In einem Ermittlungsverfahren der Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW), unter anderem wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie Verstößen gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, haben Einsatzkräfte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Zollkriminalamtes (ZKA), der Polizei Berlin und der Steuerfahndung in den frühen Morgenstunden des 30. März 2022 mit rund 700 Einsatzkräften in Berlin, Mittenwalde, Schönefeld, Hamburg, Essen, Mannheim sowie Haßloch 39 Wohn- und Geschäftsobjekte durchsucht. Insgesamt richtet sich das Verfahren gegen 32 Beschuldigte, von denen sechs mit Unterstützung von Spezialeinheiten der Berliner Bereitschaftspolizei festgenommen wurden. Im Zuge der Einsatzmaßnahmen wurden in Vollziehung von drei Vermögensarresten und weiterer Sicherungsmaßnahmen 14 Konten, Bargeld und Vermögenswerte in Höhe ca. 1,9 Millionen Euro, sowie eine Gewerbeimmobilie gesichert.
Die Ermittlungen entstanden aus einem Hinweis der US-Amerikanischen Drug Enforcement Administration (DEA) im März 2018, wonach eine bis dahin unbekannte Person illegale Gewinne aus dem Handel mit Kokain sammeln, waschen und das auf diesem Wege legalisierte Geld an die Hintermänner im Ausland weiterleiten soll.
Der Hauptbeschuldige dieses Ermittlungsverfahrens ist ein 46 Jahre alter Beschuldigter aus Berlin. Er ist dringend verdächtig, als sogenannter Groß-Hawaladar ein international agierendes Hawala-System betrieben und so einer Vielzahl von Kunden die Möglichkeit geboten zu haben, gegen Zahlung einer Provision Geldüberweisungen außerhalb des staatlich genehmigten Banken- und Finanzwesens – insbesondere von Deutschland in den Libanon – vorzunehmen. Zudem besteht der Verdacht, dass Gelder aus Straftaten Dritter gewaschen oder diesen für die Begehung anderer Straftaten zur Verfügung gestellt wurden.
Der Hauptbeschuldigte entschied mutmaßlich über die Eingliederung von Personen in das Netzwerk, koordinierte dessen Geldflüsse und gewährleistete den Ausgleich der Liquidität zwischen den verschiedenen Ein- und Auszahlstellen, sogenannten Zahlungsbüros, in Deutschland und dem Libanon. Das auf diese Art und Weise bewegte Transaktionsvolumen betrug nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen für den Zeitraum seit November 2018 rund 165 Millionen Euro.
Der Ausgleich der Bargeldbestände in den deutschen Zahlungsbüros auf der einen Seite und den Zahlungsbüros im Libanon auf der anderen Seite erfolgt unter anderem durch den Transfer von Geldern für sogenannte Rückwärtskunden.
Einer dieser Kunden, ein 42-jähriger Autohändler, steht im Verdacht, mit gebrauchten Lastkraftwagen aus überwiegend osteuropäischen Staaten gehandelt, diese anschließend nach Afrika exportiert und dort veräußert zu haben. In Zusammenarbeit mit einem weiteren Beschuldigten sollen die Erlöse auf noch unbekanntem Weg in den Libanon transferiert und dort wiederum den Zahlungsbüros zugeführt worden sein. Für den Erwerb der Lastkraftwagen erhielt der beschuldigte Autohändler von dem 46-jährigen Haupttäter zwischen Januar 2019 und Juni 2020 mindestens 3,4 Millionen Euro Bargeld.
Im Laufe der Ermittlungen konnten zudem drei weitere Personen identifiziert werden, die offenbar ein weiteres Hawala-System betrieben haben, welches für den Kauf der genannten Lastkraftwagen in Anspruch genommen worden ist.
Den übrigen Beschuldigten wird – in unterschiedlichem Umfang – die Beteiligung an der kriminellen Vereinigung, jeweils in Tateinheit mit der Erbringung unerlaubter Zahlungsdienste, vorgeworfen. Sie fungierten nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen in nachgeordneter Funktion als Betreiber von Zahlungsbüros, sammelten Gelder ein oder transportierten diese als Kuriere beziehungsweise waren damit betraut, durch staatliche Stellen beschlagnahmte Gelder unter Vortäuschung einer legalen Herkunft wiederzuerlangen. Im Vorfeld der Maßnahmen wurden von der ZeOS NRW gegen acht Beschuldigte Haftbefehle erwirkt. Die Beschuldigten werden im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der aufgefundenen Beweismittel, dauern an.
Quelle: Bundeskriminalamt, Pressemitteilung vom 30. März 2022