Die Bundesregierung hat heute den von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen beschlossen.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Die Akzeptanz für unseren Rechtsstaat und ein einfacher Zugang zur Justiz gehen Hand in Hand. Das gilt auch für zivilrechtliche Streitigkeiten: Bürgerinnen und Bürger sollen ein funktionsfähiges und ortsnahes Angebot zur Beilegung solcher Streitigkeiten haben. Dazu leistet der heute verabschiedete Gesetzentwurf einen wichtigen Beitrag. Durch die Anhebung der Streitwertgrenze für die Amtsgerichte sowie die streitwertunabhängige Zuweisung bestimmter Sachgebiete an die Amts- oder Landgerichte erreichen wir eine bessere und sinnvollere Verteilung der Verfahren. Zum einen erhöhen wir dadurch die Zahl der Zivilverfahren an den Amtsgerichten. Gerade auch in ländlichen Regionen stärken wir die Erreichbarkeit der Justiz. Die Bürgerinnen und Bürger sparen damit Kosten und Zeit beim Zugang zum Gericht. Zum andern fördern wir die Spezialisierung der Justiz. So können unsere Richterinnen und Richter noch effizienter arbeiten. Mit diesem Vorhaben stärken wir die Bürgernähe der Justiz.“
Der Gesetzesentwurf hat insbesondere das Ziel, die Zivilgerichtsbarkeit zu stärken und sie bürgernäher auszugestalten. Dazu gehört auch das Anliegen, wieder mehr Zivilverfahren vor die Amtsgerichte zu bringen. Dadurch soll deren Schwächung durch die seit Jahren abnehmenden Fallzahlen und letztendlich die Schließung insbesondere kleinerer Amtsgerichtsstandorte vermieden werden. Den Bürgerinnen und Bürgern soll weiterhin ein ortsnaher und leichter Zugang zur Justiz gewährt werden.
Zur Umsetzung dieses Anliegens soll der Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte angehoben werden. Damit wird auch ein Vorschlag der Länder aufgegriffen. Darüber hinaus sieht der Entwurf weitere Maßnahmen vor, unter anderem solche zur weiteren Spezialisierung der Amts- und Landgerichte. Hierdurch wird den Gerichten ein zeit- und ressourcenschonenderes Arbeiten ermöglicht.
Im Einzelnen sieht der Gesetzesentwurf Folgendes vor:
- Der in § 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) vorgesehene Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte soll von bisher 5 000 Euro auf nunmehr 8 000 Euro angehoben werden. Denn in Verfahren wegen bürgerlich-rechtlicher Rechtsstreitigkeiten sind je nach Fallgestaltung die Amtsgerichte oder die Langerichte als Eingangsinstanz zuständig. Für die erstinstanzliche Zuständigkeit ist regelmäßig der Streitwert entscheidend.
- Durch diese Anpassung der Streitwerte an die Geldwertentwicklung wird das Ziel verfolgt, das Fallaufkommen bei den Amtsgerichten in Zivilsachen wieder zu erhöhen und damit die Amtsgerichte zu stärken. Denn diese gewährleisten durch ihre Verteilung in der Fläche einen ortsnahen Rechtsschutz und damit für Bürgerinnen und Bürger einen leichten und auch zeit- und kostenschonenderen Zugang zur Justiz. Der Schwächung der Amtsgerichte durch den Rückgang der Eingangszahlen in den letzten Jahrzehnten soll damit entgegengewirkt werden. Diese Schwächung ist insbesondere für kleinere Amtsgerichtsstandorte problematisch, da diese den Rückgang der Eingangszahlen nicht durch den Abbau von Stellen kompensieren können. Es besteht daher die Gefahr, dass sie ganz geschlossen werden müssten. Dieser Entwicklung soll durch den heute beschlossenen Gesetzentwurf entgegengewirkt werden.
- Daneben soll durch eine streitwertunabhängige Zuweisung bestimmter Sachgebiete an die Amts- und an die Landgerichte die Spezialisierung der Justiz gefördert und eine effiziente Verfahrensführung unterstützt werden. Denn zivilrechtliche Streitigkeiten werden in einigen Rechtsgebieten zunehmend komplexer. Bei anderen Rechtsgebieten wie zum Beispiel nachbarrechtlichen Streitigkeiten spielt hingegen die Ortsnähe eine besondere Rolle. So sollen bestimmte nachbarrechtliche Streitigkeiten streitwertunabhängig den Amtsgerichten zugewiesen werden. Streitigkeiten aus Heilbehandlungen, Vergabesachen sowie Veröffentlichungsstreitigkeiten sollen hingegen streitwertunabhängig den Landgerichten zugewiesen werden, um so eine weitergehende Spezialisierung zu erreichen.
- Zuletzt adressiert der Entwurf zwei weitere Probleme der gerichtlichen Praxis:
- Zum einen ist es Gerichten bislang nicht möglich eine Kostenentscheidung zu ändern, wenn diese in Folge einer nachträglichen Streitwertänderung oder in Folge einer erfolgreichen Beschwerde gegen die Wertfestsetzung unrichtig geworden ist. Dies führt zu Wertungswidersprüchen und Ungerechtigkeiten. Deshalb sollen für solche Fälle gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die eine solche Änderung ermöglichen.
- Zum anderen soll klargestellt werden, dass eine Abordnung von Richterinnen und Richtern auch an oberste Landesgerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit möglich ist. Dies kann von Bedeutung werden, wenn dort bei hohem Geschäftsanfall Engpässe im richterlichen Bereich entstehen, welche durch Abordnungen verhindert werden könnten.
Den Regierungsentwurf finden Sie hier.
(c) BMJ, 05.06.2024