Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, und der Präsident des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, Dirk Pejril, haben heute (13.06.2024) den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 vorgestellt.
Rechtsextremismus
Die vom Rechtsextremismus und seinen Akteurinnen und Akteuren ausgehende Gefahr bleibt weiter hoch.
Die Zahl der Rechtsextremisten in Niedersachsen ist von 1.610 auf 1.690 Personen, nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften, leicht gestiegen.
Der Partei „Die Heimat“ (vormals NPD) gehören nach kontinuierlichen Verlusten landesweit nur noch 180 Mitglieder an. Die im Juni 2023 beschlossenen weitreichenden Reformen hin zu einer „Sammlungsbewegung im Geiste der Parteigründer“ haben den Abwärtstrend nicht aufgehalten. Einzig öffentlich wahrnehmbar ist der im Parteibesitz befindliche „Heimathof“ in Eschede (Landkreis Celle), der als Ankerpunkt insbesondere der „Jungen Nationalisten“ für ihre politische Arbeit gesehen werden kann.
Die Partei „Die Rechte“ hat mit nunmehr 20 Mitgliedern weiter an Mitgliedschaften verloren (minus zehn).
Die Zahl der Neonazis stagniert bei 220 Personen, ebenso wie die rechtsextremistische Subkultur mit 590 Personen.
Aufgrund personeller und struktureller Probleme suchen die rechtsextremistischen Parteien in Niedersachsen die Kooperation mit Angehörigen der neonazistischen Szene. Jedoch hat auch die neonazistische Szene, die noch vor einigen Jahren mit Kameradschaften in fast allen Regionen Niedersachsens präsent war, Anhängerpotenzial verloren und ist im Zuge dessen immer heterogener geworden. Die verbliebenen Szeneangehörigen müssen über größere räumliche Distanzen Kontakte pflegen, um Szeneaktivitäten überhaupt nur aufrechterhalten zu können. Die Übergänge zum subkulturell geprägten Rechtsextremismus sind teilweise fließend. Eigenständige Strukturen und Aktionen der neonazistischen Szene in Niedersachsen waren im Jahr 2023 kaum zu verzeichnen.
Als Reaktion auf die von der Bundesministerin des Innern und für Heimat im September 2023 ausgesprochenen Verbote der „Hammerskins Deutschland“ und der „Artgemeinschaft“ wurde die Selbstauflösung zahlreicher Gruppierungen bekanntgegeben, darunter die „Arische Bruderschaft“ und die „Kameradschaft Northeim“. Wegen ihrer Gewaltbereitschaft bildet die Szene der Neonazis und subkulturell geprägten Rechtsextremisten weiterhin einen Schwerpunkt der Verfassungsschutzarbeit.
Auch im Fokus stehen die Entwicklungen im Bereich der „Reichsbürger und Selbstverwalter“. Im vergangenen Jahr ist die Anzahl der in Niedersachsen aufgefallenen Personen von 900 auf 1.080 gestiegen. Von diesen sind 40 dem Rechtsextremismus zuzuordnen.
Welche Gefahr von „Reichsbürgern“ ausgehen kann, wird durch die Anklageerhebung des Generalbundesanwaltes gegen 27 Mitglieder und Unterstützer einer mutmaßlich terroristischen Reichsbürgervereinigung (Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß) deutlich. Unter den in Untersuchungshaft befindlichen Personen sind vier aus Niedersachsen. Laut Anklage sei das Ziel der Vereinigung gewesen, die verfassungsmäßige Ordnung durch einen Umsturz gewaltsam zu beseitigen.
Die bislang vorliegenden Erkenntnisse zu dem Fall bestätigen die Analyse des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, wonach sich eine neue, teils gewaltorientierte Mischszene herausbildet. Von den Beschuldigten sind klar Reichsbürgerideologien, rechtsextremistische Narrative und Verschwörungserzählungen aus dem Bereich der Delegitimierung des Staates geäußert worden.
Dies zeigt, dass die Grenzen zwischen den Phänomenbereichen „Rechtsextremismus“ und „Reichbürger und Selbstverwalter“ zunehmend verschwimmen. Verschwörungstheorien haben hierbei eine „Scharnierfunktion“ und bilden das gemeinsame Fundament für die ideologisch unterschiedlichen Teilgruppen. Der vorliegende Fall (Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß) belegt, dass von dieser Mischszene eine sehr reale Gefahr ausgeht.
Abseits der Gründung terroristischer Gruppen besteht für Extremisten innerhalb dieser Mischszene zudem eine Möglichkeit, Einfluss auf noch nicht radikalisierte Personen zu nehmen und die Entgrenzung des Extremismus weiter voranzutreiben.
Die Gewaltbereitschaft von Teilen der Szene zeigt sich durch die weiterhin feststellbaren Übergriffe auf Polizeibeamtinnen und -beamte, Mandatsträgerinnen und -träger sowie Journalistinnen und Journalisten durch Reichsbürgerinnen und Reichsbürger sowie Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter.
Innenministerin Behrens: „Trotz der sinkenden Mitgliederzahlen ist die größte Gefahr für unsere Demokratie nach wie vor der Rechtsextremismus. Insbesondere von der Vermischung mit der Szene der Reichsbürger und der Selbstverwalter geht Gefahr aus.
Auch deswegen muss der Verharmlosung von rechtsextremen Äußerungen entgegengetreten werden. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen und müssen einer vermeintlichen gesellschaftlichen Akzeptanz mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates entgegenwirken. Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist hierfür unabdingbar!“
Landesverband der „Alternative für Deutschland“ (AfD) Verdachtsobjekt
In Niedersachsen ist die Einstufung der AfD zum rechtsextremistischen Verdachtsobjekt noch einmal um zwei Jahre verlängert worden, erstmals erfolgte dies im Mai 2022.
Innerhalb der AfD konnten die extremistischen Kräfte in den vergangenen Jahren ihre Machtstellung weiter ausbauen. Dies dokumentieren unter anderem deutlich der Bundesparteitag in Riesa im Juni 2022 und die Europawahlversammlung in Magdeburg im Juli/August 2023. Die radikalen Positionen und die Akteure der formal aufgelösten parteiinternen Sammlungsbewegung „Der Flügel“ sind in dem sog. völkisch-nationalistischen Lager aufgegangen. Zugleich fehlt die Distanzierung gegenüber der extremistischen „Neuen Rechten“, dem „Institut für Staatspolitik“, dem „COMPACT-Magazin“, dem Verein „Ein Prozent e.V.“ oder auch der „Identitären Bewegung“.
Auch bei der AfD Niedersachsen und ihren Untergliederungen kann eine Distanzierung von radikalen oder gar extremistischen Positionen und Akteuren innerhalb der Partei oder in deren Umfeld nicht festgestellt werden. Dies belegen beispielsweise Äußerungen in den sozialen Medien, mit denen Ideologieelemente propagiert werden, die sich in Teilen nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbaren lassen.
Die „Junge Alternative“ (JA) Niedersachsen ist eine eigenständige, dem Bundesverband der „Jungen Alternative für Deutschland“ untergeordnete politische Vereinigung und fungiert als offizielle Jugendorganisation der AfD-Partei. Die JA ist seit September 2018 Beobachtungsobjekt des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, d. h. eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Deren ideologischer Kern ist ein ethnisch-kultureller Volksbegriff, der im Konflikt mit dem Grundgesetz steht. Minderheiten werden abgewertet, und es wird ihnen grundsätzlich die Gleichwertigkeit abgesprochen.
Ministerin Behrens betont: „Die Entwicklung der AfD muss uns mit großer Sorge erfüllen. Dazu trägt insbesondere bei, dass deren Mitglieder auch in Niedersachsen zunehmend öffentlich deutlich wahrnehmbar an einer Spaltung der Gesellschaft arbeiten und gezielt Ressentiments schüren. Ziel der AfD ist es, aus der damit erzeugten Verunsicherung und forcierten Ausgrenzung politisch Kapital zu schlagen. Diesen völkisch-nationalistischen, fremdenfeindlichen Bestrebungen müssen wir mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates entgegentreten, um unsere Demokratie zu schützen. Dazu gehört die nun verlängerte Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.“
Verfassungsschutzpräsident Pejril: „Für den Niedersächsischen Verfassungsschutz bietet die derzeitige Einstufung der AfD als Verdachtsobjekt einen angemessenen Status, um die weitere Entwicklung der Partei fortlaufend zu beobachten und zu bewerten. Das ist angesichts des an Einfluss gewinnenden völkisch-nationalistischen Lagers auch geboten.“
Linksextremismus
Die Zahl der Linksextremisten ist von gut 1.200 auf rund 1.250 Personen leicht gestiegen.
Um an das demokratische Spektrum anschlussfähig zu sein, greifen Linksextremisten immer häufiger Themen wie den Klimaschutz auf, die bis weit in die Mitte der Gesellschaft zahlreiche Menschen berühren und zum zivilgesellschaftlichen Engagement herausfordern. Dabei wähnen sich diese im Einklang mit der Mehrheitsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist eine zunehmende Entgrenzung des Linksextremismus in die Mitte der Gesellschaft nicht zu übersehen. Gleichzeitig ist eine Erosion der Abgrenzung des demokratischen Spektrums gegenüber Linksextremisten zu beobachten. Themen wie „Antifaschismus“, „Antirepression“, „Antigentrifizierung“, „Antimilitarismus“ „Antirassismus“ oder insbesondere in den vergangenen Jahren der Einsatz für den Klimaschutz dienen dabei als Plattform für den Kampf gegen den demokratischen Rechtsstaat und den „Kapitalismus“.
Nach dem weitgehenden Ende der Corona-Pandemie stand das Jahr 2023 vor allem im Zeichen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und seinen Folgen.
Die linksextremistisch motivierten Übergriffe auf Rechtsextremisten bzw. diejenigen, die Linksextremisten dafür halten, bildeten auch im vergangenen Jahr einen Schwerpunkt der linksextremistischen Aktivitäten.
Verfassungsschutzpräsident Pejril: „Die Militanz einer bereits radikalisierten linksextremistischen Szene bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Dabei zeigte sich, dass die Hemmschwelle von Linksextremisten zur Anwendung von Gewalt – auch gegenüber Menschen – weiterhin niedrig ist.“
Islamismus
Nach dem Terrorangriff der HAMAS am 07.10.2023 war im gesamten islamistischen Spektrum eine breite Solidarisierung mit dieser Terrorgruppe wahrzunehmen. Vor allem in den sozialen Medien hat die Verbreitung antisemitischer und antizionistischer Narrative in Quantität und Qualität deutlich zugenommen.
Ministerin Behrens: „Manipulative Berichterstattung und gezielte Falschmeldungen über arabisch- oder türkischsprachige Medien oder soziale Netzwerke befeuern die Emotionalisierung und Mobilisierung muslimischer Gruppen oder israelkritischer bzw. israelfeindlicher Szenen. Dafür sind falsche oder nicht validierte Berichte sowie schreckliche Bilder und Nachrichten verbreitet worden. Es gab eine alleinige Schuldzuweisung an Israel. Auch fand keinerlei Verurteilung des HAMAS-Terrorangriffs statt – im Gegenteil: teilweise ist dieser sogar glorifiziert worden. Es ist eine Entwicklung, die erschüttert und beschämt. Auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte dürfen wir solche Taten niemals tolerieren oder achselzuckend zur Kenntnis nehmen!“
Die Nutzung der sozialen Medienplattformen durch islamistische Akteure hat sich im vergangenen Jahr deutlich professionalisiert und weiter verstärkt. Inhalte und Formate haben sich an das Jugendkonsumverhalten angepasst. Es etablieren sich islamistische „Influencer“, die islamistische Ansichten als Jugendkultur in Deutschland entwickeln und prägen. Dabei zeichnet sich ein Generationswechsel hin zu einer Verjüngung der Szene ab.
Die Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e. V. in Braunschweig (DMG) ist ein etablierter überregionaler Anlaufpunkt für salafistische Prediger und Besucher gewesen.
Über ihre vielfältigen Online-Angebote und ein weitreichendes Predigerrepertoire sowie die Bemühungen, sog. Dawa-Aktionen zu initiieren, konnte die DMG Braunschweig bislang ihre ideologische Strahlkraft und Relevanz in der Szene sowie außerhalb weiter ausbauen. Seit gestern (12.06.2024) ist diese Vereinigung nun verboten.
Innenministerin Behrens: „Die gestrigen Maßnahmen zur Umsetzung des Vereinsverbots der DMG Braunschweig zeigen: Die Sicherheitsbehörden arbeiten konsequent und sehr erfolgreich. Wir dulden keine Vereine, in denen regelmäßig vermeintlich Ungläubige, Frauen oder Juden sowie unsere Gesellschaftsordnung im Gesamten abgewertet werden und deren Anhänger dazu aufgerufen werden, unsere demokratischen Grundwerte zu bekämpfen. Deshalb haben wir mit dem nun umgesetzten Vereinsverbot zu einem starken Instrument der wehrhaften Demokratie gegriffen. Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden beobachten die islamistische Szene weiter sehr genau. Und wenn wir wie im Fall der DMG Brauschweig feststellen, dass die Voraussetzungen vorliegen, dann setzen wir auch Verbote durch.“
Im Jahr 2023 hat sich beim salafistischen Personenpotenzial die rückläufige Tendenz fortgesetzt. Derzeit werden 700 Personen der Szene zugerechnet. Erstmals stellen Salafisten nicht mehr die Mehrheit der islamistischen Szene in Niedersachsen dar.
Die Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus war 2023 in Deutschland hoch. Vor allem Ereignisse wie Koranverbrennungen (in Schweden) oder der HAMAS-Terrorangriff hatten eine massive mobilisierende Wirkung auf die jihadistische Szene. Durch den IS-Ableger „Islamischer Staat in der Provinz Khorasan“ (ISPK) besteht weiter eine hohe Gefahr von Terroranschlägen. Die Gruppierung konzentriert sich zwar primär darauf, die Taliban in Afghanistan zu bekämpfen, um dort die Vormacht zu erringen, verfolgt im Wettstreit um die Vormachtstellung unter den jihadistischen Terrororganisationen aber auch eine internationale Agenda. Dies zeigt der Anschlag bei einem Konzert in Krasnogorsk/Russland am 22.03.2024, zu dem sich der ISPK bekannte und bei dem 144 Menschen ihr Leben verloren sowie 360 Menschen verletzt wurden.
In Zusammenhang mit der derzeitigen Lage in Afghanistan ist nicht auszuschließen, dass der ISPK z. B. Flüchtlingsabkommen für sich nutzt, um Anhänger nach Europa zu schleusen und Terrorzellen bilden zu können.
Als Anschlagsziele kommen insbesondere symbolträchtige internationale Veranstaltungen mit hohem Medieninteresse wie die geplante Europameisterschaft 2024 in Deutschland in Frage. Die Sicherheitsbehörden sind in diesem Zusammenhang besonders sensibilisiert und beobachten die Lage fortlaufend.
Extremismus mit Auslandsbezug
Das Anhänger-/Mitgliederpotenzial der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) ist mit 1.600 Personen in Niedersachsen seit Jahren in etwa konstant. Deutschlandweit ist sie die mitgliederstärkste nichtislamistische extremistische Ausländerorganisation.
Als Reaktion auf einen Selbstmordanschlag am 01.10.2023 in der türkischen Hauptstadt Ankara vor dem Innenministerium begann die Türkei eine neue Militäroffensive im Norden und Nordosten Syriens. Dieses militärische Vorgehen in den dortigen kurdischen Siedlungsgebieten führte zu einem starken Aktionismus, der sich auch in Niedersachsen durch Protestaktionen auswirkte. Parallel dazu startete die europaweite PKK-Kampagne „Freiheit für Öcalan, eine politische Lösung für die kurdische Frage“.
Das Personenpotenzial der türkischen „Ülkücü-Bewegung“ ist in Niedersachsen mit 700 Personen auch nahezu gleichgeblieben. Deutschlandweit ist die Bewegung derzeit mit etwa 11.000 Mitgliedern die größte rechtsextremistische Bewegung.
Das vergangene Jahr war durch die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei geprägt. Bereits 2021 begannen die Vorbereitungen mit Blick auf die im Ausland lebenden türkischen Wahlberechtigten. Der Wahlkampf selbst verlief in Niedersachsen – wie von den Verbänden vorgegeben – bei der „Ülkücü-Bewegung” zurückhaltend. Nach dem Wahlsieg Erdoğans kam es bei Feiern u. a. in Hannover zu Konfrontationen mit kurdischen Protestierenden. In der freien Szene im Internet war eine deutliche pro-Erdoğan Position zu beobachten.
Spionageabwehr
Hauptakteure der klassischen Spionageaktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland sind nach wie vor die Russische Föderation, die Volksrepublik China, der Iran, aber in Teilen auch die Türkei.
Russland ist zunehmend bestrebt, Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung und den politischen Diskurs in Deutschland auszuüben. Die öffentliche Meinung soll durch Propaganda- und Desinformationskampagnen im Sinne Russlands beeinflusst und die eigene Machtposition gestärkt werden. Dabei ist zunehmend festzustellen, dass staatliche Desinformationskampagnen mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) umgesetzt werden, indem gezielt gefälschte Nachrichten, Videos oder Bilder verbreitet werden. Ziel russischer Desinformationskampagnen ist insgesamt die Destabilisierung von Demokratien.
Niedersachsens Innenministerin: „Russlands Präsident Putin führt einen hybriden Krieg und setzt dabei mit großem Aufwand auf Desinformation, auch in Deutschland. Das ist gefährlich! Die russischen Desinformationskampagnen haben das Potenzial, unsere demokratische Grundordnung zu untergraben. Putins falsche Botschaften fallen hierzulande teilweise auf fruchtbaren Boden. So verbreiten Angehörige der AfD und der Reichsbürger-Szene diese falschen Narrative hier bei uns weiter und unterstützen dadurch Putins hybriden Krieg.“
Übergeordnetes Ziel allen Handelns chinesischer Nachrichtendienste ist die Aufrechterhaltung des Machtanspruchs der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Darüber hinaus räumen diese gegenwärtig – neben den Themen um die „Neue Seidenstraße“ – insbesondere den Entwicklungen im Sektor der Informationstechnologie (Cloud, Internet of Things, Quantentechnologien, Robotik sowie der 5G-Technologie) höchste Priorität ein.
Ein wesentlicher Aufgabenbereich der iranischen Nachrichtendienste ist die Ausspähung der Oppositionellengemeinde in Deutschland. Die Hinweise erstrecken sich über die Beobachtung irankritischer Demonstrationen bis hin zu konkreten Gefährdungssachverhalten gegenüber Einzelpersonen.
Der türkische In- und Auslandsnachrichtendienst MIT hat primär die Informationsbeschaffung für die türkische Regierung und deren Machterhalt zur Aufgabe. Die türkische Regierung machte die nach dem Prediger Fetullah Gülen benannte „Gülen-Bewegung“ für den Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs im Jahr 2016 verantwortlich. Um in Niedersachsen aufhältige Anhänger auf eine mögliche Ansprache durch den MIT vorzubereiten, wurden durch den Verfassungsschutz Sensibilisierungsgespräche mit türkischen Oppositionellen geführt und sachverhaltsaufklärende Maßnahmen durchgeführt.
Im vergangenen Jahr hat der Niedersächsische Verfassungsschutz 27 Verdachtsfälle auf Cyberspionage bearbeitet. Zunächst besteht die Herausforderung darin, staatlich gesteuerte Cyberangriffe zu erkennen, diese einem Akteur zuzuordnen sowie gefährdete Stellen zu sensibilisieren. Zehn der Angriffe, deren Urheberschaft festgestellt werden konnte – und damit die weit überwiegende Anzahl – gingen von Russland aus.
Zielgerichtete Cyberangriffe werden durch staatlich gesteuerte, fortgeschrittene, gut organisierte und professionell ausgestattete Angreifer ausgeführt, verlaufen typischerweise in mehreren Phasen und sind sehr komplex in der Vorbereitung und Durchführung. Ziel solcher Angriffe ist es, sich möglichst lange unentdeckt in fremden IT-Systemen zu bewegen, um sensible Daten zum Zwecke der Spionage auszuleiten und/oder insbesondere kritische Infrastrukturen zu sabotieren.
Verfassungsschutzpräsident Pejril: „Wir sehen uns erheblichen Herausforderungen in der digitalen wie in der realen Welt ausgesetzt. Die klassische Spionage, die man mit dem Ende des Kalten Krieges fast nur noch in Spielfilmen wähnte, erlebt seit Jahren eine gefährliche Renaissance. Bei Cyberangriffen gilt es die Angriffsprofile auszuwerten und mögliche weitere Angriffsziele zu identifizieren. Hier sind präventive Maßnahmen das wirksamste Mittel. Darauf fokussieren wir uns im Wirtschaftsschutz bei der Beratung niedersächsischer Unternehmen.“
(c) IM Niedersachsen, 13.06.2024