Abgeordnete, die das Prestige ihres Mandates nutzen, um gegen Bezahlung für Dritte Einfluss auf etwa Bundesministerien auszuüben, sollen sich künftig strafbar machen. Das sieht der am Mittwochmorgen im Rechtsausschuss beschlossene Gesetzentwurf zur „Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung“ (20/10376) vor. Danach drohen sowohl dem Abgeordneten als auch dem Vorteilsgeber eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Für die von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte und vom Ausschuss geänderte Vorlage stimmten die einbringenden Fraktionen sowie die AfD bei Enthaltung der CDU/CSU und der Gruppe Die Linke. Die abschließende Aussprache im Bundestagsplenum ist für Donnerstagabend geplant.
Hintergrund der Änderung ist unter anderem die sogenannte Maskenaffäre im Bundestag aus der vergangenen Wahlperiode. Einem ehemaligen Abgeordneten der CSU war vorgeworfen worden, sich gegen Provisionszahlung bei einem Bundesministerium für ein Schutzausrüstungsunternehmen eingesetzt zu haben. Gegen den Abgeordneten wurde nach Bekanntwerden des Vorganges wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern (Paragraf 108e Strafgesetzbuch) ermittelt. Der Bundesgerichtshof stellte aber später fest, dass das in Rede stehende Verhalten nicht unter diesen Tatbestand fällt. Davon sind laut Bundesgerichtshof nur konkrete parlamentarische Handlungen wie Abstimmungen oder Reden im Plenum umfasst.
Mit dem nun beschlossenen Gesetzentwurf soll diese Strafbarkeitslücke im Strafgesetzbuch mit einem neuen Paragrafen 108f („Unzulässige Interessenwahrnehmung“) geschlossen werden. Die Regelung gilt demnach für Mitglieder einer Volksvertretung des Bundes oder Länder, des Europaparlamentes sowie Mitglieder der parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation. Letzteres meint etwa die Parlamentarische Versammlung des Europarates.
Strafbar macht sich ein Mandatsträger danach grundsätzlich, wenn er für sich oder einen Dritten einen „ungerechtfertigten Vermögensvorteil“ fordert oder annimmt beziehungsweise versprechen lässt, „dass er während seines Mandats zur Wahrnehmung von Interessen des Vorteilsgebers oder eines Dritten eine Handlung vornehme oder unterlasse“. Weitere Voraussetzung ist, dass die betroffene „entgeltliche Interessenwahrnehmung die für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgeblichen Vorschriften verletzen würde“. Für Bundestagsabgeordnete sind solche Vorschriften in Paragraf 44a Abgeordnetengesetz geregelt.
Der Ausschuss passte auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen unter anderem die Begründung des Gesetzentwurfes an. Hier soll nun klarer dargestellt werden, was mit „während des Mandates“ gemeint ist. Eine weitere, sachfremde Änderung bezieht sich auf das Lobbyregistergesetz. Laut Begründung des Änderungsantrages handelt es sich um ein „redaktionelle Korrektur“.
In der Aussprache zu dem Gesetzentwurf betonten Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen die Notwendigkeit, die aufgezeigte Strafbarkeitslücke zu schließen. Damit solle auch Vertrauen wiederhergestellt werden, das durch die Maskenaffäre verloren gegangen sei. Ein Vertreter der Unionsfraktion begründetet die Enthaltung seiner Fraktion mit der mangelnden Berücksichtigung von Anregungen aus der Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzentwurf. Eine Vertreterin der Gruppe Die Linke kritisierte, dass der Entwurf nicht weit genug gehe und beispielsweise keine Überarbeitung des Paragrafen zur Mandatsträgerbestechung vorsehe. Ein Vertreter der AfD-Fraktion führte aus, dass aus Sicht seiner Fraktion auch die kommunalen Mandatsträger unter die neue Vorschrift fallen sollten. Ein entsprechender Änderungsantrag der AfD-Fraktion fand im Ausschuss keine Mehrheit.
(c) HiB Nr. 263, 24.04.2024