Die Bundesregierung will Amtsgerichte in Zivilsachen stärken. Um der rückläufigen Zahl von erstinstanzlichen Zivilverfahren vor den Amtsgerichten zu begegnen, soll der sogenannte Zuständigkeitsstreitwert erhöht werden. Danach sollen Verfahren, in denen die Geldansprüche maximal 8.000 Euro betragen, künftig grundsätzlich vor Amtsgerichten geführt werden. Bislang liegt der in Paragraf 23 Nummer 1 Gerichtsverfassungsgesetz geregelte Zuständigkeitsstreitwert bei 5.000 Euro. Wie die Bundesregierung in einem entsprechenden Gesetzentwurf „zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen“ (20/13251) ausführt, ist dieser Betrag zuletzt 1993 angepasst worden.
Neben der Stärkung der Amtsgerichte will die Bundesregierung zudem die Spezialisierung von Amts- beziehungsweise Landgerichten fördern. Dazu ist vorgesehen, dass bestimmte Zivilverfahren unabhängig vom Streitwert vor Amts- beziehungsweise Landgerichten verhandelt werden. So sollen beispielsweise bestimmte nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten grundsätzlich vor Amtsgerichten verhandelt werden. Die Bundesregierung begründet dies damit, dass in diesen Verfahren Ortsnähe oft eine besondere Rolle spiele. „Streitigkeiten zu Vergabesachen oder aus Heilbehandlungen sowie Veröffentlichungsstreitigkeiten sollen hingegen den Landgerichten streitwertunabhängig zugewiesen werden, um so eine weitergehende Spezialisierung zu erreichen“, heißt es weiter.
Der Entwurf sieht zudem eine weitere Anpassung mit Bezug auf die Kostenfestsetzung in Verfahren vor. So soll in der Zivilprozessordnung eine Regelung geschaffen werden, „die eine Änderung der vom Gericht im Urteil oder Beschluss getroffenen Kostenentscheidung nach einer nachträglichen Änderung der Festsetzung des Streit- oder des Verfahrenswertes ermöglicht“. Entsprechend sollen auch in anderen Verfahrensordnungen entsprechende Regeln eingeführt werden. Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme, auch im Sozialgerichtsgesetz eine entsprechende Regelung zu schaffen. Die Bundesregierung will das laut ihrer Gegenäußerung prüfen.
Schließlich soll mit dem Entwurf ein spezielles Problem der bayerischen Justiz gelöst werden, wie die Bundesregierung ausführt. Danach soll im Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz „eine gesetzliche Klarstellung erfolgen, dass Abordnungen von Richterinnen und Richtern auch an oberste Landesgerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit möglich sind“. Aufgrund der bislang unklaren Regelungen werden aktuell keine Richterinnen und Richter an das Bayerische Oberste Landesgericht abgeordnet. „Dies hat zur Folge, dass dort bei hohem Geschäftsanfall Engpässe im richterlichen Bereich entstehen können, welche durch Abordnungen verhindert werden könnten“, heißt es dazu.
Der Entwurf soll am Donnerstagabend, 17. Oktober 2024, in erster Lesung im Bundestag beraten werden.
(c) HiB Nr. 699, 15.10.2024