Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende beschlossen. Mit dem Gesetz werden Digitalisierung und Smart-Meter-Rollout auf eine neue Stufe gehoben, um sie bestmöglich für die beschleunigte Energiewende einsetzen zu können. Smart Meter sind als digitale Infrastruktur entscheidende Voraussetzung für ein weitgehend klimaneutrales Energiesystem mit fluktuierendem Verbrauch und schwankender Erzeugung und ermöglichen auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern bessere und klarere Informationen über ihren eigenen Verbrauch. Damit zeitnah Rechtssicherheit für die Beschleunigung des Smart-Meter-Rollouts geschaffen wird, soll das Gesetz im Frühjahr 2023 in Kraft treten. Den Entwurf zum Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) finden Sie hier.
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hierzu: „Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einem digitalisierten Energiesystem. Es fügt sich ein in den Umbau unseres Energiesystems. Der Ausstieg aus fossilen Energien findet statt, wir sind mittendrin, aber die Zahnräder müssen klug ineinander greifen. Wir brauchen den konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien und mit gleicher Konsequenz müssen wir das Gesamtsystem anpassen und verbessern. Und genau das tun wir mit heutigem Kabinettbeschluss. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der stärkere Einsatz von Elektroautos im Verkehrsbereich und Wärmepumpen in Gebäuden erfordern eine intelligente Verknüpfung von Stromerzeugung und – verbrauch. Unser zukünftiges Energiesystem wird wesentlich flexibler und damit auch komplexer werden und dafür brauchen wir Smart Meter und eine Digitalisierung der Energiewende. Wir sorgen mit dem heutigen Gesetzentwurf für einen gesetzlich klar festgelegten Rollout-Fahrplan. Der Rollout wird systematisiert, beschleunigt und entbürokratisiert. Die jährlichen Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher werden bewusst gedeckelt und zugleich auch die Einführung dynamischer Tarife beschleunigt, damit sich der Einsatz auch wirtschaftlich attraktiver wird.“
Zentrale Inhalte des Gesetzentwurfs sind:
1. Gesetzlicher Rollout-Fahrplan wird gesetzlich klar verankert
Es wird ein gesetzlicher Rollout-Fahrplan mit verbindlichen Zielen und konkretem Zeitrahmen verankert; das Erfordernis der sogenannten BSI- Marktanalyse und – Markterklärung entfällt. Auf diese Weise rückt das konkrete Rollout-Ziel zur Unterstützung der Energiewende in den Vordergrund. Die Rolloutfristen orientieren sich dabei am Zieljahr 2030, um bis dahin die erforderliche digitale Infrastruktur für ein weitgehend klimaneutrales Energiesystem bereitzustellen.
Bislang galt die sogenannte Drei-Hersteller-Regel. Diese ist EU-rechtlich nicht erforderlich und entfällt jetzt, auch weil inzwischen ein ausreichendes Marktangebot für Smart-Meter-Gateways verfügbar ist. Die Drei-Hersteller-Regel des alten Messstellenbetriebsgesetzes verlangte bislang für jede Entwicklungsstufe die Zertifizierung von drei voneinander unabhängigen Herstellern. Da inzwischen ein ausreichendes Angebot an Smart-Meter-Gateways vorhanden ist, kann diese Regelung entfallen. So wird das Tempo zukünftig vom innovativsten Hersteller bestimmt – ein Warten auf den technischen Gleichstand von mindestens drei Herstellern entfällt.
2. Agiler Rollout wird ermöglicht
Das neue Element des „agilen Rollouts“ wird eingeführt. Der Rollout kann dadurch sofort mit den bereits zertifizierten Geräten starten bei Verbrauchern bis 100.000 kWh (optional < 6.000 kWh) und Erzeugern bis 25 kW (optional 1 bis 7 kW).
Das heißt die zertifizierten Geräte können für die genannten Gruppen sofort eingebaut werden, selbst wenn noch nicht alle Funktionen freigeschaltet werden können.
Weitere Funktionen (z.B. Steuern und Schalten) können über ein Anwendungsupdate bereitgestellt werden. Die Branche erhält so die Möglichkeit in einer „Warmlaufphase“ Prozesse aufzubauen und das Steuern über Smart-Meter-Gateway zu üben, bevor der Pflichtrollout gilt. Netzbetreiber, Marktakteure und Stromkunden sollen dadurch schnellstmöglich von der Digitalisierung profitieren. Sie erhalten bereits früher ein Gerät und weitere Funktionen können später durch Updates installiert werden, ohne dass es dafür eines erneuten Ein- oder Ausbaus bedarf.
Bisher setzte nach der Rechtsprechung eine Rolloutfreigabe durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) voraus, dass zu diesem Zeitpunkt bereits alle gesetzlich genannten Mindestfunktionalitäten technisch umgesetzt waren, einschließlich komplexer Funktionen wie der Fernsteuerung von Anlagen und Verbrauchseinrichtungen. Ein schrittweiser Hochlauf in den Markt mit einer sukzessiven Einführung im Wege von Anwendungsupdates war hingegen bisher nicht vorgesehen. Das wird jetzt abgeschafft. Das Gesetz erlaubt nun ein agiles Vorgehen: Messstellenbetreiber dürfen in einer zeitlich befristeten Hochlaufphase komplexe Funktionen wie das Steuern zur Vorbereitung der massenmarkttauglichen Einführung schrittweise einführen und Erfahrungen sammeln. Den Voraussetzungen des EU- Rechts an den notwendigen Mindest-Funktionsumfang wird weiter vollständig Rechnung getragen.
3. Kosten werden gerechter verteilt; Datenkommunikation für Netzbetreiber wird erweitert bei Verbesserung des Datenschutzes
Privathaushalte und Kleinanlagenbetreiber zahlen für ein intelligentes Messsystem künftig nicht mehr als 20 Euro/Jahr (entspricht der heutigen Preisobergrenze für eine moderne Messeinrichtung) – also in den meisten Fällen deutlich weniger als bisher.
Die Netzbetreiber werden dafür stärker an den Kosten beteiligt, denn die Netzbetreiber profitieren in besonderer Weise vom Smart-Meter-Rollout. Um diese Ziele zu erreichen, wird die Datenkommunikation bei Verbesserung des Datenschutzes (durch präzise Vorgaben zu Speicherungen, Löschungen, Anonymisierung, Pseudonymisierung und den weiter ausdifferenzierten Zweckvorgaben) erweitert. In Summe profitieren Kunden und Netz von der gesetzlichen Anpassung.
4. Einführung dynamischer Tarife wird beschleunigt
Alle Stromversorger – unabhängig von der Kundenzahl – müssen ab 2025 verpflichtend dynamische Tarife anbieten. Dadurch können Verbraucher den Strombezug in kostengünstigere Zeiten mit hoher EE-Erzeugung verlagern.
Aktuell müssen lediglich Lieferanten, die mehr als 100.000 Letztverbraucher beliefern, ihren Kunden mit intelligentem Messsystem einen dynamischen Stromtarif anbieten. Mit dem Gesetz werden jetzt alle Lieferanten ab 2025 zum Angebot solcher Tarife verpflichtet, um die Prozesse zu beschleunigen.
5. Steuerbarer Netzanschluss wird verankert
Es wird die Möglichkeit gestärkt, das Smart-Meter-Gateway (SMGW) als sichere Kommunikationsplattform des Smart Meters im Grundsatz am Netzanschlusspunkt einzubauen. Dort kann es seine Funktion als Sicherheitsanker für die energiewirtschaftlich relevanten Anwendungen am besten erfüllen. Über geeignete Schnittstellen können mehrere Verbraucher/ Ladeeinrichtungen über das SMGW am Netzanschluss gebündelt werden und selbständig am Markt agieren. Gleichzeitig wird durch die Bündelung die Nachhaltigkeit gestärkt, weil weniger Geräte verbaut werden müssen.
6. Standardisierung wird konzentriert und die Nachhaltigkeit gestärkt
Um die Rolle des Smart-Meter-Gateways als sicherer Kommunikationsplattform für die Energiewende zu stärken und gleichzeitig die Standardisierung zu vereinfachen, wird klargestellt, dass sich die Standardisierung des BSI auf das SMGW zu konzentrieren hat. Weiter wird die sichere Lieferkette (SiLKe) vereinfacht, deren Vorgaben derzeit den Rollout unnötig erschweren. So soll ein massengeschäftstauglicher Postversand bei der sicheren Lieferkette zugelassen und eine stärkere Berücksichtigung der Nachhaltigkeit festgeschrieben werden.
7. Klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ermöglichen
Um ein einheitliches, effizientes und an der Energiewende ausgerichtetes Projektmanagement beim BMWK zu ermöglichen, wird u.a. klargestellt, dass die Standardisierung durch das BSI im Auftrag des BMWK erfolgt.
Einen Überblick zum Rollout finden Sie hier.
Quelle: Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Pressemitteilung vom 11. Januar 2023