Im Januar 2019 hatte das BfV die Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD), die „Junge Alternative“ (JA), als Verdachtsfall und damit als Beobachtungsobjekt eingestuft. Im April respektive im Juni 2020 waren zudem das „Institut für Staatspolitik“ (IfS) und der Verein „Ein Prozent e.V.“ als Verdachtsfälle des BfV eingestuft worden.
Die Verdachtsfallbearbeitung hat ergeben, dass sich die Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung inzwischen zur Gewissheit verdichtet haben.
Das IfS, „Ein Prozent e.V.“ und die JA werden vom BfV daher nunmehr jeweils als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft und weiterbearbeitet.
Der Präsident des BfV Thomas Haldenwang erklärt hierzu:
„Die Positionen des ‚Institut für Staatspolitik‘, ‚Ein Prozent e.V.‘ und der Jugendorganisation der AfD‚Junge Alternative‘ sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es bestehen keine Zweifel mehr, dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet.
Das BfV richtet sein Augenmerk nicht nur auf gewaltorientierte Extremisten, sondern hat auch diejenigen Personenzusammenschlüsse im Blick, die menschenwürdewidrige und demokratiefeindliche Ideologien und Konzepte permanent verbreiten. Das IfS, ‚Ein Prozent e.V.‘ und die JA zielen auf die Ausgrenzung vermeintlich ‚Fremder‘ und versuchen, diese Positionen gesellschaftlich anschlussfähig zu machen. Das gezielte Propagieren von Feindbildern und das Schüren von Ressentiments in der Bevölkerung sind zudem generell geeignet, den Boden für unfriedliche Verhaltensweisen gegenüber den Betroffenen zu bereiten.
Es ist Aufgabe und Pflicht des BfV, zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Öffentlichkeit über solche Bestrebungen aufzuklären.“
„Institut für Staatspolitik“ (IfS)
Die im Rahmen der Verdachtsfallbearbeitung zum IfS gesammelten und ausgewerteten Informationen haben den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht zur Gewissheit verdichtet.
Deutlich wird dies insbesondere bei zahlreichen Äußerungen, die sich gegen die Menschenwürde (Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) richten. So vertreten die Führungspersonen des IfS ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis und streben ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk an. Die propagierte Vorstellung, dass es ein deutsches Volk jenseits des im Grundgesetz als der Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen definierten Staatsvolkes gebe, impliziert eine Herabsetzung von eingebürgerten Staatsangehörigen zu Deutschen zweiter Klasse. Diese Vorstellung wird durch das IfS nicht ausschließlich, aber insbesondere über das Ideologem des Ethnopluralismus transportiert. Darüber hinaus behaupten die handelnden Akteure in einer die Menschenwürde verletzenden Weise eine drohende „Auflösung des deutschen Volkes“ und einen angeblich stattfindenden „Bevölkerungsaustausch“, auch „Großer Austausch“, „Umvolkung“ oder „Ersetzungsmigration“ genannt.
Diese ideologisch-inhaltliche Positionierung des IfS geht oftmals einher mit Äußerungen, wonach (zumeist nichteuropäischen) Migrantinnen und Migranten, Flüchtlingen, Asylsuchenden und teilweise auch Menschen muslimischen Glaubens pauschal unterstellt wird, die öffentliche Sicherheit und den „Erhalt“ des ethnisch definierten Volkes zu gefährden.
Zudem lassen sich Verstöße gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip feststellen.
„Ein Prozent e.V.“
Bei „Ein Prozent e.V.“ wurde im Zuge der Verdachtsfallbearbeitung eine quantitative Zunahme der verfassungsfeindlichen Äußerungen festgestellt; darüber hinaus beruht die Einstufung als nunmehr gesichert extremistische Bestrebung insbesondere auch auf einer inhaltlichen Radikalisierung von „Ein Prozent e.V.“. Die vertretenen und propagierten Positionen beinhalten nachweislich völkisch-nationalistische Ideologeme, sind migranten-, fremden- und- muslimfeindlich sowie rassistisch. „Ein Prozent e.V.“ vertritt zudem einen auf ethnischen Abstammungsprämissen beruhenden Volksbegriff.
Ziel des Vereins ist die metapolitische Erringung der kulturellen Hegemonie und damit die Etablierung einer entsprechenden „Gegenkultur“. Hierzu nutzt der Verein verschiedene Strategien, um die entsprechenden Inhalte in die „Mitte der Gesellschaft“ zu transportieren und anschluss- beziehungsweise gesellschaftsfähig zu machen.
„Junge Alternative“ (JA)
Auch in Bezug auf die JA haben sich die Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zur Gewissheit verdichtet. Die Verdichtung ergibt sich aus einer inhaltlichen Verfestigung und teils auch Verschärfung der extremistischen Positionen.
Das in den Äußerungen und Verlautbarungen deutlich zutage tretende Volksverständnis der JA widerspricht dem im Grundgesetz zum Ausdruck kommenden Volksverständnis und ist geeignet, Angehörige vermeintlich anderer Ethnien auszugrenzen und deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund als Deutsche zweiter Klasse abzuwerten.
Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht, ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk postuliert, Migranten außereuropäischer Herkunft als grundsätzlich nicht integrierbar ausgrenzt und die größte Gefahr in einem vermeintlich gesteuerten Bevölkerungsaustausch zur Vernichtung der „organisch gewachsenen europäischen Völker“ sieht.
Weiterhin stellt die Agitation gegen Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten ein zentrales und beständiges Thema der Verlautbarungen der JA und ihrer Mitglieder dar. Dabei verbinden sich fremdenfeindliche Argumentationsmuster mit islamfeindlichen Ressentiments. Insbesondere Zuwanderern mit (vermeintlich) muslimischem Hintergrund werden in pauschaler Weise Negativeigenschaften zugesprochen, wie kulturelle Rückständigkeit und ein überproportional stark ausgeprägter Hang zu Kriminalität und Gewalt, allein aufgrund ihrer Herkunft und Religion.
Zudem sind Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip festzustellen. Eine Vielzahl von Diffamierungen und Verunglimpfungen politischer Gegner, aber auch des Staates und seiner Repräsentanten an sich, ist Ausdruck davon, dass es der JA nicht um eine Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland.
Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz, Pressemitteilung vom 26. April 2023