Das Sächsische Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung den Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes und weiterer Vorschriften mit Bezug zur Justiz zur Anhörung freigegeben. Der Entwurf wurde durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) eingebracht. Ziel der vorgeschlagenen Änderungen im Sächsischen Nachbarrechtsgesetz ist die Förderung des Klimaschutzes durch Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich. Die beabsichtigte Regelung ermöglicht, dass die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung von Dämmmaßnahmen an benachbarten Gebäuden verpflichtet werden kann, auch wenn die Wärmedämmung in das Grundstück der Nachbarn hineinragt. Die verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energieeffizienz im Gebäudebereich bilden einen Baustein des im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziels der Förderung des Klimaschutzes.
Justizministerin Katja Meier: »Drastisch steigende Energiepreise und Wohnkosten führen uns die Notwendigkeit von klimagerechten Modernisierungsmaßnahmen von Wohngebäuden zur Steigerung ihrer Energieeffizienz vor Augen. Es ist deswegen sowohl aus sozialer, aber auch aus klimapolitischer Perspektive geboten, bei der langfristigen Senkung des Energieverbrauchs von Gebäuden deutliche Fortschritte zu machen. Genau diesen Aspekt greifen wir mit einer Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes – dem Schwerpunkt unseres Normsetzungsvorhabens – auf, das nun vor Einbringung in den Landtag zur Anhörung freigegeben wird. Kern des Entwurfs ist die Ermöglichung nachträglicher Wärmedämmungsmaßnahmen an Gebäuden, für die ein Überbau auf das Nachbargrundstück erforderlich ist oder bei dem für den Ausbau auf einem Nachbargrundstück ein Gerüst aufgebaut werden muss. Dadurch sollen insbesondere in eng bebauten Innenstadtlagen die Modernisierung des Gebäudebestandes erleichtert und somit die Ziele Energieeffizienz und Klimaschutz gefördert werden.«
Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die Einführung einer gesetzlichen Duldungspflicht beim Wärmeschutzüberbau im Sächsischen Nachbarrechtsgesetz. Wird an die Außenwand eines an der Grenze stehenden Gebäudes eine Wärmedämmung angebracht, haben die Eigentümerin oder der Eigentümer des belasteten Grundstücks den sich daraus ergebenden Überbau zu dulden, wenn er öffentlich-rechtlich, also insbesondere baurechtlich, zulässig ist. Dabei wird sichergestellt, dass der Eingriff in die Rechte der Eigentümerin oder des Eigentümers verhältnismäßig ist. Um den grundrechtlich geschützten Interessen ausreichend Rechnung zu tragen, sind deutliche Einschränkungen der Duldungspflicht vorgesehen. So entsteht die Duldungspflicht nur, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung mit vertretbarem Aufwand nicht auf andere Weise schonender erreicht werden kann und der Überbau die Nutzung des Nachbargrundstücks mehr als nur geringfügig beeinträchtigt. Ausgeschlossen sein soll die Duldungspflicht insbesondere dann, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer entweder bereits den Grenz- oder grenznahen Bau baurechtlich nicht hinzunehmen hat oder die Anbringung eines entsprechenden Wärmeschutzes bereits bei Errichtung des Gebäudes üblich war. Die berechtigten Belange der Eigentümerin oder des Eigentümers werden flankierend durch eine Entschädigungsregelung, einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch sowie eine Erhaltenspflicht der begünstigten Nachbarin oder des begünstigten Nachbarn geschützt.
Der vom sächsischen Kabinett zur Anhörung freigegebene Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine Anpassung des Sächsischen Richtergesetzes an die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Parlamentsvorbehalt im dienstlichen Beurteilungswesen vor. Gleichzeitig wird eine Ermächtigungsgrundlage aufgenommen werden, um die derzeit in der Verwaltungsvorschrift für die Beurteilung der Richter und Staatsanwälte enthaltenen weitergehenden Regelungen zur Beurteilung dieses Personenkreises zukünftig durch Rechtsverordnung regeln zu können. Die zweite Kabinettsbefassung und die Einbringung in den Landtag ist für Ende dieses Jahres geplant. Die Änderungen könnten dann schon am 1. Januar 2023 und damit zeitnah in Kraft treten. Hierfür bedarf es noch zu gegebener Zeit einer entsprechenden Beschlussfassung im Sächsischen Landtag.
Quelle: Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung, Pressemitteilung vom 23. August 2022