Das Bundesministerium der Justiz hat heute ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuchs veröffentlicht.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Die Fortentwicklung des Strafrechts ist eine Kernaufgabe der Rechtspolitik. Daher müssen wir fragen: Setzt der Staat im Strafrecht die richtigen Prioritäten? Passen unsere Straftatbestände noch ausnahmslos in die Zeit? Es war dringend nötig, die Fragen zu stellen. Wir haben nun das Strafgesetzbuch systematisch durchgesehen und überprüft, welche Straftatbestände historisch überholt sind, sodass sie gestrichen oder angepasst werden müssen. Wir gehen damit eine überfällige Modernisierung der Strafrechtspolitik an. Das stärkt Akzeptanz und Wirksamkeit unseres Rechtsstaats.“
Der Koalitionsvertrag enthält den Auftrag, das Strafgesetzbuch systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu überprüfen. Dabei soll ein Fokus auf historisch überholte Straftatbestände, die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz gelegt werden. Dieser Auftrag ist Ausdruck einer liberalen, evidenzbasierten Strafrechtspolitik, die das Strafrecht als Ultima Ratio begreift. Das Bundesministerium der Justiz hat auch unter Berücksichtigung der Fachliteratur und der Rechtspraxis eine Reihe von Delikten identifiziert, die aufgehoben oder angepasst werden sollen. Dazu gehören beispielhaft:
- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – § 142 StGB
§ 142 StGB sanktioniert denjenigen, der sich unerlaubt, d. h. entgegen den bestehenden Warte- und Auskunftspflichten, von einem Unfallort entfernt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die übrigen Unfallbeteiligten und Geschädigten die notwendigen Informationen erhalten, welche zur Geltendmachung etwaiger zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche erforderlich sind. Für Konstellationen bei Unfällen mit bloßen Sachschäden sollen – alternativ zur ansonsten weiterhin bestehenden Wartepflicht – eine Meldepflicht eingeführt sowie Meldestellen eingerichtet werden, an die zukünftig diese notwendigen Informationen auch digital übermittelt werden können. Hierdurch wird eine zeitgemäße sowie bürgerfreundliche Option geschaffen.
- Mord, Totschlag, minder schwerer Fall des Totschlags – §§ 211 ff. StGB
Die Strafvorschriften über die Tötungsdelikte stammen im Wesentlichen aus dem Jahr 1941. Sie bezeichnen den Täter als „Mörder“ und „Totschläger“. Die atypische Gesetzesfassung beruht auf der Lehre vom „Tätertyp“. Dabei handelt es sich um die Vorstellung, dass es im Strafrecht nicht um die Bestrafung einer bestimmten Tat geht, sondern um bestimmte Tätertypen. Diese Lehre war besonders in der NS-Zeit populär. Auch wenn diese Lehre heute keine Rolle mehr spielt, sind die Formulierungen unverändert geblieben. Aus diesem Grund sollen die Normen sprachlich angepasst werden; eine inhaltliche Änderung der Rechtslage geht damit nicht einher.
- Erschleichen von Leistungen – § 265a StGB
Bei der Beförderungserschleichung ist der Unrechtsgehalt so gering, dass es nicht angemessen ist, diese unter Strafe zu stellen. Für das Vorliegen einer Beförderungserschleichung müssen keine Zugangsbarrieren oder -kontrollen überwunden, Fahrscheine gefälscht oder Kontrollpersonen getäuscht werden. Der bloße Anschein, sich ordnungsgemäß zu verhalten, reicht aus. Die Tatbestandsalternative „Beförderung durch ein Verkehrsmittel“ soll daher durch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand ersetzt werden.
Das Eckpunktepapier mit allen Vorschlägen zur Modernisierung des Strafgesetzbuchs finden Sie hier.
(c) BMJ, 23.11.2023