Das Bundesjustizministerium hat am Montag ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) vorgelegt. Darin werden mehrere Positionen, die der Deutsche Anwaltverein (DAV) bereits seit Langem vertritt, aufgegriffen. Neben einer Reform der Haftentschädigungspauschale plant das Ministerium den Wegfall der Anrechnung von Kost und Logis sowie Maßnahmen zur Verfahrensvereinfachung und zur Rehabilitierung der Betroffenen. Der DAV begrüßt das Vorhaben, sieht aber Klarstellungsbedarf für den Gesetzentwurf.
Der DAV fordert bereits seit Langem eine Erhöhung der Haftentschädigung auf mindestens 100 Euro für jeden Tag erlittener Haft. 2020 hat der Gesetzgeber bereits einer Erhöhung der Pauschale von 25 auf 75 Euro pro Tag zugestimmt. Ausreichend ist das jedoch nicht: „Der Entzug der eigenen Freiheit wiegt schwer. Geschieht er zu Unrecht, muss diese Freiheitsbeschränkung zumindest symbolisch aufgewogen werden“, so Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, Vorsitzender des Ausschusses Strafrecht des DAV. In europäischen Nachbarländern wie der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Spanien werden bereits erheblich höhere Haftentschädigungen gezahlt. „Wir dürfen nicht vergessen: Es geht um Justizopfer, um Menschen, die unschuldig im Gefängnis saßen“, so Spatscheck weiter.
Im Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums ist eine gestaffelte Haftpauschale vorgesehen, die abhängig von Art und Dauer der Haft steigt. „Die Staffelung der Beträge berücksichtigt, dass die psychische Belastung mit der Dauer der Haft steigt. Auch die im Papier dargelegte Differenzierung zwischen Untersuchungs- und Strafhaft ist begrüßenswert. Allerdings dürfen zu Unrecht Inhaftierte bei der Neugestaltung der Haftpauschale nicht schlechter gestellt werden als bisher“, mahnt Spatscheck. Dies müsse im künftigen Gesetzgebungsverfahren klargestellt werden – denn in welcher Größenordnung sich die gestaffelten Entschädigungssummen bewegen sollen, wird im Eckpunktepapier nicht erläutert.
Kost und Logis – Ende eines unwürdigen Zustands
Der ebenfalls vom Bundesjustizministerium vorgesehene Wegfall der Aufrechnung von Versorgungskosten mit der Haftentschädigung wird vom DAV begrüßt. „Aktuell müssen unrechtmäßig Inhaftierte für die ihnen aufgezwungene Kost und Logis aufkommen. Diesem unwürdigen Zustand ein Ende zu bereiten, ist konsequent und richtig“, so Spatscheck.
Mit der Einrichtung staatlicher Unterstützungs- und Beratungsangebote greift das Eckpunktepapier eine weitere Forderung des DAV auf. „Dass zu Unrecht Inhaftierte weniger Unterstützung erhalten als rechtmäßig Inhaftierte nach Ende ihrer Haftstrafe, darf in einem humanen Rechtsstaat nicht sein“, kommentiert der Münchener Rechtsanwalt weiter. Auch die vorgesehenen Verfahrensvereinfachungen seien ein richtiger Schritt.
Insgesamt legt das Eckpunktepapier den Grundstein für eine grundlegende Reform des StrEG. Das Bundesjustizministerium hat die Chance, lange überfällige Modernisierungen vorzunehmen. Die Pläne dafür sind zu begrüßen. Sie müssen nun aber auch in einen Gesetzesentwurf umgemünzt werden, der den Ansprüchen der modernen Gesellschaft gerecht wird, so der DAV.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 22. September 2022