Die Staatsregierung hat heute beschlossen, einen Gesetzentwurf des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern in den Bundesrat einzubringen.
Justizministerin Katja Meier: »Einschüchterungen und Bedrohungen gegen Amts- und Mandatsträger sägen an den Grundfesten unserer Demokratie. Die Täter nutzen bewusst die Graubereiche für ihre Einschüchterungen. Unser Gesetzentwurf setzt dem ein Ende: Wir bekämpfen politisches Stalking und schließen Strafbarkeitslücken. Damit kann die kommunale Demokratie zukünftig noch besser unter strafrechtlichen Schutz gestellt werden. Die vergangenen Tage haben nochmals sehr deutlich gemacht, dass die Politik hier in der Pflicht ist, Sicherheit für demokratisch Engagierte zu schaffen. Das Strafrecht ist als Ultima Ratio aber nicht das Allheilmittel für gesellschaftliche Probleme, die viel tiefer gehen. Es braucht daher in Zukunft auch gemeinsame und verstärkte Anstrengungen im Bildungs- und zivilgesellschaftlichen Bereich, um Hass und Gewalt wirksam zurückzudrängen.«
Kern des Gesetzesvorhabens ist die Schaffung eines neuen Straftatbestands der Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sog. politisches Stalking. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor einer Einflussnahme durch bedrohliche Übergriffe in ihr Privatleben geschützt werden. Bislang straflos gebliebene Fälle, in denen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bis zu deren Rücktritt immer wieder eingeschüchtert und angegriffen wurden, sollen damit durch das Strafrecht besser erfasst werden. Mit einem effektiveren Schutz von Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern auf allen Ebenen sollen Bürgerinnen und Bürger auch darin bestärkt werden, sich für den Staat und die Gesellschaft zu engagieren. Wer sich für unser Gemeinwohl einsetzt, muss sich auch auf den Schutz des Staates verlassen können. Gerade vor Ort in den Gemeinden und Landkreisen muss dieser Schutz besser gewährleistet werden.
Die für die Demokratie notwendige politische Auseinandersetzungen werden davon nicht berührt. Wer jedoch Menschen, die für den Staat Verantwortung übernommen haben, im Privaten persönlich angreift oder einzuschüchtern versucht, dem sollen klare Grenzen aufgezeigt werden.
Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, zwei bereits bestehende Straftatbestände, die bisher nur Verfassungsorgane und deren Mitglieder auf Bundes- und Landesebene vor Nötigungen schützen, auf die kommunale und europäische Ebene zu erweitern. Dadurch soll der großen Bedeutung von Entscheidungen in den Gemeinderäten und in der europäischen Gesetzgebung für den demokratischen Rechtsstaat Rechnung getragen werden.
Konkret werden folgende Änderungen vorgeschlagen:
- Änderung des § 105 StGB:
Der bisherige Tatbestand der Nötigung von Verfassungsorganen in § 105 StGB wird auf das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und die Gerichte der Europäischen Union sowie auf Volksvertretungen kommunaler Gebietskörperschaften, also insbesondere Gemeinderäte, erweitert. Bisher erfasst der Tatbestand Gesetzgebungsorgane, Regierungen und die Verfassungsgerichte von Bund und Ländern sowie die Bundesversammlung und ihre Ausschüsse.
- Änderung des § 106 StGB:
Der Straftatbestand der Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans gemäß § 106 StGB wird im sachlichen und personalen Schutzbereich erweitert und entsprechend umbenannt. Neben der Sicherstellung der Gesetzmäßigkeit staatlicher Entscheidungen tritt hier der Schutz der Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger vor Übergriffen auf ihre Person im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Schutzzweck hinzu.
- Schaffung des § 106a StGB:
Neu geschaffen wird der Tatbestand der Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern in § 106a StGB-E. Ebenso wie § 106 StGB dient dieser der Sicherstellung der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, aber auch dem Schutz der Demokratie und der einzelnen vom Schutzbereich des Tatbestands erfassten Personen. Tatbestandsmäßig sind hiernach vorwiegend Übergriffe in den privaten Bereich der Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger. Dieser Bereich der persönlichen Lebensgestaltung soll gerade auch für Personen, die Verantwortung im Bereich einer der Staatsgewalten übernehmen, auch im politischen Meinungskampf und bei kontroversen Entscheidungen der Justiz und Verwaltung als Rückzugsraum erhalten bleiben.
(c) SMJusDEG, 07.05.2024