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Die Hessische Landesregierung hat einen 7-Punkte-Plan entwickelt, um der Kriminalität im Frankfurter Bahnhofsviertel entgegenzuwirken und die Situation der dort lebenden Menschen zu verbessern. Heute haben Innenminister Roman Poseck und Sozialministerin Heike Hofmann die Maßnahmen im Bahnhofsviertel vorgestellt. Zunächst haben die Minister das Video-Operation-Center in der Polizeidirektion Mitte besucht, um zu erfahren wie Künstliche Intelligenz zur Erkennung von Gesichtern künftig genutzt werden soll. Danach wurde am Beispiel der Münchner Straße aufgezeigt, welche rechtliche Schritte unternommen werden, um Dealerstrukturen aufzulösen. Abschließend besuchten die Minister das Diakoniezentrum WESER 5, um vorzustellen wie sich die Situation für Wohnsitzlose verbessern kann.
Innenminister Roman Poseck führte im Rahmen des Besuchs im Frankfurter Bahnhofsviertel aus: „Das Frankfurter Bahnhofsviertel hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem Kriminalitätsschwerpunkt entwickelt. Früher war es auch als Szene- und Ausgehviertel bekannt; heute überwiegen Drogenprobleme.
Das Land versucht, wo es möglich ist, zu unterstützen. Die Landes- und Stadtpolizei kooperieren eng zusammen, umdie Lage vor Ort zu verbessern. Erste Erfolge gibt es bereits: Die Polizeipräsenz haben wir seitens des Landes mit Unterstützung der Kräfte des Hessischen Polizeipräsidiums Einsatz massiv erhöht. Zuletzt im Rahmen der seit Februar 2024 andauernden Innenstadtoffensive. Für das Kaisertor wurde eine gemeinsame Sicherheitsstreife von Stadt und Land eingerichtet. Als Ansprechpersonen für Anwohner und Gewerbetreibende stehen seit Juni 2024 zwei Schutzmänner vor Ort zur Verfügung. Die zusätzlichen Polizisten sorgen für einen erhöhten Kontrolldruck und machen Straftätern deutlich, dass sie ihnen auf den Fersen sind. An den Razzien im Bahnhofsviertel halten wir fest. Seit dem Start der Innenstadtoffensive im Februar 2024 hat die Landespolizei insgesamt 26 Großkontrollen durchgeführt und dabei unter anderem knapp 3800 Personen kontrolliert und etwa 560 Strafanzeigen gefertigt. Erst gestern wurden im Rahmen einer Razzia 134 Personen kontrolliert und dabei unter anderem 29 Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, 2 Haftbefehle vollstreckt 18 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz und weitere 8 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt.
Seit Anfang 2024 sind Videoschutzanlagen im Bahnhofsviertel in Betrieb. Im Januar dieses Jahres wurde der Einsatzauf 24/7 ausgeweitet. Die Waffenverbotszone trägt zudem dazu bei, Waffen und Messer sicherzustellen, bevor diese eine Gefahr für Andere werden.
Dieses Bündel an Maßnahmen zeigt Wirkung: Rohheits-, Betrugsdelikte sowie Straßenprostitution prägen das Gebiet nicht mehr so sehr wie früher. Dennoch besteht weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere bei der in der Öffentlichkeit wahrnehmbaren Straßen- und Beschaffungskriminalität vor allem wegen der Droge „Crack“, die mit Schmutz und Verelendung des Stadtgebiets einhergeht. Im Jahr 2024 wurden 97 Prozent der insgesamt in Frankfurt festgestellten Crack-Handelsdelikte im Bahnhofsgebiet verzeichnet. Zuletzt wurden 86 Prozent der Fälle von Auswärtigen begangen. Die Stadt muss handeln und auf das veränderte Konsumverhalten reagieren. Denn Drogen sind Kriminalitätsbeschleuniger.
Mit einem 7-Punkte-Plan wollen wir als Hessische Landesregierung diesem entgegenwirken:
· Intensivierung der Kontrollen und des behördenübergreifenden Ansatzes für das Bahnhofsviertel: Neben erhöhter Polizeipräsenz, Razzien und aktivem Einsatz der Videoschutzanlagen finden Strukturermittlungen statt, auch durch verdeckte Verfahren. Dieser ganzheitliche Ansatz ermöglicht erfolgreiche strafrechtliche Ermittlungen gegen Dealer, das Aussprechen von Aufenthaltsverfügungen, die Einleitung von Strafanzeigen gemäß § 43b HSOG ab dem zweiten Verstoß gegen das Aufenthaltsverbot sowie die Prüfung von ausländerrechtlichen Maßnahmen. Die Polizei wird dadurch noch schlagkräftiger: Der Kontrolltag gegen eine Gruppe jamaikanischer Dealer in der Münchner Straße hat Wirkung gezeigt. Der aggressive Handel in der Münchner Straße seit der Festnahmeaktion vor gut zwei Wochen findet derzeit nicht mehr statt. Davon haben wir uns heute auch ein Bild vor Ort gemacht.
Unser Ziel ist es, das Frankfurter Bahnhofsgebiet maximal unattraktiv für Dealer zu machen. Damit verbunden soll das Viertel seine bundesweite Sogwirkung als Kriminalitätshotspot und für Drogentouristen Stück für Stück verlieren.
Dafür wird das Bahnhofsviertel künftig mit einem behördenübergreifenden Ansatz in den Blick genommen. Dabei betrachten wir polizeiliche Fragen genauso wie solche des Leistungs- oder Aufenthaltsrechts oder der Gesundheitsfürsorge. Hierdurch ist es möglich, die individuelle Lebenssituation der Betroffenen zu betrachten, gleichzeitig aber schnelle und koordinierte Reaktionen zu ermöglichen, um den Kreislauf aus Beschaffung, Konsum und Verelendung zu durchbrechen.
· Ausweitung der Strafen: Als erstes Land stellt Hessen wiederholte Verstöße gegen Aufenthaltsverbote künftig unter Strafe (§ 43b HSOG). Sie können auf Antrag der Behördenleitung verfolgt und mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Gleichzeitig weiten wir die Höchstdauer des Unterbindungsgewahrsams von 6 auf 12 Tage aus (§ 35 HSOG). Auch damit wird es für diejenigenungemütlicher, die Straftaten begehen wollen.
· Ausbau der Videoüberwachung: Mit dem neuen Polizeirecht haben wir die Voraussetzung für KI-unterstütze Videoschutzanlagen geschaffen. Damit stellen wir den Einsatzkräften einen computergestützten Assistenten zur Seite, der die Videoüberwachung noch intelligenter und effektiver macht (§ 14 Abs. 8 HSOG). Wir werden erste KI-gestützte Videoschutzmaßnahmen im ersten Halbjahr 2025 hier im Frankfurter Bahnhofsviertel zum Einsatz bringen. Die Polizei hat schon heute im Video-Operation-Center eindrucksvollgezeigt, wie KI insbesondere bei der Gesichtserkennung künftig unterstützen wird. Damit schlagen wir ein neues Kapitel der Kriminalitätsbekämpfung auf. Davon soll nicht nur das Bahnhofsviertel profitieren. Wir werden auch dafür sorgen, dass Videoschutzanlagen mit KI hessenweit an ausgewählten Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt wird.
Zudem wir die Kommunalpolizei zukünftig Body- Cams im öffentlichen Raum nutzen können. Darüber hinaus kann die Landespolizei Body-Cams zukünftig auch in Wohnungen einsetzen. Dadurch schützen wir diejenigen, die für die Sicherheit und Ordnung im Bahnhofsvierte kämpfen.“
Sozialministerin Heike Hofmann erklärte im Rahmen des Besuchs im Diakoniezentrum WESER 5: „Wenn wir über die Probleme im Bahnhofsviertel sprechen, dann sprechen wir über vielfältige Themen: Suchtkranke Menschen, Kriminalität, Armut und Wohnungslosigkeit. Es ist wichtig, dass wir als Landesregierung nicht nur die Folgen der genannten Probleme bekämpfen, sondern sie ganzheitlich betrachten und die Ursachen angehen. Armut, Suchtkrankheit und Wohnungslosigkeit können aus unserer Sicht vor allem präventiv bekämpft werden. Jeder Mensch, den wir mit präventiver Arbeit frühzeitig unterstützen, ist ein Mensch, der nicht in die Wohnungslosigkeit fällt, der kein höheres Risiko zu einer Suchterkrankung hat, der nicht Opfer von Drogendealern und anderen Kriminellen wird.“ Die Ministerin betonte zwei Punkte des Maßnahmenplans der Landesregierung:
· Verbesserung der Situation für Wohnsitzlose: Gemeinsam mit der Hessischen Fachkonferenz Wohnungslosenhilfe will die Landesregierung die Ergebnisse der amtlichen Wohnungslosenberichterstattung besser analysieren, um die Lebenssituation von wohnungslosen Personen intensiver zu beleuchten. Mit einer Begleitforschung könne die Planungsgrundlage für Politik und Verwaltung erheblich verbessert werden, betonte Ministerin Hofmann. In diesem Kontext kündigte sie an, dass die Landesregierung zeitnah einen Aktionsplan gegen Armut verabschieden werde, in dem das Thema Wohnungslosigkeit eine zentrale Rollespiele: „Teil dieses Aktionsplans wird ein Modellprojekt sein, das Menschen beim Übergang aus stationären Einrichtungen unterstützen soll. Nach Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken, der stationären Jugendhilfe oder auch in einer Haftanstalt steigt das Risiko, wohnungslos zu werden, an. Hier wollen wir Menschen bei der Suche nach einer Wohnung helfen“. Auch der „Housing first“-Ansatz sei ein vielversprechendes Modell, so die Ministerin weiter: „Wir sehen im Bahnhofsviertel, dass das Modell funktionieren kann. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dieses Modell zu prüfen. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir es auch hier unterstützen können.“
· Soziale und integrationspolitische Quartiersarbeit: Das Land Hessen unterstützt die Stadt Frankfurt bereits jetzt im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Gemeinwesenarbeit. „Wir werden diese Förderung auch in diesem und dem kommenden Jahr fortsetzen“, sagte Hofmann. „Darüber hinaus erfolgt eine Förderung des Landes über kommunalisierte soziale Hilfen. Diese wird im laufenden Jahr rund fünf Millionen Euro betragen.“
Innenminister Roman Poseck und Sozialministerin Heike Hofmann sind sich einig, dass eine langfristige Verbesserung des Frankfurter Bahnhofsviertels nur behördenübergreifend gelingen kann: „Mit den neuen Maßnahmen schaffen wir Synergieeffekte aus Sicherheits-, Sozial- und Gesundheitspolitik, die dazu beitragen werden, die Drogenprobleme einzudämmen, Menschen vor der Wohnungslosigkeit zu schützen und damit das Bahnhofsviertel sicherer zu machen. Doch das Land kann nicht allein für eine verbesserte Lage kämpfen, sondern braucht auch die städtische Unterstützung. Die Verbesserung der Lage im Bahnhofsviertel gelingt nur gemeinsam. Alle Beteiligten sind aufgerufen, in Sachen Bahnhofsviertel an einem Strang zu ziehen. Als Land Hessen werden wir unseren Beitrag auch in Zukunft mit einer konsequenten Linie und einem ganzheitlichen Beitrag leisten.
HMdI, 12.03.2025