Die AfD kann in der Politbarometer-Projektion zum dritten Mal in Folge zulegen und erreicht einen neuen Höchstwert. Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme die SPD nur noch auf 18 Prozent (minus 1), die CDU/CSU bliebe bei 28 Prozent und die AfD könnte mit 19 Prozent (plus 1) rechnen. Die Grünen würden 16 Prozent erreichen, die FDP 6 Prozent und die Linke 5 Prozent, alle unverändert. Die anderen Parteien lägen zusammen bei 8 Prozent (unverändert), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde. Bei einem solchen Ergebnis hätte weder die Ampel-Koalition eine parlamentarische Mehrheit noch eine Koalition aus CDU/CSU und SPD. Reichen würde es für ein Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP.

Mehrheit sieht in AfD Gefahr für Demokratie
Genau wie in den letzten Jahren meinen auch jetzt rund zwei Drittel der Befragten (65 Prozent), dass die AfD eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland darstellt, darunter 68 Prozent im Westen und 53 Prozent im Osten. Keine Gefahr für die Demokratie durch die AfD sehen insgesamt 32 Prozent (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). Zudem gehen 78 Prozent davon aus, dass rechtsextreme Ansichten in der AfD weit verbreitet sind. 19 Prozent verneinen das. Das gilt auch für Mehrheiten in allen Parteianhängergruppen, außer bei der AfD. In deren Anhängerschaft meinen nur 18 Prozent, dass rechtsextremes Gedankengut in der Partei weit verbreitet ist, für 81 Prozent ist das nicht der Fall.

Zufriedenheit mit Regierung sinkt auf Tiefstwert
Nach 41 Prozent vor zwei Wochen sind jetzt nur noch 39 Prozent mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden, 56 Prozent (Juni I: 54 Prozent) äußern Kritik. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz erhält nur von knapp der Hälfte (49 Prozent; Juni I: 50 Prozent) ein gutes Zeugnis, 45 Prozent (Juni I: 45 Prozent) meinen, er macht seine Arbeit eher schlecht.

Top Ten: Acht von Zehn mit negativer Bewertung
Bei der Beurteilung von Politikern und Politikerinnen nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter mit sehr großem Abstand an der Spitze. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,8 (Juni I: 1,9) eingestuft. Olaf Scholz kommt mit 0,2 (Juni I: 0,2) auf Platz zwei und bereits mit Rang drei beginnt der Negativbereich: Auf Annalena Baerbock, die mit minus 0,1 (Juni I: 0,0) eingestuft wird, folgen Karl Lauterbach mit minus 0,3 (Juni I: minus 0,1), Christian Lindner mit minus 0,3 (Juni I: minus 0,3), Markus Söder mit minus 0,5 (Juni I: minus 0,5), Robert Habeck mit minus 0,5 (Juni I: minus 0,4) und Friedrich Merz mit minus 0,6 (Juni I: minus 0,5). Am Ende der Liste stehen erneut Sahra Wagenknecht mit minus 1,3 (Juni I: minus 1,3) und sehr weit im Negativbereich Alice Weidel mit minus 2,6 (Juni I: minus 2,5).

Union und die Kanzlerkandidaten-Frage
Gut zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl beginnt die Debatte um den Spitzenkandidaten der CDU/CSU. Die größten Chancen hätte die CDU/CSU nach Meinung von 22 Prozent der Befragten mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst als Kanzlerkandidaten. Ebenfalls 22 Prozent setzen auf CSU-Chef Markus Söder, 16 Prozent auf den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und 11 Prozent auf Daniel Günther, den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein. 11 Prozent sagen „mit jemand anderem“, zum Großteil ohne einen konkreten Namen zu nennen. Auch bei den Unions-Anhängern gibt es keinen klaren Favoriten. Für 28 Prozent ist Hendrik Wüst der erfolgversprechendste Kandidat, für 25 Prozent Markus Söder, für 22 Prozent Friedrich Merz und für 10 Prozent Daniel Günther (andere: 8 Prozent).

Mehrheit kritisiert geplante Erhöhung des Mindestlohns
Auf Vorschlag der zuständigen Kommission soll der gesetzliche Mindestlohn ab 2024 von 12 Euro auf 12,41 Euro angehoben werden. 62 Prozent halten diese Erhöhung für zu gering, für 31 Prozent ist sie gerade richtig und für 5 Prozent zu hoch. Dieser Kritik schließen sich die Anhänger fast aller Parteien mehrheitlich an, lediglich die FDP-Anhänger sind gespalten (zu niedrig: 48 Prozent; gerade richtig: 47 Prozent).

Putin und der Putschversuch in Russland
Durch den Putschversuch der Wagner-Gruppe am vergangenen Wochenende in Russland sehen 44 Prozent den russischen Präsidenten Putin eher geschwächt, fast ebenso viele, 43 Prozent, erwarten keine Änderung und 8 Prozent meinen, er ist nach diesem Aufstand eher gestärkt. Dabei sprechen Mehrheiten in den Anhängerschaften von SPD, Union und Grünen von einer Schwächung Putins, während die meisten Befragten in den Reihen von AfD und Linke kaum mit Änderungen für die Position Putins rechnen. Die FDP-Anhänger sind unentschieden.

Weiterhin klare Zustimmung für Unterstützung der Ukraine
Auch derzeit stehen die meisten Befragten hinter der Unterstützung der Ukraine: 42 Prozent sprechen sich für eine unveränderte militärische Unterstützung der Ukraine durch den Westen aus und 30 Prozent fordern ein stärkeres Engagement. Für ein Zurückfahren der Hilfen sind 23 Prozent. Dagegen ist die Zustimmung, die Ukraine in den nächsten Jahren in die EU aufzunehmen, zurückgegangen. Befürworteten dies im März dieses Jahres noch 61 Prozent (dagegen: 32 Prozent), so sind es jetzt nur noch 51 Prozent (dagegen: 41 Prozent).

Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 27. bis zum 29. Juni 2023 bei 1.379 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD: 20 Prozent, CDU/CSU: 30 Prozent, Grüne: 21 Prozent, FDP: 6 Prozent, AfD: 15 Prozent, Linke: 5 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 14. Juli 2023.

(c) ZDF, 30.06.2023

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