Im Rahmen der Vorstellung der Jahresbilanz „Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst“ für das Jahr 2023 hat die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, zusammen mit Landespolizeidirektor Ralf Leopold sowie Landesbranddirektor Dieter Rohrberg das Lagebild „Gewalt gegen Einsatzkräfte 2023“ vorgestellt. Das durch das Landeskriminalamt Niedersachsen erstellte Lagebild befasst sich mit Vorfällen der Gewalt gegenüber Polizeikräften sowie Kräften der Feuerwehr und der Rettungsdienste.
Im Jahr 2023 ist die Anzahl der Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte gegenüber dem Vorjahr um einen Fall – auf nunmehr 4.467 Fälle – gestiegen. Die Anzahl der Opfer ist ebenfalls leicht gestiegen, vor allem Polizeikräfte sind betroffen. Im Bereich der Rettungsdienste wurde eine Steigerung um rund ein Prozent und damit ein neuer Höchststand verzeichnet. Bei der Feuerwehr ist ein vergleichsweise starker Rückgang der Opferzahlen um 25 Prozent festzustellen.
Ministerin Behrens erklärt: „Es ist sehr bedauerlich, dass sich unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren so entwickelt hat, dass es überhaupt eines solchen Lagebildes bedarf, aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Präventionsarbeit und unsere Maßnahmen nur dann bestmöglich organisieren können, wenn wir eine solide Datengrundlage haben. Das Lagebild zeigt, dass wir es im Jahr 2023 nicht mehr mit einem so starken Anstieg der Fallzahlen wie in den Vorjahren zu tun haben. Nichtsdestotrotz bleibt die Zahl der Angriffe auf diejenigen, die sich für unsere Sicherheit und unsere Gesundheit einsetzen, inakzeptabel hoch! Bemerkenswert ist zudem, dass wir es bei den Tatverdächtigen mehrheitlich mit erwachsenen, deutschen Männern zu tun haben, die bei der Ausübung der Angriffe häufig alkoholisiert sind.“
In den vergangenen zehn Jahren wurde in Niedersachsen keine Einsatzkraft bei Angriffen tödlich verletzt. Dennoch stagniert die Anwendung körperlicher Gewalt auf einem hohen Niveau. Die Anzahl der verletzten Einsatzkräfte ist insgesamt rückläufig. Am deutlichsten war der Rückgang prozentual bei den Rettungskräften, gefolgt von der Polizei. Bei der Feuerwehr stagniert die Anzahl bei zwölf. Bei der Anzahl der schwerverletzten Einsatzkräfte ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang von 13 auf zehn zu verzeichnen.
Ministerin Behrens hob hervor, wie wichtig und unerlässlich die Arbeit ist, die Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste leisten: „Gerade deshalb ist es absolut inakzeptabel, diese Menschen bei der Ausübung ihrer so wichtigen Tätigkeiten anzugreifen, während sie sich für die Sicherheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger einsetzen – sei es verbal, oder mit körperlicher Gewalt. Unsere Polizistinnen und Polizisten sind hervorragend ausgebildet und wissen, dass es ihre Aufgabe ist, auch in Konfliktsituationen einzuschreiten. Aber auch das hat Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen! Bei Feuerwehr und Rettungsdiensten kommt erschwerend hinzu, dass es sich oft um ehrenamtliche Einsatzkräfte handelt.“
Zur Verbesserung des Schutzes der Polizeibeamtinnen und -beamten wird bereits eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt: Neben der flächendeckenden Einführung von Bodycams wird eine hohe Priorität auf die Verfügbarkeit von persönlicher Schutzausstattung für jede Beamtin und jeden Beamten gelegt. Darüber hinaus wird die Nutzung geeigneter Führungs- und Einsatzmittel bei der Polizei Niedersachsen regelmäßig auf mögliche Verbesserungen hin überprüft. In den vergangenen Jahren wurden bereits umfangreiche Maßnahmen getroffen, die die Interventionsfähigkeit der Polizei optimieren. Diese Maßnahmen beinhalten u.a. auch die Erhöhung sichtbarer Präsenz an relevanten Örtlichkeiten, die Aufklärung in sozialen Medien und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.
„Eine entscheidende Lektion aus der vergangenen Silvesternacht 2023/2024 ist der deutlich intensivierte Austausch zwischen Polizei und Feuerwehren in Niedersachsen, den wir auch unterjährig fortsetzen“, so Ministerin Behrens weiter.
Mit der Einrichtung der Abteilung für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport zum Jahresbeginn 2024 wurde gleichzeitig eine Koordinierungsstelle „Gewalt gegen (nichtpolizeiliche) Einsatzkräfte“ etabliert.
Darüber hinaus werden die Nachsorgeangebote für Einsatzkräfte weiter implementiert, z.B. durch psychosoziale Notfallversorgung für haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte (PSNV-E). Die Ausbildung der Feuerwehrkräfte wird mit Blick auf die Themen Deeskalation und Kommunikation angepasst. Auch die Rettungsschulen in Niedersachsen bieten entsprechende Module an. Positive Erfahrungen mit Deeskalationstrainings für den Bereich der Rettungsdienste werden ausgewertet und für eine Ausweitung des Angebots genutzt.
„Neben all diesen bereits implementierten Maßnahmen zum Schutz von Einsatzkräften sowie deren Trainings, müssen aber auch die Ursachen für das Verhalten der meist männlichen Täter analysiert werden. Dafür sind ein interdisziplinärer Blick und eine breite gesellschaftliche Debatte notwendig“, so die Innenministerin. „Das Problem der Angriffe werden wir nicht alleine durch polizeiliche oder staatliche Maßnahmen lösen können. Vielmehr braucht es eine gesamtgesellschaftliche Ächtung dieses Verhaltens. Wir können und dürfen es nicht akzeptieren, dass einzelne ihren Frust und ihre Aggressionen an denen auslassen, die jeden Tag im Einsatz sind, um uns zu schützen und zu helfen!“
Das vollständige Lagebild „Gewalt gegen Einsatzkräfte 2023“ ist hier abrufbar.
(c) IM Niedersachsen, 08.08.2024