Das Bundesministerium der Justiz hat heute den Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen“ (IRG-Reform) veröffentlicht. Mit diesem soll der wachsenden Bedeutung der internationalen strafrechtlichen Zusammenarbeit im globalisierten Kontext Rechnung getragen und eine effektive grenzüberschreitende Strafverfolgung sichergestellt werden.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:

„Kriminalität macht nicht an Grenzen halt – die Befugnisse unserer Strafverfolgungsbehörden aber oftmals schon. Dieser Schieflage wollen wir mit einer Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit begegnen. Im Sinne der Rechtsstaatlichkeit stärken wir dabei auch die Verfahrensrechte der Betroffenen. So ist beispielsweise das Verbot, wegen derselben Tat mehrfach bestraft zu werden, ein wichtiger Grundsatz nationalen und internationalen Rechts. Durch einen neuen Rechtsbehelf sorgen wir dafür, dass diese Verfahrensgarantie auch im internationalen Fahndungsverkehr effektiv greift. Außerdem tragen wir europarechtlichen Vorgaben insbesondere mit Blick auf das Auslieferungsrecht und der Vollstreckung Europäischer Haftbefehle Rechnung. Damit geben wir der internationalen Rechtshilfe in Deutschland ein modernes Fundament, das Grundrechte schützt und für Verbesserung in der Praxis sorgt.“

Das Bundesministerium der Justiz kommt mit dieser Reform den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen der Intensivierung der grenzüberschreitenden polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit und der gleichzeitigen Sicherung hoher Datenschutzstandards nach. In die Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens waren sowohl die Praxis (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Anwaltschaft), als auch die Wissenschaft sowie andere Bundes- und Landesressorts von Beginn an einbezogen. In einem Arbeitsgruppenprozess, der sich über viele Monate erstreckte, wurden Defizite des bestehenden Rechts herauskristallisiert und Lösungen gesucht.

Der Referentenentwurf sieht eine inhaltliche Überarbeitung, Neustrukturierung und Modernisierung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) in seiner Gesamtheit vor. Ziel der Reform ist es, eine klare, systematisch konsistente, praxistaugliche und effiziente Rechtsgrundlage für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu schaffen. 

Dabei will das Bundesministerium der Justiz auch die subjektiven Rechte des Einzelnen stärker in den Blickpunkt nehmen, um dem modernen rechtshilferechtlichen Verständnis nach dem Grundsatz der Mehrdimensionalität Rechnung zu tragen. Zudem dient die Anpassung des IRG der Umsetzung neuer unionsrechtlicher Rechtsakte zur Zusammenarbeit in Strafsachen und zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts.

Im Einzelnen sind folgende Regelungen hervorzuheben:

  • Klare Strukturen zur Steigerung der Praxistauglichkeit

Für eine wirksame Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität bedarf es moderner, klarer und praxistauglicher Rechtsgrundlagen. Deshalb soll die Handhabbarkeit des IRG verbessert werden. Hierbei soll insbesondere den strukturellen Unterschieden zwischen der herkömmlichen Rechtshilfe gegenüber Drittstaaten und der Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union besser Rechnung getragen werden.

  • Stärkung spezieller Formen der Zusammenarbeit

Außerdem sieht der Entwurf sowohl für die polizeiliche Rechtshilfe als auch für die Übertragung von Strafverfahren erstmals ausdrückliche Regelungen vor. In der Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen sollen zukünftig alle Arten der Unterstützung möglich sein, die das IRG bisher für die vertragslose Zusammenarbeit mit Drittstaaten erlaubt. Dies umfasst beispielsweise die Möglichkeit, im Einzelfall Strafurteile von hybriden internationalisierten Strafgerichtshöfen im Inland zu vollstrecken.

  • Verbesserung des grenzüberschreitenden Rechtsschutzes und Gewährleistung eines hohen Datenschutzniveaus

Zur Stärkung des grenzüberschreitenden Rechtsschutzes werden wichtige Verfahrensrechte, grundlegende datenschutzrechtliche Vorgaben sowie allgemeine Zulässigkeitsgrenzen der Rechtshilfe im IRG hervorgehoben. Erstmals sollen auch Verfahrensregelungen zum Bewilligungsverfahren einschließlich gerichtlicher Überprüfungsmöglichkeiten eingeführt werden. In Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sieht der Entwurf außerdem einen neuen Rechtsbehelf vor. Dieser ermöglicht es Personen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren läuft, feststellen zu lassen, dass das Verbot der Doppelbestrafung greift. Für das sich ggf. an eine Festnahme anschließende Verfahren soll ein Recht auf mündliche Anhörung vor dem Oberlandesgericht eingeführt werden. Dadurch haben betroffene Personen erstmals Anspruch darauf, auch von dem Gericht persönlich angehört zu werden, welches über die Haft und über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheidet. Auch die Möglichkeiten zur Überprüfung der Zulässigkeitsentscheidung sollen verbessert und ein Antragsrecht zur Vorlage relevanter Rechtsfragen an den Bundesgerichtshof geschaffen werden.

  • Weiterer unionsrechtlicher Umsetzungs- und Anpassungsbedarf

Der Entwurf dient zudem der Durchführung der Verordnung (EU) 2023/2844 über die Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit und den Zugang zur Justiz sowie der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/977 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die durch den Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an die Unabhängigkeit der entscheidenden Justizbehörde zweifelsfrei eingehalten werden. Hierzu soll die Entscheidung sowohl über die Vollstreckung als auch über die Ausstellung Europäischer Haftbefehle nunmehr vollständig in die Zuständigkeit der Gerichte gelegt werden.

Der Gesetzentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 25. Oktober 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen der Verbände werden auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht.

Den Gesetzentwurf finden Sie hier.

(c) BMJ, 11.09.2024

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