Der Bundesrat hat diverse Änderungswünsche an dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetzes (20/6520). In der in der Sitzung am 12. Mai 2023 beschlossenen Stellungnahme (20/6878) fordert die Länderkammer unter anderem, den Zeitpunkt, bis zu dem Verbraucherinnen und Verbraucher einer von einem Verband angestrengten Abhilfeklage beitreten können, weiter nach hinten zu verschieben, als von der Bundesregierung vorgesehen. Aus Sicht des Bundesrates wäre sowohl dem Interesse einer effektiven Rechtsdurchsetzung als auch einer Schonung gerichtlicher Kapazitäten gedient, würde eine Verbandsklage so möglichst viele Ansprüche bündeln.
Die Abhilfeklage ist eine neue Klageart, mit der Verbände direkt Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbraucher einklagen können sollen. Die Einführung der Abhilfeklage ist europarechtlich geboten. Sie soll laut Gesetzentwurf zusammen mit der bereits bestehenden Musterfeststellungklage in einem neuen Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz geregelt werden.
Nach Vorstellung der Länderkammer soll der Entwurf zudem eine Regelung enthalten, nach der unter bestimmten Umständen Individualverfahren von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die sich nicht zu einer Verbandsklage angemeldet haben, ausgesetzt werden können. Die Regelung soll demnach greifen, „wenn in dem jeweiligen Verfahren eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die den Gegenstand einer Verbandsklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz bildet“.
Beide Vorschläge lehnt die Bundesregierung ab. Die im Vergleich zum Vorschlag der Länderkammer kürzere Frist zum Beitritt zu einer Verbandsklage begründet sie unter anderem damit, dass diese Regelung einen „sachgerechten Ausgleich zwischen Verbraucher- und Unternehmerinteressen“ darstelle. Durch die Einführung einer Aussetzungsmöglichkeit für Individualverfahren würde aus Sicht der Regierung zudem die Verfahrensführung „unangemessen beschränkt“.
Andere Vorschläge der Länderkammer will die Bundesregierung im weiteren Verfahren prüfen beziehungsweise stimmt ihnen zu. Letzteres gilt beispielsweise für eine von der Länderkammer vorgeschlagene Bestimmung zu Verfahren vor den Oberlandesgerichten.
©️ HiB Nr. 375