Die polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld des Fußballbundesliga-Spiels des VfL Wolfsburg gegen Werder Bremen am vergangenen Sonnabend (06.08.2022) haben dazu geführt, dass das Landespolizeipräsidium im Auftrag des Niedersächsischen Ministers für Inneres und Sport, Boris Pistorius, die zuständige Polizeidirektion (PD) Braunschweig um einen Bericht zum Einsatz gebeten hat. Jetzt liegen die Ergebnisse dieser Auswertung durch das Landespolizeipräsidium vor. Im Mittelpunkt der Prüfung stand die Frage, ob die „Kontrollstelle“ am Wolfsburger Bahnhof so hätte eingerichtet werden dürfen.
Im Vorfeld des Spieles gab es seitens der Einsatzleitung der Polizeiinspektion (PI) Wolfsburg-Helmstedt gesicherte Erkenntnisse, dass es zum Abbrennen von Pyrotechnik innerhalb des Stadions kommen könnte. Vor diesem Hintergrund hatte die einsatzführende PI Wolfsburg-Helmstedt Durchsuchungsmaßnahmen vorgenommen, um Pyrotechnik bei klar definierten Personengruppen, insbesondere bestimmten Ultra-Gruppierungen, sicherzustellen. Das ist grundsätzlich rechtlich zulässig, wenn entsprechende Erkenntnisse vorliegen und durch diese Maßnahmen das Abbrennen von sogenannten Bengalos, Rauchtöpfen oder anderer Pyrotechnik verhindert werden kann, insbesondere um die Gesundheit der Stadionbesucher zu schützen. Festzuhalten ist auch, dass es letztlich nicht zum Abbrennen von Pyrotechnik während des Spiels gekommen ist.
Die PI Wolfsburg/Helmstedt hat ihre Maßnahmen am Bahnhof Wolfsburg allerdings selbst als „Kontrollstelle“ bezeichnet. An einer solchen „Kontrollstelle“ müssen sich nach § 14 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) nicht nur bestimmte verdächtige Personen, sondern alle Passantinnen und Passanten durchsuchen lassen.
Dafür lagen in dem konkreten Fall nicht die notwendigen Voraussetzungen vor – weder im Hinblick auf die Gefahr der Verwendung von Pyrotechnik im Stadion, noch hinsichtlich möglicher körperlicher Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen. Denn eine Voraussetzung des § 14 NPOG ist, dass von der Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung wie etwa schweren Körperverletzungen oder Landfriedensbruch ausgegangen werden kann. Eine solche Einschätzung wäre in diesem konkreten Fall nach Prüfung des Landespolizeipräsidiums zu weitgehend gewesen.
Die PD Braunschweig hat berichtet, dass die Kontrollmaßnahmen tatsächlich so durchgeführt wurden, dass davon nur szeneangehörige Personen betroffen waren. Unbeteiligte sowie die große Mehrzahl der Gästefans hätten die eingerichtete Stelle ohne Kontrolle passieren können. Zudem wurde seitens der PD Braunschweig eingeräumt, dass die ersten Durchsagen und mögliche Aufenthaltsverbote zunächst zu pauschal waren; allerdings wurden die Durchsagen nach einiger Zeit korrigiert.
Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagt: „Zur Fehlerkultur in einer modernen Polizei gehört auch, dass entsprechende Fehler erkannt und benannt werden. Nur so kann man es zukünftig besser machen. Darum hatte ich bereits am Tag nach dem Spiel den jetzt ausgewerteten Bericht angefordert. Die Prüfung hat ergeben, dass die Gefahrenprognose und die Maßnahmen der Polizei grundsätzlich zutreffend waren und lediglich der gewählte Rahmen einer Kontrollstelle nicht richtig war. Die konkreten Hinweise des Landespolizeipräsidiums werden jetzt im engen und vertrauensvollen Austausch erörtert. Ich habe in dieser Woche auch mit Vertretern des VfL Wolfsburg und von Werder Bremen gesprochen. Sollten Fans aufgrund der so nicht rechtmäßigen Maßnahme zu Unrecht durchsucht worden sein, entschuldigen wir uns dafür. Das Innenministerium hat großes Interesse daran, dass die Einsätze im Umfeld von Fußballspielen möglichst reibungslos verlaufen und optimiert dazu bereits seit Jahren den Austausch zwischen Fans, Vereinen und Polizei, etwa durch die ‚Stadionallianzen‘. In diesem Rahmen werden sich in der kommenden Woche erneut die niedersächsischen Vereine der oberen Ligen, auch der VfL Wolfsburg, bei einem zweitägigen Treffen in Hannover austauschen.“
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Pressemitteilung vom 12. August 2022