Der Rechtsausschuss hat am Mittwoch den Entwurf der Bundesregierung für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) beschlossen. Für die Vorlage (20/11306) stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die CDU/CSU-Fraktion bei Gegenstimmen der Gruppe Die Linke und Enthaltung der AfD-Fraktion. Zuvor hatte der Ausschuss die Vorlage noch um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erheblich ergänzt. Der Bundestag will den Entwurf am Donnerstag, 26. September, abschließend beraten.

Mit dem BEG IV will die Bundesregierung insbesondere die Wirtschaft bei den Bürokratiekosten entlasten. Im Regierungsentwurf war die Entlastung der Wirtschaft ursprünglich auf 944 Millionen Euro geschätzt worden. Vorgesehen ist unter anderem, Formerfordernisse im Zivilrecht abzusenken, Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht zu verkürzen sowie für deutsche Staatsangehörige die Hotelmeldepflicht abzuschaffen. Ferner soll laut Entwurf eine zentrale Datenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung eingeführt werden.

Die mehrheitlich angenommenen Änderungen an dem Entwurf greifen laut Begründung des Antrags Anregungen von Verbänden und des Bundesrates auf. Der Entwurf sieht in der geänderten Fassung nunmehr 74 statt 62 Artikel vor.

Zu den wesentlichen Änderungen gehören demnach: 

Die Modernisierung der Bekanntgabe der Steuerbescheide und anderer Steuerverwaltungsakte: Künftig soll es den Steuerbehörden ermöglicht werden, Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitzustellen. Die bisher vorgesehene Einwilligung des Empfängers entfällt, stattdessen ist eine Widerspruchslösung geplant. Laut Änderungsantrag soll die Steuerverwaltung der Länder so um schätzungsweise 116 Millionen Euro entlastet werden, da auf den Versand von 116 Millionen Briefen sowie den Druck von 6,2 Milliarden Blatt Papier verzichtet werden könne.

Ferner sollen Unternehmen durch Änderungen im Aktienrecht entlastet werden. So soll es künftig ausreichen, Unterlagen zu vergütungsbezogenen Beschlüssen auf der Hauptversammlung auf der Internetseite zu veröffentlichen. Eine Bekanntmachung soll dann nicht mehr nötig sein.

Im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz sollen die Formerfordernisse erweitert werden. Damit solle es Unternehmen erlaubt werden, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren. „Gleichzeitig wahrt der Vorschlag das berechtigte Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ihre Arbeitsbedingungen im Streitfall einfach nachweisen zu können“, heißt es in der Begründung. Ausgenommen von der Neuregelung sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, die in Paragraf 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. „In diesen Bereichen ist die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich“, heißt es dazu. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.

Im Bereich der Leiharbeit sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll künftig verankert werden, dass für Überlassungsvereinbarungen zwischen Ver- und Entleihern die Textform ausreichend ist, diese also beispielsweise per E-Mail abgeschlossen werden können.

Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel Unternehmen, die Betriebsstätten vollständig in einen anderen behördlichen Zuständigkeitsbereich verlegen. Statt jeweils einer An- und Abmeldung bei der örtlichen Behörde soll künftig die Anmeldung im neuen Zuständigkeitsbereich ausreichen.

Zudem nahmen die Koalitionsfraktionen noch etliche Änderungen an Regelungen vor, die bereits im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Verzichtet wird beispielsweise auf die vorgesehene Regelung, bei Flugabfertigungen Reisepässe digital auszulesen. „Insbesondere die während des Gesetzgebungsverfahrens vorgebrachten datenschutzrechtlichen Bedenken bedürfen weiterer Prüfung“, heißt es dazu.

Mit Blick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde zudem die Regelung zu den modifizierten Aufbewahrungsfristen angepasst. Die verkürzte Aufbewahrungsfrist soll für Personen und Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, erst mit einer Verzögerung von einem Jahr gelten. „Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren durch die als bloße Entbürokratisierungsmaßnahme intendierte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren“, heißt es dazu.

Ebenfalls angenommen wurde ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Darin kündigen die Fraktionen weitere Anstrengungen zum Bürokratieabbau an und fordern die Bundesregierung auf, diverse weitere Vorhaben in Angriff zu nehmen beziehungsweise zu prüfen.

Ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion fand keine Mehrheit im Ausschuss. Darin hatte die Fraktion weitere Vorschläge zum Bürokratieabbau unterbreitet. Vertreter der Oppositionsfraktionen hatten in der Aussprache im Ausschuss zwar grundsätzliche Unterstützung für das Vorhaben geäußert, es jedoch als nicht weitgehend genug bezeichnet.

(c) HiB Nr. 623, 25.09.2024

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