Ein Entwurf des Bundesinnenministeriums sieht eine Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts vor. Aus Sicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist eine Reform auch geboten. Daher ist es nicht nachvollziehbar, die Thematik mit anderen Themen zu verquicken, etwa sie erst nach Verabschiedung des Einwanderungsgesetzes angehen zu wollen.
„Das Staatsangehörigkeitsrecht wartet schon lange genug auf eine Erneuerung“, sagt Rechtsanwältin Gisela Seidler, Vorsitzende des Ausschusses Migrationsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dass das Innenministerium dieses Projekt nun angeht, begrüßt der DAV. „Es ist an der Zeit, die Voraussetzungen für eine Einbürgerung anzupassen“, erklärt die Anwältin weiter. Die gesetzlichen Anforderungen für die Einbürgerung blieben auch nach der vorgeschlagenen Gesetzesänderung hoch. Das Erlangen der deutschen Staatsangehörigkeit wäre daher weiterhin der Abschluss eines erfolgreichen Integrationsprozesses.
Auch ein Zusammenhang zu Abschiebungen, der in der Diskussion teils hergestellt wird, besteht laut Seidler nicht. „Die Einbürgerung von Menschen, die sich legal im Land aufhalten, betrifft eine völlig andere Personengruppe als die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis“, so die Rechtsanwältin.
DAV: Themen nicht unnötig verknüpfen – Koalitionsvertrag umsetzen
Für die Argumentation der FDP, eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts könne erst erfolgen, wenn das Einwanderungsrecht erneuert wurde, sieht Seidler hingegen keine Anhaltspunkte. „Eine ‚richtige Reihenfolge‘, die es einzuhalten gelte, gibt es in dieser Angelegenheit nicht.“
Die Debatte über den Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens hält die Ausschussvorsitzende für überflüssig: „Die Ampelkoalition hat sich im Bereich der Migrationspolitik viel vorgenommen. Der Fokus sollte darauf liegen, wie dies optimal umgesetzt werden kann.“ Dazu sei es hinderlich, über eine symbolische Reihenfolge in der Verabschiedung von Gesetzen zu streiten. Stattdessen solle sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Referentenentwurf konzentriert werden.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 1. Dezember 2022