Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat ein Cannabisgesetz auf den Weg gebracht, das am 23. Februar 2024 vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde. Es sieht in § 44 Konsumcannabisgesetz (KCanG) vor, dass eine vom BMDV eingesetzte Arbeitsgruppe bis zum 31. März 2024 den Wert einer Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff von Cannabis) im Blut vorschlägt, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist.
Laut der Gesetzesbegründung zu § 44 KCanG soll die Festschreibung des Grenzwertes anschließend durch den Gesetzgeber erfolgen.
Das Ergebnis der vom BMDV hierzu im Dezember 2023 eingerichteten unabhängigen, interdisziplinären Arbeitsgruppe mit Experten aus den Bereichen Medizin, Recht und Verkehr sowie dem Bereich der Polizei liegt vor.
Die wissenschaftlichen Experten geben danach folgende Empfehlungen ab:
- Im Rahmen des § 24a StVG wird ein gesetzlicher Wirkungsgrenzwert von 3,5 ng/ml THC Blutserum vorgeschlagen. Bei Erreichen dieses THC-Grenzwertes ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab der ein allgemeines Unfallrisiko beginnt.
- Um der besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol gerecht zu werden, wird empfohlen, für Cannabiskonsumenten ein absolutes Alkoholverbot am Steuer entsprechend der Regelung des § 24c StVG vorzusehen.
- Es seien Speicheltests mit hoher Empfindlichkeit als Vorscreening – zum Nachweis des aktuellen Konsums erforderlich. Es wird empfohlen, die Details zur Umsetzung dieses Ansatzes auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen im Ausland zu klären.
Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. THC im Blutserum ist bei regelmäßigem Konsum noch mehrere Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar. Daher soll mit dem Vorschlag eines Grenzwertes von 3,5 ng/ml THC erreicht werden, dass – anders als bei dem analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC – nur diejenigen sanktioniert werden, bei denen der Cannabiskonsum in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgte und eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs möglich ist.
Zur Einführung des von der Expertenarbeitsgruppe empfohlenen Grenzwertes ist laut der Gesetzesbegründung zu § 44 KCanG eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) (§ 24a) durch den Gesetzgeber erforderlich.
Die unabhängige, interdisziplinäre Arbeitsgruppe setzte sich aus folgenden Experten zusammen:
- Prof. Dr. med. Markus Backmund, Leiter des Praxiszentrums im Tal (pit), Lehrpraxis an der LMU München
- Dr. med. Maurice Cabanis, Ärztlicher Direktor der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten, Klinikum Stuttgart, Zentrum für Seelische Gesundheit
- Prof. Jan Ramaekers, Leitung des Instituts für Psychopharmakologie und Neuropsychologie, Universität Maastricht
- Dr. med. Franjo Grothenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM), Geschäftsführer der International Association for Cannabinoid Medicines e. V. (I-ACM)
- Prof. Lorenz Böllinger, Emeritierter Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bremen
- PD Dr. rer. nat. Stefanie Iwersen-Bergman, Leitung der Toxikologie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
- Thomas Seidel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrspolizeiliche Angelegenheiten (AG VPA) Hessisches Ministerium des Innern und für Sport
Teilgenommen an den Sitzungen haben auch Vertreter des BMDV, des BMG und der Bundesanstalt für Straßenwesen sowie der Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Stefan Tönnies (ohne Stimmrecht)
Das Ergebnis ist dem federführenden Bundesministerium für Gesundheit übermittelt worden, die Fraktionen wurden informiert.
(c) BMDV, 28.03.2024