Am 31. August 2022 hat Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland gestoppt – ein gewaltiger Einschnitt für die deutsche Energieversorgung. Denn noch vor Beginn des Krieges in der Ukraine stammte mehr als die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Gases aus Russland. Noch im Mai 2022 betrug der russische Anteil des in Deutschland verbrauchten Erdgases 37 Prozent, bevor er ab Anfang September dauerhaft auf null Prozent sank. Diesen Ausfall zu ersetzen, war und ist eine riesige Herausforderung für die Energiewirtschaft. Heute, ein Jahr später, kann Deutschland einigermaßen optimistisch auf die Gasversorgungslage im kommenden Winter blicken.
„Dank dem guten Zusammenspiel zwischen Energiewirtschaft und Politik, ist es gelungen, die Energieversorgung im vergangenen Jahr auch ohne russische Gas-Lieferungen jederzeit sicherzustellen. Auch der europäische Energiebinnenmarkt hat hierzu einen entscheidenden Beitrag geleistet“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Es wurden in Deutschland in Windeseile Verträge mit neuen Lieferländern abgeschlossen, Vereinbarungen mit anderen Lieferländern erweitert, die Gasspeicher befüllt und in Rekordzeit LNG-Terminals und die notwendigen Anbindungsleitungen errichtet. Kurzum: Innerhalb weniger Monate wurde die Gasversorgung in Deutschland erfolgreich auf ein neues Fundament gestellt.“
Über die neuen deutschen LNG-Terminals sind seit der ersten Inbetriebnahme des ersten Terminals Ende Dezember 2022 bereits 45 Milliarden Kilowattstunden Gas angelandet – und die Kapazitäten seien noch weitaus höher. „Auch wenn wir die Kapazitäten der LNG-Terminals heute aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht vollständig ausschöpfen müssen, sind die Terminals ein wichtiger Baustein für eine unabhängige und sichere Energieversorgung in Deutschland. Sie sind auch ein Beitrag zur europäischen Solidarität, da über diese Terminals LNG-Mengen auch Richtung Südosteuropa fließen können.“ Nach den schwimmenden LNG-Terminals müsse nun auch den Bau stationärer LNG-Terminals angegangen werden, über die künftig auch Wasserstoff importiert werden kann.
„Auch Haushalte und Industrie haben mit ihren Energieeinsparungen entscheidend dazu beigetragen, dass wir den vergangenen Winter gut überstanden haben“, erklärt Andreae. In der Heizsaison von Oktober bis März wurden insgesamt rund 16 Prozent weniger Gas verbraucht als im Vorjahreszeitraum. Grundsätzlich sei es immer wichtig, sparsam mit Energie umzugehen. In diesem Winter sollten Verbraucherinnen und Verbraucher aber nochmal besonders stark auf Ihren Energieverbrauch achten: „Die Gasspeicher sind heute bereits zu mehr als 93 Prozent gefüllt. Das gibt uns Sicherheit, ist aber keine Garantie, dass wir auch diesen Winter gut überstehen. Wir sind wir sind noch nicht über den Berg.“ Es sei daher auch in diesem Winter wichtig, Strom und Gas zu sparen. Hier könne und müsse jeder mithelfen.
„Um die Energieversorgung langfristig und nachhaltig zu sichern, müssen wir nun schnell unabhängig von fossilen Energieträgern werden“, sagt Andreae. „In Zukunft müssen Erneuerbare Energien im Zentrum stehen. Sie werden gemeinsam mit erneuerbaren und dekarbonsierten Gasen unsere Energieversorgung sichern und sind die Basis für klimafreundliche Mobilität, nachhaltige Wärme und eine grüne Industrie. Hierfür müssen wir jetzt die Grundlagen schaffen – durch einen schnellen Netzaus- und -umbau, Stromspeicher, aber vor allem einen konsequenten Ausbau von Wind- und Solarenergie. Aktuell sind wir hier viel zu langsam unterwegs.“