Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte veröffentlicht.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte ist eine schreckliche Tat, die schwer bestraft werden muss. Das soll und muss auch unbedingt so bleiben. Die Strafverschärfung aus dem Jahr 2021 ist jedoch über das Ziel hinausgeschossen. Eine Mutter etwa, die in einem Klassenchat kinderpornographisches Material entdeckt und es weiterleitet, um andere Eltern vor den Bildern zu warnen, muss aktuell mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft werden. Das ist nicht gerecht, denn es werden mit der aktuellen Gesetzeslage teils Menschen bestraft, die gerade die Verbreitung solchen Materials verhindern wollen. Wir werden daher die Mindeststrafe in solchen Fällen absenken und geben damit den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit zurück, in solchen Fällen Strafverfahren einzustellen oder nur Geldstrafen auszusprechen. Unverändert bleibt die maximale Strafhöhe von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe – damit Menschen, die Kinder sexuell missbrauchen, sich an entsprechenden Darstellungen ergötzen oder aus Gewinnstreben verbreiten, weiterhin hart bestraft werden können.“
Zum 1. Juli 2021 wurde der Tatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornographischer Inhalte (§ 184b des Strafgesetzbuches (StGB)) durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder grundlegend neugefasst. Insbesondere wurde der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Absatzes 1 Satz 1 von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren auf ein Jahr bis zu zehn Jahren und der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Absatzes 3 von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auf ein Jahr bis zu fünf Jahren angehoben. Alle Taten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 StGB sind damit Verbrechen (§ 12 Absatz 1 StGB).
Es sind keine minder schweren Fälle geregelt. Die Heraufstufung zum Verbrechen hat zudem zur Folge, dass die Strafverfolgungsbehörden Verfahren, die Straftaten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 StGB zum Gegenstand haben, nicht mehr nach den §§ 153 und 153a der Strafprozessordnung (StPO) einstellen oder durch Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO erledigen können.
Die Rückmeldungen aus der Praxis haben gezeigt, dass dies bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand haben, dazu führt, dass eine tat- und schuldangemessene Reaktion nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet ist. Die Verhältnismäßigkeit der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe ist insbesondere dann fraglich, wenn die beschuldigte Person offensichtlich nicht aus pädokrimineller Energie gehandelt hat, sondern um eine weitere Verbreitung oder ein öffentliches Zugänglichmachen eines kinderpornographischen Inhalts zu beenden, zu verhindern oder aufzuklären. Ebenso betroffen sind Fälle, in denen der Inhalt ungewollt in den Besitz der Empfängerin oder des Empfängers gelangt war oder bei jugendlichen Täterinnen und Tätern, die aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben gehandelt haben.
Der Entwurf behält die zum 1. Juli 2021 in Kraft getretene Erhöhung des Strafrahmens auf zehn Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Absatz 1 Satz 1 StGB und auf fünf Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Absatz 3 StGB bei und macht nur die Heraufstufung zum Verbrechen durch Senken der Mindeststrafen in Absatz 1 Satz 1 von einem Jahr auf sechs Monate und in Absatz 3 von einem Jahr auf drei Monate rückgängig. Durch die Beibehaltung der Höchststrafen wird sichergestellt, dass auch künftig schwere Straftaten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 StGB angemessen sanktioniert werden können. Zugleich wird den Strafverfolgungsbehörden aber die Möglichkeit wiedereröffnet, in jedem Einzelfall angemessen auf Verfahren zu reagieren, die Straftaten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 StGB zum Gegenstand haben. Wenn der Tatvorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt, kann damit wieder eine niedrigere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt werden. Zudem können Verfahren wieder nach den §§ 153 und 153a StPO eingestellt oder durch Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO erledigt werden, wenn die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.
Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf unserer Homepage veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 15.12.2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.
Den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte finden Sie hier.
(c) BMJ, 17.11.2023