Im Rahmen ihrer 4. Sitzung am 05.12.2022 befasste sich die 7. Satzungsversammlung, das sog. Parlament der Anwaltschaft, erneut mit der Problematik der bankseitig massenhaft gekündigten Anderkonten. Vorausgegangen war eine Änderung der Risikoeinstufung in den in den Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA) der BaFin. Um den sich hierdurch ergebenden erhöhten Prüfaufwand bzgl. der seitens der Anwaltschaft unterhaltenen Konten zu vermeiden, waren Banken Anfang des Jahres dazu übergegangen, Sammelanderkonten zu kündigen.
Nachdem die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bereits Anfang des Jahres in Gespräche mit Ministerien und Verbänden eingetreten war, stellte die Satzungsversammlung im April 2022 durch eine erste Änderung in § 4 Abs. 1 BORA klar, dass Sammelanderkonten nicht generell „auf Vorrat“ unterhalten werden müssen.
Darüber hinaus bedurfte es nach Ansicht der Satzungsversammlung allerdings weitergehender Änderungen in § 4 BORA (Antrag Ausschuss 2: Änderung des § 4 BORA), um nicht nur Rechtssicherheit für Kolleginnen und Kollegen zu schaffen, sondern faktisch einen Beitrag zum Erhalt der Anderkonten zu leisten. Durch inhaltliche Präzisierungen und Ergänzung berufsrechtlicher Pflichten soll mit dem heute gefassten Beschluss der Versuch unternommen werden, die Sorgfaltspflichtprüfung der Banken bei der Risikoeinstufung zu erleichtern.
So müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte künftig sicherstellen, dass keine Transaktionen über Sammelanderkonten abgewickelt werden, bei denen Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. Bestimmte – einzelne – Geldflüsse dürfen nach der Änderung künftig generell nicht mehr über Sammelanderkonten laufen, beispielsweise solche aus Immobilientransaktionen und Unternehmenskäufen oder größere Bargeschäfte und Überweisungen von oder auf Konten in Hochrisikoländern.
Die Satzungsversammlung hat sich intensiv mit den zur Verfügung stehenden Reaktionsmöglichkeiten befasst. Die Mitglieder waren sich der Tatsache bewusst, dass eine Anpassung von § 4 BORA keine Herabstufung des Risikos zu erzwingen vermag. Gleichwohl wurde der Beschluss mit überwältigender Mehrheit gefasst, um denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die auf die Nutzung der Konten angewiesen sind, unterstützend zur Seite zu stehen.
BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels begrüßt den Vorstoß: „Natürlich haben wir keine Garantie dafür, dass der Beschluss die gewünschte Wirkung entfaltet. Die Satzungsversammlung konnte aber nur so einen Rettungsversuch für die Anderkonten unternehmen. Die heute beschlossene Änderung ist meines Erachtens alternativlos.“
Der Beschluss der Satzungsversammlung wird in Kürze auf der Homepage der BRAK veröffentlicht. Sofern er nach Prüfung durch das Bundesjustizministerium nicht beanstandet wird, tritt er im nächsten Jahr in Kraft. Das Datum des Inkrafttretens wird unter www.brak.de bekannt gegeben (§191e BRAO).
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Pressemitteilung vom 5. Dezember 2022