richterinnen und Richter für die ordentliche Gerichtsbarkeit: für Amts- und Landgerichte sowie für das Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Die Gerichte haben unter anderem sehr viele Massenverfahren – auch noch immer aus dem Dieselkomplex – und umfangreiche Strafverfahren zu bearbeiten. Hierfür benötigen sie eine bessere personelle Ausstattung. Es ist davon auszugehen, dass bei jedem Landgericht zumindest eine weitere Kammer mit drei Richterinnen und Richtern eingerichtet werden kann; bei den größeren Landgerichten werden es mehrere Kammern sein. Die Stellenmehrungen werden es dem Oberlandesgericht ermöglichen, zwei weitere Senate einzurichten.
- 3 R-Stellen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
- 1 R-Stelle für die Sozialgerichtsbarkeit
Die zusätzlichen Stellen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sind mit einer konkreten Zwecksetzung verbunden und sollen dem Verwaltungsgerichtshof zugewiesen werden, damit dieser einen weiteren Senat für große Infrastrukturvorhaben einrichten kann. Damit reagieren wir auf zusätzliche Anforderungen an die Rechtsprechung durch erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeiten des Verwaltungsgerichtshofes und das sehr hohe öffentliche Interesse an einer möglichst zügigen Bearbeitung dieser Verfahren.
100 Stellen für Serviceeinheiten
Eine gute Ausstattung der Serviceeinheiten ist unerlässlich, damit die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei ihrer Arbeit hinreichend unterstützt werden. Insoweit muss es ein gutes Zusammenspiel in den Gerichten und Staatsanwaltschaften geben. Deshalb entspricht die Zahl der neuen Stellen für Serviceeinheiten der Zahl der neuen Stellen im R-Bereich. Gerade die Serviceeinheiten haben aktuell eine hohe Belastung zu tragen; sie kämpfen immer noch mit dem Personalabbau früherer Jahre. Außerdem kommt ihnen eine Schlüsselfunktion bei der Einführung der elektronischen Akte zu.
36 Stellen für die IT Stelle und 30 Stellen für den gesamten IT-Bereich
Eine funktionsfähige Justiz benötigt auch eine gute technische Ausstattung. Die Einführung der elektronischen Akte in der Justiz ist ein vorrangiges Ziel der Landesregierung. Dabei sollen 25 Stellen für Vor-Ort-Betreuerinnen und Vor-Ort-Betreuer geschaffen werden; ein wichtiges Anliegen aus der Praxis. Sie sollen als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner bei allen IT-Problemen schnell und vor Ort erreichbar sein. Außerdem erhält die IT-Stelle der hessischen Justiz 30 zusätzliche Stellen. Sie hat eine zentrale Funktion bei der Einführung der elektronischen Akte. Hier soll das Tempo erhöht werden. Zusätzliches Personal wird dies unterstützen.
43 Stellen für den hessischen Justizvollzug
Auch der Justizvollzug wird angemessen gestärkt. Ein Schwerpunkt liegt dabei mit 24 Stellen auf dem allgemeinen Justizvollzugsdienst. Diese Bediensteten stehen in ihrer täglichen Arbeit mit den Gefangenen in engem Kontakt. Sie tragen in besonderer Weise dafür Sorge, dass unser Justizvollzug die Ziele der Resozialisierung und der Sicherheit gleichermaßen verfolgen kann.
98 Stellen für weitere Berufsgruppen
Auch der Bereich der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger trägt im Moment eine hohe Belastung und soll deshalb mit 55 Stellen weiter gestärkt werden. Für die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister sind 14 Stellen eingeplant. Neun zusätzliche Stellen sollen für Amtsanwältinnen und Amtsanwälte geschaffen werden. Es sind drei Stellen für zusätzliche Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie vier Stellen für zusätzliche Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer vorgesehen. Auch weitere Berufsgruppen erhalten einen zusätzlichen Stellenaufwuchs. Alle Berufsgruppen tragen erheblich zur Leistungsfähigkeit der Justiz bei.
70 Stellen für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare
Die zusätzlichen Stellen für Referendarinnen und Referendare dienen dazu, die nach dem Entwurf zur Änderung des Juristenausbildungsgesetzes beabsichtigten neuen Möglichkeiten des Teilzeitreferendariats umzusetzen.“
„Ich freue mich über die zusätzlichen Stellen, die wir auch mit qualifizierten Juristinnen und Juristen besetzen müssen. Darauf werden wir alle Anstrengungen legen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir auch die Attraktivität der hessischen Justiz als Arbeitgeber steigern. Gerade im Rhein-Main-Gebiet stehen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe in einem Konkurrenzverhältnis zu den Großkanzleien. Ich setze auf ein Maßnahmenbündel bei der Besetzung der Stellen. Dazu gehören unter anderem:
- Verbesserte Besoldung
Durch die Besoldungserhöhungen und -anpassungen sowie die Streichung von zwei Erfahrungsstufen werden sich die Gehälter der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte deutlich erhöhen. Staatsanwälte deutlich erhöhen. Ich wirke im Übrigen darauf hin, dass die finanziellen Vorteile aus der Streichung der Erfahrungsstufen nicht nur Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern, sondern auch vielen weiteren erfahrenen Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zugutekommen. Wir werden damit im Bundesvergleich auf einen der vorderen Plätze vorrücken.
- Veränderte Einstellungsvoraussetzungen
Der Richterwahlausschuss hat auf meinen Vorschlag hin beschlossen, dass zukünftig 15 Punkte in beiden Examen statt wie bisher 16 Punkte für eine Einstellung in die hessische Justiz reichen können. Damit kann auf ein deutlich größeres Bewerberfeld zurückgegriffen werden.
- Vermehrte Nachwuchsbindung
Mit der „AssessorBrücke“ sollen Nachwuchskräfte die Zeit nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen bis zur Einstellung in den Richterdienst mit einem befristeten Arbeitsvertrag beim Land Hessen überbrücken können. Außerdem wird die Sitzungsfrequenz des Richterwahlausschusses im nächsten Jahr erhöht, um mehr Einstellungen zu ermöglichen.
Mit diesem umfangreichen Stellen- und Maßnahmenpaket, auch zur Steigerung der Attraktivität der hessischen Justiz als Arbeitgeber, sind wir sehr gut aufgestellt. Der Pakt für den Rechtsstaat ist in Hessen Realität. Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns so gelingen wird, die zukünftigen Herausforderungen zu meistern und weiterhin einen leistungsfähigen Rechtsstaat zu gewährleisten“, so Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck abschließend.
Quelle: Hessisches Ministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 29. September 2022