Im digitalen Zeitalter braucht der Zivilprozess Veränderungen: Reformvorschläge für den „Zivilprozess der Zukunft“ haben Expertinnen und Experten aus Justiz, Rechtsanwaltschaft und Wissenschaft unter Federführung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Celle im vergangenen Jahr diskutiert. Die Ergebnisse wurden nun in einem Tagungsband veröffentlicht.
Ein einfacher Zugang zum Recht für alle Bürger und Bürgerinnen, eine effiziente und qualitativ hochwertige Rechtsprechung und eine Justiz als wichtiger Standortfaktor für Unternehmen: Wie lässt sich das alles angesichts der schnellen digitalen Veränderungen garantieren? Ein Gesamtkonzept für den „Zivilprozess der Zukunft“ haben Expertinnen und Experten aus Justiz, Rechtsanwaltschaft und Wissenschaft im vergangenen Jahr intensiv diskutiert und entwickelt. Die detaillierten Ergebnisse der Initiative „Zivilprozess der Zukunft“ unter Federführung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Celle wurden nun in einem Tagungsband veröffentlicht.
„Die Rechtsprechung befindet sich in einem großen Veränderungsprozess. Für uns steht nach wie vor der Mensch im Mittelpunkt des Rechts. Um das auch im digitalen Zeitalter zu garantieren, brauchen wir einen modernen und zukunftsorientierten Zivilprozess“, sagt Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle. „Unser Ziel war es, Vorschläge für den Entwurf eines Gesamtbildes des Zivilprozesses der Zukunft zu entwickeln“, sagt Dr. Werner Richter, Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf. „Wir als Richterinnen und Richter wollen die Zukunft des Zivilprozesses mitgestalten und unsere Ergebnisse in den Reformprozess einbringen.“
Sinkende Eingangszahlen in Zivilverfahren, zunehmende Massenverfahren und europarechtliche Vorgaben – all das sind neben der Digitalisierung große Herausforderungen für Zivilverfahren. Ein Reformprozess ist also dringend notwendig – das betonten auch die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs und beschlossen die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Zivilprozess der Zukunft“ unter Federführung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Celle.
Auftakt in Düsseldorf: Erste Eckpunkte für einen modernen, digitalen und effizienten Zivilprozess
Erste Eckpunkte für einen modernen, digitalen und effizienten Zivilprozess entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in drei Workshops zu den Themenbereichen „Zugang zum Recht“, „Qualität und Effizienz der Rechtsprechung und „Wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten“.
Die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung im März 2024 in Düsseldorf wurden in einem Tagungsbandveröffentlicht.
Eine grundlegende Transformation: Die Münchener Thesen zum Zivilprozess der Zukunft
Die in Düsseldorf erarbeiteten Ergebnisse bildeten einen Schwerpunkt der 76. Jahrestagung der Präsidentinnen und Präsidenten Obergerichte im Mai 2024. Dabei waren sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs einig: Der deutsche Zivilprozess braucht Veränderungen und eine grundlegende Transformation, um zukunftsfähig zu werden.
Auf dieser Grundlage definierten die Präsidentinnen und Präsidenten die Münchener Thesen zum Zivilprozess der Zukunft.
Die Diskussion geht weiter: Expertinnen und Experten tauschen sich in Celle aus
In den folgenden Monaten entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppen die in Düsseldorf diskutierten Ergebnisse weiter. Die erarbeiteten Vorschläge diskutierten sie im November 2024 im Oberlandesgericht Celle mit etwa 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Justiz, Rechtsanwaltschaft und Wissenschaft. Wichtige Impulse und Denkanstöße gaben dabei namhafte internationale Expertinnen und Experten in Kurzvorträgen.
Das alles ist im gerade erschienenen Tagungsband nachzulesen.
Die Arbeitsgruppe „Zivilprozess der Zukunft“ hat damit erste Eckpunkte für das Gesamtkonzept einer Ziviljustiz im digitalen Zeitalter vorgelegt. „Wir formulieren damit auch ein Gesprächsangebot an die Politik, damit unsere Vorschläge Eingang in die Reformprozesse finden“, sagt Stefanie Otte. „Der Zivilprozess steht erst am Anfang einer grundlegenden Transformation“, sagt Dr. Werner Richter. „Wir wollen diesen Veränderungsprozess auch in Zukunft begleiten und den Zivilprozess der Zukunft gemeinsam gestalten.“
OLG Düsseldorf, 24.01.2025