In Brandenburg sind im vergangenen Jahr erheblich mehr politisch motivierte Straftaten verübt worden. Das geht aus der Bilanz für 2021 hervor, wie Innenminister Michael Stübgen und Polizeipräsident Oliver Stepien heute aus Anlass der Veröffentlichung der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) in Potsdam mitteilten. Insgesamt wurden 3.661 politisch motivierte Straftaten gezählt, ein Anstieg um 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Fallzahlen liegen damit 20 Jahre nach Einführung des Definitionssystem PMK auf dem höchsten Stand.
Innenminister Stübgen: „Politisch motivierte Kriminalität in Brandenburg hat im vergangenen Jahr einen traurigen Rekord erreicht. Dabei prägen zwei Faktoren die Bilanz maßgeblich: Die Bundestagswahl und das zweite Corona-Pandemiejahr. Sie sind Haupttreiber einer Entwicklung, die uns als Gesellschaft zu tiefst beunruhigen muss. Politische Überzeugung findet in Wahlen Ausdruck. Das ist das Wesen der Demokratie. Wer aber seinen Hass gegenüber politisch Andersdenkenden durch Sachbeschädigung, Beleidigung oder gar Gewalt ausdrückt, tritt die Demokratie mit Füßen. Das darf der Rechtsstaat nicht dulden. Gerade auch, wenn es um Bedrohungen gegenüber Amts- und Mandatsträgern geht. Eine Studie, die sich erstmals mit der Analyse dieser zunehmenden Belastung unseres demokratischen Fundaments befasst, werden wir in Kürze vorstellen.“
Polizeipräsident Oliver Stepien: „Im letzten Jahr registrierten wir einen Höchststand an politisch motivierten Straftaten im Land Brandenburg seit Einführung des Definitionssystems PMK im Jahr 2001. Allein im Vergleich zum Jahr 2020 ist die Zahl der registrierten politisch motivierten Straftaten um über 60 Prozent gestiegen. Die Hauptursachen dafür sind Straftaten im Begründungszusammenhang mit der Corona-Pandemie und im Zusammenhang mit der Bundestagswahl. Besonders sorgenvoll sehe ich den erheblichen Anstieg bei politisch motivierten Gewaltdelikten um über 75 Prozent gegenüber dem Jahr 2020. Die Polizei wird bei der Bekämpfung dessen auch zukünftig ihren Beitrag leisten. Aber diesen Entwicklungen muss in allen Teilen der Gesellschaft deutlich entgegengewirkt werden.“
Die Entwicklung der Politisch motivierten Kriminalität im Überblick
Von den 3.661 Fällen Politisch motivierter Kriminalität des vergangenen Jahres sind insgesamt 1.813 Fälle der PMK -rechts- (2020: 1.750; + 4 %) sowie 386 Fälle der PMK -links- (2020: 168; + 130 %) zuzuordnen. Es wurden 27 Fälle im Bereich der PMK -religiöse Ideologie- (2020: 34; – 21 %) und sechs Fälle im Bereich der PMK -ausländische Ideologie- (2020: 8; – 25 %) im Jahr 2021 festgestellt. 1.429 politisch motivierte Straftaten wurden registriert, die keinem der vorgenannten Bereiche zugeordnet werden konnten (2020: 290; + 393 %).
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 179 politisch motivierte Gewaltdelikte (2020: 101) registriert, davon 108 aus dem Phänomenbereich PMK -rechts- (2020: 69) und 18 Fälle der PMK -links- (2020: 12). Darüber hinaus wurden vier Gewaltdelikte im Bereich der PMK -religiöse Ideologie- (2020: 2) festgestellt. 49 registrierte Gewaltdelikte konnten keinem der vorgenannten Bereiche zugeordnet werden (2020: 18). Im Bereich der PMK -ausländische Ideologie- waren wie im Vorjahr keine Gewaltdelikte zu konstatieren. Damit ist das Straftatenaufkommen im Bereich der politisch motivierten Gewaltkriminalität im Vergleich zum Vorjahr um 78 Fälle (+ 77 %) gestiegen.
Die Aufklärungsquote ist 2021 leicht gesunken. 52,5 % aller im Jahr 2021 registrierten politisch motivierten Straftaten wurden aufgeklärt. Im Jahr 2020 waren es 56,7 %. Somit ist ein Rückgang der Aufklärungsquote um 4,3% zu konstatieren. Ohne die Wahlstraftaten beträgt die Aufklärungsquote 59,3%. Die Aufklärungsquote im Bereich der Gewaltkriminalität liegt mit 81 % knapp unter dem Niveau des Vorjahres (82,2 %).
Corona-Pandemie
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind 818 Straftaten (2020: 120) festgestellt worden, darunter 36 Gewaltdelikte (2020: 20). 70 (2020: 43) Straftaten, davon neun (2020: sechs) Gewaltdelikte, sind in diesem Zusammenhang dem Phänomenbereich PMK -rechts- und neun (2020: sieben) Straftaten, davon kein (2020: drei) Gewaltdelikt, der PMK -links- zuzuordnen. Ein Gewaltdelikt kann dem Phänomenbereich PMK -religiöse Ideologie- zugeordnet werden. 738 (2020: 70) Straftaten, davon 26 (2020: elf) Gewaltdelikte, sind keinem der vorgenannten Phänomenbereiche zuzuordnen.
Darüber hinaus wurden 361 Straftaten im Zusammenhang mit gefälschten Impf-/Testnachweisen/QR-Codes klassifiziert (davon 2 Straftaten im Phänomenbereich PMK -rechts- und alle anderen Fälle im Phänomenbereich -nicht zuzuordnen-).
Zudem waren Verstöße gegen das Versammlungsgesetz mit 242 Fällen die zweithäufigste Deliktsgruppe. 50 Straftaten (davon 25 Gewaltdelikte) wurden zum Nachteil von Polizeibeamten und 33 Straftaten (davon kein Gewaltdelikt) zum Nachteil von Amts- oder Mandatsträgern erfasst.
Die Aufklärungsquote bei Straftaten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie liegt bei 68,2 %. Bei Straftaten im Zusammenhang mit gefälschten Impf-/Testnachweisen/QR-Codes liegt die Aufklärungsquote bei 96,7 %.
Bundestagswahl
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 619 Straftaten im Zusammenhang mit der Bundestagswahl registriert. 65 Straftaten wurden dem Phänomenbereich PMK -rechts- und 190 der PMK -links- zugeordnet. 364 Straftaten können keinem spezifischen Phänomenbereich zugeordneten werden. Der Anteil von Sachbeschädigungsdelikten betrug dabei 78,2% (484 Fälle), Diebstahlshandlungen insgesamt 11,3 % (70 Fälle). Sieben Gewaltdelikte hatten einen Bezug zur Bundestagswahl.
Antisemitische Straftaten
Im letzten Jahr wurden 150 antisemitische Straftaten registriert (2020: 147), darunter waren drei Gewaltdelikte (2020: 6). 50 dieser Straftaten wurden im Jahr 2021 im Internet begangen (2020: 54), wobei 28 dieser Taten Hasspostings waren (2020: 42).
Amts-und Mandatsträger
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 303 Straftaten gegen Amts- und/oder Mandatsträger und/oder Parteirepräsentanten registriert (2020: 136). Davon waren 96 im Begründungszusammenhang mit der Bundestagswahl, 33 mit der Corona Pandemie, 82 Fälle im Internet und davon 20 Fälle von Hasspostings, zu verzeichnen. Von den 303 Straftaten wurden 47 Fälle im Phänomenbereich PMK -rechts-, 83 Fälle im Phänomenbereich PMK -links- und 173 Fälle im Phänomenbereich PMK -nicht zuzuordnen- registriert. Die häufigsten Taten stellen dabei Beleidigungs-, Nötigungs-, Bedrohungs- und Sachbeschädigungsdelikte dar. In zehn Fällen wurden Gewaltdelikte (acht PMK -links- und zwei PMK -nicht zuzuordnen-) registriert.
Quelle: Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg, Pressemitteilung vom 21. März 2022