Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am heutigen 7. Mai 2024 in Hamburg die Ministerkonferenz der Koalition europäischer Staaten gegen schwere und organisierte Kriminalität ausgerichtet. Diese Koalition bündelt ihre nationalen Anstrengungen bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und geht durch eine enge operative Zusammenarbeit gegen den organisierten Drogenhandel vor.
Deutschland gehört dieser Koalition neben Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Spanien an. Neu aufgenommen wurde heute Schweden. Neben Ministerinnen und Ministern aus diesen Staaten nahmen EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, Hamburgs Innensenator Andy Grote, der Präsident des Bundeskriminalamts Holger Münch, der Leiter des Zollkriminalamtes, Tino Igelmann, sowie Delegationen aus verschiedenen südamerikanischen Staaten an der Konferenz teil. Im Mittelpunkt standen die Themen Hafensicherheit und Resilienz logistischer Knotenpunkte, um massive Drogeneinfuhren – insbesondere von Kokain – aus Südamerika zu erkennen, zu stoppen und die Drogenkartelle zu zerschlagen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir wollen den Kampf gegen die internationalen Drogenkartelle noch stärker forcieren. Unsere große internationale Konferenz im Hamburger Hafen heute war sehr wichtig, um unsere Maßnahmen zu bündeln und gemeinsam für einen maximalen Ermittlungsdruck auf die Drogenkartelle zu sorgen.
Eine mit der Drogenkriminalität einhergehende massive Gewaltspirale, wie wir sie in manchen Staaten schon sehen, wollen wir in Deutschland unbedingt verhindern. Wie groß die Herausforderung ist, sehen wir an der Verdreifachung der Sicherstellungsmengen von Kokain allein im Hamburger Hafen in den letzten fünf Jahren. Das zeigt aber auch, dass unsere Behörden mehr kontrollieren und mehr finden. Wie stark wir handeln, zeigen auch über 1.700 vollstreckte Haftbefehle in den ‚EncroChat‘-Verfahren gegen die organisierte Kriminalität.
Wir müssen unsere Hochseehäfen so sicher machen, dass sie keine Einfallstore für tonnenweise Kokain mehr sein können. Dazu gehören: engmaschige Kontrollen, hohe Wachsamkeit und effektive Korruptionsprävention bei Unternehmen in den Häfen – und eine enge Zusammenarbeit aller Akteure von Zoll und Polizei bis zu Reedereien und Terminalbetreibern.
Klar ist aber auch: Wir müssen den Drogenhandel schon viel früher stoppen, bevor die großen Mengen an Kokain unsere Häfen erreichen. Wir müssen gegen die Hintermänner vorgehen, die Finanzströme aufdecken und die kriminellen Netzwerke zerschlagen. Deswegen handeln wir gemeinsam mit unseren europäischen und südamerikanischen Partnern. Hierfür haben wir mit der heutigen Hamburger Erklärung wichtige weitere Schritte vereinbart.“
Hamburger Erklärung
Die Ministerkonferenz verabschiedete eine gemeinsame Hamburger Erklärung, die insbesondere folgendes eng abgestimmtes Handeln vorsieht:
- Zerschlagung krimineller Netzwerke u.a. durch intensive Finanzermittlungen (Prinzip „follow the money“) zur Unterbrechung der kriminellen Geldströme, zur Aufdeckung von Hintermännern und Strukturen der Organisierten Kriminalität.
- Eine intensive Ermittlungszusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitstaaten in Südamerika, um die Drogenkriminalität bereits dort und entlang der gesamten Logistikkette effektiv einzudämmen und zu bekämpfen. Zentral ist hierfür der frühestmögliche umfassende Austausch von Erkenntnissen und, sofern möglich, gemeinsam geführte rechtsstaatliche Ermittlungsverfahren.
- Stärkung der logistischen Knotenpunkte u.a. durch die Europäische Hafenallianz, um mit starken Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen die Einfuhr von Drogen in die Europäische Union effektiv zu verhindern und Tätergruppierungen zu fassen. Hierzu gehört auch eine stärkere Korruptionsprävention bei Unternehmen in den Häfen. Die Zusammenarbeit von Zoll- und Strafverfolgungsbehörden sowie aller anderen öffentlichen und privaten Akteure, Reedereien und Terminalbetreiber in den Häfen soll vertieft werden.
Zahlen und Fakten
In den letzten Jahren sind die Sicherstellungsmengen insbesondere von Kokain aus Südamerika in Europa immer weiter gestiegen. Allein im Jahr 2023 wurden in Deutschland mindestens 43 Tonnen Kokain (davon allein rund 34 Tonnen im Hamburger Hafen), in den Niederlanden 59,1 Tonnen und in Belgien 116 Tonnen Kokain sichergestellt. Dabei sind die großen Häfen in Antwerpen, Rotterdam und Hamburg die Einfallstore für illegale Drogenimporte nach Europa.
Die größten aktuellen Ermittlungskomplexe sind die sog. EncroChat- und SkyECC-Verfahren, die durch die Entschlüsselung von Kommunikationsdaten von OK-Gruppierungen möglich wurden: Im Zusammenhang mit EncroChat konnten bisher 3.964 Ermittlungsverfahren eingeleitet und 1.708 Haftbefehle allein in Deutschland vollstreckt werden. Im Zusammenhang mit EncroChat konnten bisher 11,3 Tonnen Betäubungsmittel (Cannabis, Kokain, Heroin, synthetische Drogen) sichergestellt werden.
Im Zusammenhang mit SkyECC konnten bisher 750 Verfahren neu eingeleitet und 482 Haftbefehle allein in Deutschland vollstreckt werden. Im Zusammenhang mit SkyECC konnten bisher 33,7 Tonnen Betäubungsmittel (Cannabis, Kokain, Heroin, synthetische Drogen) sichergestellt werden.
Insgesamt haben die Chatverläufe bei EncroChat und SkyECC den Sicherheitsbehörden wichtige Einblicke in die Strukturen der Organisierten Kriminalität gebracht. Den Schwerpunkt bildete dabei der Rauschgifthandel und damit zusammenhängende Straftaten wie Waffen-, Gewalt-, Korruptionsdelikte und Geldwäsche.
Weitere Maßnahmen der Sicherheitsbehörden
Die Zusammenarbeit mit Herkunftsstaaten von Rauschgift wird weiter erheblich intensiviert. Hierzu ist Bundesinnenministerin Faeser kürzlich nach Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien gereist und hat mit allen vier Staaten eine engere operative polizeiliche Zusammenarbeit vereinbart, um den Drogenhandel noch konsequenter zu bekämpfen.
Deutschland ist Ende März 2024 dem Maritimen Analyse- und Operationszentrum gegen Rauschgiftkriminalität beigetreten. Das Zentrum mit Sitz in Lissabon ist eine Einrichtung der Strafverfolgungsbehörden der EU sowie weiterer Partner. Das Maritime Analyse- und Operationszentrum konnte allein im Jahr 2023 Rauchgifttransporte mit einem Marktwert von 5,5 Milliarden Euro unterbinden. Das Maritime Analyse- und Operationszentrum koordiniert bei den gemeinsamen Operationen zur Drogenbekämpfung in der Regel die Bereitstellung und den Einsatz von Schiffen und Flugzeugen. Der ermittlungsführende Staat entscheidet dann selbst, ob ein Zugriff erfolgen soll und wie die operativen Maßnahmen konkret ablaufen.
(c) BMI, 07.05.2024