Extremismus hat sich gewandelt und ist moderner geworden. Junge Menschen rücken zunehmend in den Fokus von Extremisten. Radikalisierung findet immer öfter online statt. Die Bedrohung durch Spionage und Cyberangriffe durch ausländische Akteure hat zugenommen. Auch die Gefahr durch islamistisch motivierte Anschläge ist weiter abstrakt hoch. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2024 hervor, den Innenminister Herbert Reul am Mittwoch, 9. April 2025, vorgestellt hat. Auf mehr als 350 Seiten hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung umfassend beschrieben.

Innenminister Herbert Reul: „In Solingen hat der Islamismus sein hässlichstes Gesicht gezeigt. Dort haben wir gesehen, wie schnell aus einer abstrakt hohen Terrorgefahr schnell eine konkrete Tat werden kann. Auch Rechtsextremisten haben es auf unsere Demokratie abgesehen. Extremisten mobilisieren junge Leute und erreichen im Netz enorme Reichweiten. Die Konflikte der Welt spielen sich nicht nur auf anderen Kontinenten ab, sondern finden immer auch in Nordrhein-Westfalen statt. Das Internet ebnet ihnen den Weg. Dass wir in Freiheit und Frieden, demokratisch und rechtsstaatlich leben, ist nicht selbstverständlich. Der Verfassungsschutz hat auch 2024 rund um die Uhr Extremismus und Terrorismus bekämpft und sich für unsere Demokratie eingesetzt. Mehr denn je sind wir gefragt, für unsere Demokratie einzustehen.“

Die Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität sind im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Rund 11.000 Straftaten wurden registriert [10.772], bei denen die Tatmotivation politisch war. Zum Vorjahr war das eine Zunahme um 42 Prozent [2023: 7.596]. Etwa 23 Prozent [2.450] der Straftaten wurden mit dem Tatmittel „Internet“ begangen. Rund 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor [1.859]. In rund 19 Prozent aller politisch motivierten Straftaten handelte es sich um Hasskriminalität.  

Der Verfassungsschutz stellt fest, dass der Rechtsextremismus verstärkt Jugendliche und junge Erwachsene anspricht. Die rechtsextremistische Szene ist insgesamt jünger und moderner geworden. Um seine Ideologie zu verbreiten, setzt der Rechtsextremismus auf die Strategie der Entgrenzung und mobilisiert viele Menschen insbesondere über die sozialen Medien.

Innenminister Herbert Reul: „Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unser demokratisches Zusammenleben. Rechtsextremisten halten sich durch Hass und Hetze am Leben. Wir sehen, dass er sich modernisiert hat – heute weniger Glatze und Springerstiefel, dafür Sneaker und Active Clubs. Das ist nur alte Ideologie in neuem Gewand. Davon dürfen wir uns aber nicht täuschen lassen.”

2024 wurden im Bereich Rechtsextremismus 5.461 Straftaten erfasst [2023: 3.549]. In 78 Prozent der Fälle handelte es um Propagandadelikte [3.511] und Volksverhetzung [839]. Die Anzahl der Gewaltdelikte durch rechtsmotivierte Tatverdächtige stieg mit 154 Straftaten gegenüber dem Vorjahr [2023: 116] um 33 Prozent an.

Die Gefahr islamistisch motivierter Anschläge ist weiterhin abstrakt hoch. Die allein handelnden Täter, die sich ohne soziale Kontakte online radikalisieren, stellen weiterhin eine große Herausforderung für die Sicherheitsbehörden dar. Die Lage in Nahost kann Radikalisierungsprozesse zusätzlich befeuern. Im Bereich des extremistischen Salafismus lag das Personenpotenzial bei etwa 2.700 Personen. Rund 600 davon wurden als gewaltorientiert eingestuft.

Innenminister Herbert Reul: „Der islamistische Terrorismus bleibt die größte Gefahr für Leib und Leben. Der Verfassungsschutz unternimmt alles, um diese Gefahr zu bannen. Das Internet wird mehr und mehr zum Hochleistungsmotor für Radikalisierung. Hass-Prediger haben Online-Propaganda auf TikTok, Instagram oder Telegram perfektioniert. Damit ist der Islamismus weiter auf dem Vormarsch.”

Der Verfassungsschutz stellte mehr Versuche im Bereich Spionage und Cyberangriffe fest. Auch gezielte Desinformation und illegitime Einflussnahme durch ausländische Akteure besonders im digitalen Raum spielten eine zunehmende Rolle.

Innenminister Herbert Reul: „Die Versuche von außen Einfluss zu nehmen, sind in dem Maße gestiegen, in dem die Konflikte in der Welt sich verschärft haben. Vor allem Russland hat seine nachrichtendienstliche Methodik verändert und tritt zunehmend robuster auf. Dabei geht es darum, auszuspähen, Informationen zu beschaffen und unsere Demokratie zu destabilisieren. Der Verfassungsschutz unternimmt alles, um diese Angriffe abzuwehren.”

Auch Antisemitismus ist weiter präsent. Besonders durch die Eskalation des Nahost-Konflikts hat der Hass auf Jüdinnen und Juden in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren zugenommen. 2024 Jahr wurden 695 antisemtische Strafaten erfasst [2023: 547]. Viele Taten davon waren Sachbeschädigungen oder Volksverhetzungen.

Innenminister Herbert Reul: „Übergriffe auf jüdische Mitmenschen, Synagogen und Gedenkstätten sind keine Seltenheit mehr. Die Geschichte lehrt uns, jeglicher Form von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten. Das ist unsere besondere Verpflichtung.”

Im Bereich Linksextremismus wurden rund 1.200 Straftaten erfasst [1.187]. Viele davon waren Widerstandsdelikte. Linksextremisten führten zum Teil gewaltsame Proteste durch. Verzeichnet wurden 86 Gewaltdelikte. Ziel dieser Aktivitäten war es, über anschlussfähige politische Brennpunktthemen zivildemokratischen Protest zu radikalisieren und linksextremistische Ideologie in das bürgerliche Spektrum zu tragen.

Im Bereich auslandsbezogener Extremismus geht der Verfassungsschutz auch weiter konsequent gegen Gruppierungen vor, die Terror und Antisemitismus befürworten.

Innenminister Herbert Reul: „Mit dem Verbot des Vereins „Palästina Solidarität Duisburg“ im Mai 2024 haben wir alle juristischen Möglichkeiten genutzt, um klare Kante gegen Extremismus zu zeigen.”

Der Verfassungsschutz hat als Frühwarnsystem alle Extremismusbereiche im Blick. Er unterstützt auch als sogenannte „mitwirkende Behörde” andere Behörden, zum Beispiel durch Sicherheitsüberprüfungen. Der Verfassungsschutz berät darüber hinaus Unternehmen, wie sie sich besser vor Cyberangriffen schützen können. Auch im Bereich Wirtschaftsschutz und Prävention ist der Verfassungsschutz aktiv und richtet sich bei seinen Veranstaltungen, Vorträgen und Beratungen thematisch mit Blick auf die Zielgruppen konsequent an den aktuellen Herausforderungen aus.

IM NRW, 09.04.2025

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