Nach langem Warten liegt nun ein Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums zur Legalisierung von Cannabis vor. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) bewertet dies grundsätzlich positiv, weist aber auf Herausforderungen in der praktischen Umsetzung hin. Konsequenterweise solle bereits vor der gesetzlichen Umsetzung die Strafverfolgung von Konsumenten ausgesetzt werden.
„Das Eckpunktepapier ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entkriminalisierung und Legalisierung des Cannabis-Konsums“, stellt Rechtsanwältin Gül Pinar, Mitglied des DAV-Ausschusses Strafrecht, fest. Die endgültige Umsetzung dieses Ziels sei jedoch noch nicht erreicht. Obwohl der politische Wille klar ist, werden Cannabis-Konsumenten weiterhin durch die Behörden verfolgt. Diese Delikte binden wertvolle Ressourcen von Behörden und Gerichten. „Die Strafverfolgung sollte umgehend ausgesetzt werden“, so die Rechtsanwältin weiter. Eine Möglichkeit dazu besteht für die Länder bereits durch § 31a BtMG, der das Absehen von Verfolgung beim Besitz geringer Mengen erlaubt.
Auch die Ausarbeitungen des Ministeriums benötigen laut DAV noch einen Feinschliff. „Die Praxistauglichkeit der Erwerbs- und Besitzgrenze von 20 bis 30 Gramm sowie der Anbaugrenze von drei Pflanzen ist zu bezweifeln“, meint Pinar. Pflanzen als Maßeinheit seien allein deshalb schon ungeeignet, weil erhebliche Unterschiede im jeweiligen Ertrag und Wachstum bestehen könnten.
Legalisierung macht Anpassung der Grenzwerte nötig
Nicht zu vernachlässigen sind die Auswirkungen der Legalisierung auf den Straßenverkehr. Die zulässige THC-Konzentration liegt bisher bei 1 ng/ml Blutserum. „Nach aktueller Rechtslage würde man mit einer Autofahrt selbst Tage nach einem Konsum seine Fahrerlaubnis riskieren“, erklärt Rechtsanwalt Swen Walentowski, Leiter Politische Kommunikation beim DAV. Die Fahrtüchtigkeit sei dann jedoch überhaupt nicht mehr beeinträchtigt. Im Vergleich mit dem Umgang mit Alkoholkonsum sei das unverhältnismäßig. Verhindert werden müssten berauschte Fahrten. Analog zum Blutalkohol empfehlen sich hier nach THC-Konzentration gestaffelte Rechtsfolgen. Auch ein Blick ins Ausland lohnt: „International werden oder wurden höhere Grenzwerte eingeführt, etwa bis zu 10ng/ml“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Anwaltvereins. Es müsse gewährleistet werden, dass man nach Abklingen des Rauschs auch wieder Autofahrten unternehmen kann. Zuständig sei die Grenzwertkommission.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 26. Oktober 2022