Am Freitag ist in Münster Malte C. seinen Verletzungen nach einem brutalen Angriff beim Christopher Street Day erlegen. Diese und weitere Taten zeigen auf schreckliche Weise, wie wichtig der Kampf gegen queerfeindliche Hasskriminalität ist. Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, Queerfeindlichkeit und Gewalt entschlossen entgegenzuwirken.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Die furchtbare Gewalttat beim Christopher Street Day in Münster macht mich fassungslos und traurig. Wir trauern um einen jungen Menschen, der große Zivilcourage gezeigt hat. Dieses Hassverbrechen muss mit aller Härte verfolgt werden. Es zeigt, welch entsetzliche Folgen Hass und Gewalt gegen queere Menschen haben können. Wir stellen uns als Bundesregierung konsequent gegen Diskriminierung und Gewalt. Jeder Mensch muss in unserer Gesellschaft frei und sicher leben können.
Queerfeindliche Hasskriminalität muss präzise erfasst und als solche klar benannt und verurteilt werden. Das Ausmaß von queerfeindlicher Gewalt muss sichtbar werden, die Betroffenen müssen ernst genommen werden. Deswegen haben wir die Erfassung in den Polizeistatistiken verfeinert. Wir gehen aber immer noch von einem großen Dunkelfeld aus, das wir ans Licht bringen müssen, um den Betroffenen helfen zu können. Deshalb müssen wir das Bewusstsein überall in unserer Gesellschaft schärfen. Es ist sehr wichtig, bei diesen menschenfeindlichen Taten genau hinzuschauen, diese klar zu erkennen, zu benennen und konsequent bei der Polizei anzuzeigen. An mehr Bewusstsein, Sensibilität und Unterstützung der Betroffenen arbeiten wir sehr intensiv – gemeinsam mit der LSBTIQ-Gemeinschaft und Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis.“
Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter): „Der tödliche Angriff auf Malte und die große gesellschaftlichen Anteilnahme bewegen mich sehr. Dieses Hassverbrechen darf und wird uns aber nicht hilflos zurücklassen. Es muss die gesamte Gesellschaft und Politik auf allen Ebenen aufrütteln, LSBTIQ stärker gegen Anfeindungen zu schützen. Ich freue mich, dass Innenministerin Faeser nun das Gremium gegen anti-queere Gewalt auf den Weg bringt. Gleichzeitig arbeiten wir am ersten Aktionsplan der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und gegen Queerfeindlichkeit, den wir noch in diesem Jahr beschließen wollen. Bislang haben wir zu wenige offizielle Informationen zum Tatverdächtigen von Münster, um ein abschließendes Urteil zu bilden. Ich erwarte von den Strafverfolgungsbehörden eine lückenlose und schnelle Aufklärung. Wir müssen das Problem der Hasskriminalität gegen LGBTIQ auf allen Ebenen viel ernster nehmen.“
Bei den registrierten LSBTI-feindlichen Straftaten haben die Polizeibehörden Jahr 2021 eine deutliche Steigerung festgestellt: Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung sind um rund 50 Prozent auf 870 Delikte angestiegen. Im Themenfeld „Geschlecht oder sexuelle Identität“ sogar um 66 Prozent auf 340 Delikte. Es ist zu befürchten, dass es in diesem Bereich eine besonders hohe Dunkelziffer gibt.
Für den 20. September 2022 hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) zur Auftaktsitzung des Arbeitsgremiums „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“ eingeladen. Damit richtet das BMI ein unabhängiges Expertengremium aus Wissenschaft, Praxis und LSBTI-Gemeinschaft ein. Dieses wird über konkrete Handlungsempfehlungen beraten. Insbesondere wird es darum gehen, wie das Hellfeld vergrößert werden kann, und welche Möglichkeiten bestehen, die Sensibilität und Prävention in Bezug auf homo- und transfeindliche Taten zu vergrößern.
Queerfeindliche Beweggründe sollen in der Gesetzgebung zu Hasskriminalität explizit aufgenommen werden. Das Bundesjustizministerium hat bereits einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ wird neben Einzelprojekten seit 2020 ein eigenes Kompetenznetzwerk im Themenfeld Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit gefördert. Dieses bündelt bundesweit Informationen, stellt fachliche Beratung bereit und soll einen Transfer von erfolgreichen Präventionsansätzen in Bundes-, Landes- und kommunale Strukturen gewährleisten.
Die Prävention und Bekämpfung von Hasskriminalität wird auch ein Thema in dem im Koalitionsvertrag vereinbarten ressortübergreifenden Aktionsplan der Bundesregierung für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt sein. Die Erstellung und Umsetzung des Aktionsplans wird im Bundesfamilienministerium und vom Queer-Beauftragten koordiniert und soll noch in diesem Jahr im Kabinett verabschiedet werden. Ein Entwurf befindet sich in der Ressortabstimmung und Verbändebeteiligung. Zudem wurden im Sommer die Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt, mit denen die Bundesregierung das in Teilen menschenrechtswidrige Transsexuellengesetz ersetzen will. Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen werden künftig die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen.
Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat, Pressemitteilung vom 5. September 2022