In Hessen wurden im vergangenen Jahr 35 Extremisten waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen bzw. versagt. Davon verfügten 14 Personen ausschließlich über einen Kleinen Waffenschein, also die Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen. Von den 36 entzogenen Feuerwaffen waren 21 Kurz- und 15 Langwaffen. Von den 35 Personen gehören jeweils 14 Personen dem Rechtsextremismus und der Reichsbürgerszene an. Die übrigen Personen werden dem Islamismus (5) und den Bereichen Rechtsextremismus/Reichsbürger (1) und Delegitimierer (1) zugeordnet. In Hessen gibt es seit Jahren im Rahmen der gesetzlichen Maßgaben unter Koordinierung des Hessischen Innenministeriums eine enge Zusammenarbeit zwischen den Waffen- und Sicherheitsbehörden. Sie dient der Zusammenführung, Auswertung und waffenrechtlichen Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse. In Hessen werden die rechtlichen Spielräume maximal genutzt, damit dem Verfassungsschutz bekannte Extremisten auf legalem Wege nicht in den Besitz einer Waffe kommen oder sie diesenentzogen werden. 

Innenminister Roman Poseck: „Extremistische Gefahren fordern unsere Innere Sicherheit aktuell besonders heraus. Sie sind eine Bedrohung für unsere Demokratie. Deshalb gehen wir mit allen möglichen Mitteln konsequent gegen Extremisten und Verfassungsfeinde vor. Dem Verfassungsschutz bekannte Extremisten werden waffenrechtliche Erlaubnisse versagt oder entzogen. Diesen Weg gehen unsere Sicherheitsbehörden erfolgreich: So konnten die hessischen Waffenbehörden im zurückliegenden Jahr 2024 35 Verfassungsfeinden Waffenerlaubnisse versagen oder sie ihnen entziehen. Dabei sind insgesamt 36 Waffen eingezogen worden. Insbesondere den Rechtsextremismus und die Reichsbürgerszene, denen jeweils 14 Personen angehörten, haben wir damit weiter geschwächt. In den vergangenen drei Jahren gab es 121 Entziehungen und Versagungen bei Extremisten und Verfassungsfeinden, darunter wurden 206 Feuerwaffen durch hessische Waffenbehörden entzogen. Damit zeigen wir klare Kante, denn Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten und Verfassungsfeinden. Diesen Druck halten wir auch in diesem Jahr hoch. Ich bin den hessischen Sicherheits- und Waffenbehörden für ihr entschiedenes Vorgehen dankbar.

Der Verfassungsschutzbericht 2023 hat gezeigt, dass das Personenpotenzial bei Rechtsextremisten und Reichsbürger- und Selbstverwalter angestiegen ist. Auch die Zahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten stieg um 37 Prozent auf 1.445 Delikte an. Die Zahlen sind höchst alarmierend und unterstreichen, dass der Rechtsextremismus nach wie vor die größte Bedrohung für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ist. Deshalb wurde im Jahr 2019 die BAO Hessen R gegründet, die konzertierte Einsatzmaßnahmen gegen die rechte Szene durchführt. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus und aller anderen extremistischen Richtungen hat in Hessen höchste Priorität. Auch die neuen Möglichkeiten des Polizeirechts, zum Beispiel die Ausweitung des Unterbindungsgewahrsams, werden wir gezielt zur Abwehr extremistischer Gefahren einsetzen.“

Hintergrund zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit und zu Wohlverhaltensfristen

Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen ist kein Bürgerrecht. Vielmehr besteht hier ein grundsätzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Um eine Erlaubnis für den Umgang mit Waffen zu erhalten, müssen die Antragsteller u.  a. zuverlässig und geeignet sein.

Im Rahmen der Regelanfrage fragt die zuständige Waffenbehörde bei der für den Wohnsitz der betreffenden Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde an, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen. Zudem ist die zuständige Verfassungsschutzbehörde zur unverzüglichen Mitteilung an die zuständige Waffenbehörde verpflichtet, sofern sie im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit bedeutsame Erkenntnisse erlangt (sog. Nachberichtspflicht, § 5 Abs. 5 Satz 3 WaffG).

In der Praxis scheitern immer wieder Entziehungen von waffenrechtlichen Erlaubnissen an der kurzen 5-Jahresfristdes Waffengesetztes (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG). Nach deren Ablauf können Sachverhalte, die die Unzuverlässigkeit eines Antragstellers oder Erlaubnisinhabers begründen, diesem nicht mehr vorgehalten werden. Waffenrechtliche Erlaubnisse können dann nicht mehr wegen mangelnder Zuverlässigkeit widerrufen oder versagt werden. Unter die 5- Jahresfrist fallen u. a. Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal eine rechtskräftige Verurteilung zu einer geringeren Geldstrafe. Auch das Verfolgen von verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der letzten fünf Jahre bzw. die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung schließen eine waffenrechtliche Erlaubnis aus. Bei einer Mitgliedschaft in einem verbotenen Verein oder einer Partei besteht eine Wohlverhaltensfrist nach Ende der Mitgliedschaft von zehn Jahren.

Die Ermittlung der Sachverhalte, die eine Unzuverlässigkeit begründen können, ist oftmals aufwändig und zeitintensiv.Vor diesem Hintergrund erschweren die aktuellen Wohlverhaltensfristen die Versagung bzw. Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse von Extremisten. Für die effektive Gefahrenabwehr ist daher eine geringere Schwelle zur Versagung von Erlaubnissen und deren Entzug gegenüber Extremisten notwendig. Eine entsprechende Anpassung der Vorschriften über die Zuverlässigkeit im Waffenrecht ist ein Weg, Extremisten den legalen Besitz von Waffen leichter zu versagen.

HMdI, 30.01.2025

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