Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin stellte heute im Bundesrat einen Gesetzesentwurf der rheinland-pfälzischen Landesregierung zum besseren strafrechtlichen Opferschutz in Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener vor.

Hierzu erklärte Justizminister Herbert Mertin: „Wie der Fall der getöteten Polizeibeamtin und des getöteten Polizeibeamten im Landkreis Kusel am 31. Januar 2022 in aller Deutlichkeit gezeigt hat, ist es geboten, den strafrechtlichen Schutz von Angehörigen zu verbessern, wenn es um die Verfolgung der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener geht.“

Nach geltender Rechtslage müssen die nächsten Angehörigen der verstorbenen und verunglimpften Person, in der Regel Ehe- oder Lebenspartner bzw. Eltern oder Kinder, jede ehrverletzende Äußerung zur Kenntnis nehmen, um über die Stellung eines Strafantrags zu entscheiden. Erst dadurch wird bisher die strafrechtliche Verfolgung ermöglicht. Die Hinterbliebenen werden so in ohnehin schweren Stunden weiter belastet. Dies soll zum Schutz der Angehörigen geändert werden. Wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, soll ein Einschreiten der Strafverfolgungsbehörde von Amts wegen möglich werden. Außerdem soll der Dienstvorgesetzte einen Strafantrag stellen können, wenn es sich bei dem Verstorbenen um einen Amtsträger oder eine ihm gleichgestellte Person handelt und die Tat in Beziehung zu seiner Dienstausübung steht. Justizminister Mertin: „Wir dürfen die Trauer und den Schmerz der Angehörigen nicht vertiefen, indem wir von ihnen verlangen, sich immer wieder erneut mit den ehrverletzenden Äußerungen und der Tötung ihres Angehörigen auseinanderzusetzen.“

Der Entwurf sieht konkret vor, dass das Strafantragserfordernis in § 194 StGB für die Fälle der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB geändert werden soll:

Erstens soll das Antragsrecht der in § 77 Abs. 2 StGB bezeichneten Angehörigen um die Möglichkeit einer Verfolgung von Amts wegen ergänzt werden, sofern die Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Dies kann zum Beispiel bei einer großen Zahl von ehrverletzenden oder menschenverachtenden Äußerungen – insbesondere in sozialen Netzwerken – der Fall sein.

Zweitens soll in den Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, sofern es sich um einen Amtsträger oder ihm gleichgestellte Person handelt und die Tat in Beziehung zu seiner Dienstausübung steht, auch dem Dienstvorgesetzten, dem die verstorbene Person zuletzt unterstellt war, ein Strafantragsrecht zustehen. Derzeit ist dies nicht möglich, weil § 194 StGB und § 77a StGB ein aktives Dienstverhältnis voraussetzen.

Information

Am 31. Januar 2022 wurden eine Polizeianwärterin und ein Polizeioberkommissar auf einer Landstraße im Kreis Kusel getötet. Neben unzähligen Solidaritätsbekundungen mit den Opfern und ihren Angehörigen, Familien und Freunden wurden die beiden Tatverdächtigen in den sozialen Medien jedoch von einigen gefeiert und die beiden Opfer verhöhnt und beleidigt. Mit Stand 2. März 2022 konnten insgesamt 745 Hasskommentare in sozialen Netzwerken ermittelt werden; 528 davon mit strafrechtlicher Relevanz. Es ist gelungen, inzwischen 105 Verfasser zu identifizieren. Sie sollen für insgesamt 136 Hasskommentare verantwortlich sein. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz bearbeitet aktuell 63 Ermittlungsverfahren. Die Hasskommentare können insbesondere die Straftatbestände der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB) und des Billigens einer rechtswidrigen Tat – hier eines mutmaßlichen Mordes – durch Verbreiten eines Inhalts in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (§ 140 Nr. 2 StGB), erfüllen.

Im Gegensatz zu § 140 StGB kann eine Tat nach § 189 StGB nur auf Antrag der nächsten Angehörigen verfolgt werden (§ 194 Abs. 2 Satz 1 iVm § 77 Abs. 2 StGB).

Quelle: Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 14. März 2022

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