Im Rahmen der 220. Sitzung befassten sich die Mitglieder der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 6. bis 8. Dezember 2023 insbesondere mit den Auswirkungen internationaler Ereignisse und Krisen auf die Innere Sicherheit in Deutschland.
„Am 7. Oktober 2023 greift die Hamas Israel mit einem unvorstellbaren Terrorakt an – entführt, misshandelt, vergewaltigt und mordet – eine Zäsur in der Geschichte. Die IMK verurteilt diesen abscheulichen und menschenverachtenden Angriff auf das Schärfste. Wir stellen uns gemeinsam dem Hass entgegen, er darf sich hier nicht fortsetzen. Wer ihn auslebt, greift die Grundfesten unseres Miteinanders an und muss sich im Klaren sein, dass wir uns als Rechtsstaat dem unnachgiebig und mit aller Konsequenz entgegenstellen. Der Schutz israelischen und jüdischen Lebens hat absolute Priorität. Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“, sagte Iris Spranger, Berliner Senatorin für Inneres und Sport sowie Vorsitzende der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK).
Die IMK spricht den Polizeien in Deutschland ihren tiefen Dank für ihren unermüdlichen Einsatz zum Schutz jüdischen und israelischen Lebens aus und hat in diesem Kontext einen umfassenden Beschluss verabschiedet – von der Intensivierung von Präventionsmaßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus, über konsequente Strafverfolgung im Netz und der Abschaltung radikal-islamischer Social Media Accounts bis hin zur Prüfung und Umsetzung weiterer Betätigungs- und Vereinsverbote. Mit ihrem Beschluss bittet die IMK zudem das Bundesministerium des Innern und für Heimat, Einbürgerungstests um Fragen zur besonderen Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland und zum Existenzrecht Israels zu ergänzen.
Sie begrüßt die Absicht der Bundesregierung, durch den neuen § 10 Absatz 1 Satz 3 Staatsangehörigkeitsgesetz im Rahmen von Einbürgerungsverfahren sicherzustellen, dass Personen mit antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Einstellung keinen Anspruch auf Einbürgerung haben. Auch sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausweisung von Menschen überprüft werden, die zwar assoziationsberechtigt sind oder über einen Schutzstatus verfügen, aber zugleich die öffentliche Sicherheit schwerwiegend beeinträchtigen.
Die Ehrengäste, der Botschafter der Staates Israel, Ron Prosor, und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, spiegelten im Austausch mit den Mitgliedern der IMK die Ängste und Befürchtungen israelischer und jüdischer Menschen in Deutschland wider. Sie unterstrichen in den Vorträgen und der Diskussion die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung für ein freies und sicheres Leben in Deutschland und bedankten sich ausdrücklich für die umfangreichen Schutzmaßnahmen genau hierfür.
IMK-Vorsitzende Iris Spranger sagte hierzu: „Wir danken den Ehrengästen für die Einblicke, die sie uns heute gewährt haben, und bekräftigen nochmals unser Bekenntnis zu israelischem und jüdischem Leben in Deutschland. Wir garantieren, alles in unser Macht Stehende für dessen Freiheit und Sicherheit zu tun.“
Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat, stellte heraus:„Diese Innenministerkonferenz war geprägt von den erheblichen Auswirkungen, die die Situation in Israel und Gaza auf unsere Sicherheitslage hat. Ich bin dankbar für die große Einigkeit und Geschlossenheit. Bund und Länder handeln gemeinsam, um Antisemitismus und Islamismus zu bekämpfen. Wir stehen eng an der Seite der jüdischen Gemeinschaft und an der Seite Israels.
Von dieser Innenministerkonferenz geht ein klares Signal aus: Jüdisches Leben steht unter dem besonderen Schutz unseres Staates. Wir tun alles für die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in unserem Land.
Wir haben die verschärfte Bedrohungslage durch islamistischen Terror genau im Blick. Vor allem müssen wir weitere Radikalisierungsprozesse stoppen. Deshalb gehen wir so stark gegen islamistische Terrorpropaganda vor, die Hass und Gewalt befeuern soll. Und wir werden auch weiterhin islamistische Gruppierungen zerschlagen. Diese harte Gangart gegen Islamisten setzen wir gemeinsam fort.“
Andy Grote, Hamburgs Senator für Inneres und Sport sowie Sprecher der A-Länder, ergänzte: „Das jüdische Leben in Deutschland steht unter dem besonderen Schutz des Staates. Dieses Versprechen ist Teil des Wertefundaments unseres Staates. Das muss jeder akzeptieren, der hier leben will. Dieses Versprechen lösen unsere Sicherheitsbehörden und insbesondere unsere Polizistinnen und Polizisten Tag für Tag ein. Wir sind uns als IMK sehr einig, dass wir diesen Kurs entschlossen fortsetzen und insbesondere jede Form von Antisemitismus und Islamismus auf allen Ebenen konsequent bekämpfen. Hierzu gehören ein kompromissloses Vorgehen gegen islamistische Netzwerke und Strukturen, einschließlich der Abschaltung entsprechender Kanäle in den sozialen Netzwerken, und verbesserte rechtliche Möglichkeiten zur Aufenthaltsbeendigung.“
Peter Beuth, Hessischer Minister des Innern und für Sport sowie Sprecher der B-Länder, hob den gemeinsamen Schulterschluss gegen Antisemitismus hervor: „Jüdisches Leben steht in Deutschland unter dem besonderen Schutz des Staates. Von der Innenministerkonferenz geht ein klares und geschlossenes Signal gegen Hass, Gewalt und Hetze und ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels aus.
Es ist nicht hinnehmbar, wenn Demonstranten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in unserem Land missbrauchen, um auf unseren Straßen ungehemmt israelfeindliche, antisemitische und gewaltverherrlichende Parolen zu skandieren. Deshalb müssen weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Äußerungen, Symbole, Motive oder Aufrufe zu verbieten, die gegen die Sicherheit oder gar den Bestand des Staates Israel gerichtet sind. Analog zur letzten Justizministerkonferenz soll die Innenministerkonferenz die Bundesregierung um eine Prüfung bitten, ob und inwieweit das geltende Strafrecht angesichts der aktuellen Geschehnisse angepasst werden muss. Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz.“
Im Kontext der internationalen Ereignisse mit Auswirkungen auf die Innere Sicherheit hat sich die IMK auch intensiv mit migrationspolitischen Fragen auseinandergesetzt. Die IMK begrüßt vor dem Hintergrund deutlich gestiegener Zugangszahlen die gesetzlichen Vorhaben zur Verbesserung der Rückführung und die Fortsetzung der wieder eingeführten Binnengrenzkontrollen über den 15. Dezember 2023 hinaus. Diese zeigten jüngst Wirkung.
„Nachdem der Bund nach langem Zögern und auf Druck der Länder ab Mitte Oktober endlich Grenzkontrollen an besonders belasteten deutschen Landesgrenzen eingeführt hat, ist nunmehr ein spürbarer Rückgang des illegalen Migrationsgeschehens feststellbar. Es zeigt sich, dass die Forderungen aus dem Kreise der IMK-Frühjahrskonferenz gewirkt haben. Die Innenministerinnen und Innenminister begrüßen nun, dass Grenzkontrollen und Fahndungsmaßnahmen weiter konsequent fortgeführt werden. Bis zu einer Neuregelung des europäischen Asylsystems muss der Bund die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten legislativ sowie im Vollzug durch die Bundespolizei im weitest möglichen Umfang weiter nutzen. Zuletzt hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Zurückweisungen an den EU-Binnengrenzen rechtswidrig seien.
Die Bundesregierung ist daher aufgefordert, gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten eine Änderung der Rechtsgrundlagen im europäischen Asylrecht herbeizuführen, damit illegale Einreisen künftig bereits an den EU-Binnengrenzen verhindert werden können“, sagte Peter Beuth, der Sprecher der B-Länder.
Die IMK spricht sich zudem für eine Erweiterung der Fälle des Ausweisungsinteresses in § 54 Aufenthaltsgesetz vor allem um die Tatbestände des Landfriedensbruchs, des schweren Landfriedensbruchs und der Volksverhetzung aus, um Ausweisungen von an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligten Personen zu erleichtern.
Die IMK hat den Deliktsbereich des Landfriedensbruchs auch in einem weitergehenden Kontext betrachtet. Vor dem Hintergrund der jüngsten gewalttätigen Ausschreitungen in deutschen Fußballstadien mit verletzten Dritten und Einsatzkräften der Polizei, zeigte sich die IMK besorgt über das Ausmaß an Gewaltbereitschaft. Die IMK fordert die Vereine und die Deutsche Fußballliga auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die Richtlinien der Deutschen Fußballbundes zur Verbesserung der Sicherheit in Fußballstadien konsequent und umfänglich umzusetzen. Die aktuelle Entwicklung soll ein Schwerpunkt der nächsten Sitzung der Sportministerkonferenz werden.
Sprecher der A-Länder, Andy Grote, stellte klar: „Es ist unerträglich, dass es bei Fußballspielen regelmäßig zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt und Polizistinnen und Polizisten jedes Wochenende den Kopf hinhalten müssen, um Stadionbesucherinnen und -besucher zu schützen. Noch unerträglicher ist es, dass Polizistinnen und Polizisten hierbei immer wieder zum Teil schwere Verletzungen davontragen und anschließend von manchem Beteiligten noch zum Teil des Problems erklärt werden. Es wird höchste Zeit, dass wir der kleinen gewalttätigen Minderheit in unseren Stadien konsequent die rote Karte zeigen.“
Fester Bestandteil der Inneren Sicherheit ist auch der Schutz kritischer Infrastruktur. Die IMK hat sich dessen daher auch in ihrer Herbstsitzung intensiv angenommen. Insbesondere die Verbesserung der Sicherheit an Flughäfen wurde aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für die öffentliche Sicherheit erörtert. Die IMK spricht sich daher für eine Verschärfung der gesetzlichen Sicherheitsstandards unter anderem durch die Anpassung der gesetzlichen Vorgaben im Luftsicherheitsrecht aus. Ziel sind verbesserte, bundesweit einheitliche Standards bei der Sicherung von Flughäfen, um das Eindringen unberechtigter Personen zu verhindern. Die IMK hält es für erforderlich, die Blockaden kritischer Infrastruktur – zuletzt unter anderem durch Aktivistinnen und Aktivisten der „Letzten Generation“ – deutlich härter als bisher zu ahnden und die Rechtslage entsprechend anzupassen.
Sprecher der A-Länder, Andy Grote, hielt fest: „Wir haben in diesem Jahr mehrfach feststellen müssen, dass die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen das Eindringen von Unberechtigten nicht wirksam genug verhindern. Neben den Anstrengungen, die von Seiten der Flughafenbetreiber zum Teil bereits unternommen werden, ist es wichtig, die Sicherheitsstandards bundesweit einheitlich zu erhöhen. Darüber hinaus geht es auch darum, dass die Verantwortlichen von stundenlangen Blockaden und Unterbrechungen des Flugverkehrs für die Auswirkungen ihrer Taten spürbarer als bisher zur Rechenschaft gezogen werden. Hier muss das Strafrecht nachgeschärft werden.“
Die seitens der Bundesregierung geplante Legalisierung von Cannabis war erneut Thema der IMK. Hierzu sagte der Sprecher der B-Länder, Peter Beuth: „Es ist allen bewusst, dass die Legalisierung von Cannabis deutliche Auswirkungen auf die Sicherheit in unserem Land hat, die von der Bundesregierung weitestgehend ignoriert werden. Dabei wissen wir aus anderen Ländern, dass solch ein Vorhaben sowohl den Schwarzmarkt, die Organisierte Kriminalität als auch die Verkehrssicherheit beeinflussen wird. Wenn im kommenden Jahr eine Legalisierung von Cannabis durch den Bund erfolgt, ist das ein vollkommen unvorbereiteter Einstieg in die unkontrollierte Drogenfreigabe.“ Dabei bezog er sich auf eine Studie zur Legalisierung von Cannabis in Kanada, die einen massiven Anstieg der cannabisbedingten Hospitalisierungsrate zum Ergebnis hatte.
Die IMK befasste sich mit einer Vielzahl weiterer Themenkomplexe von Cybercrime, Zivil- und Katastrophenschutz, Bekämpfung von geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten, über Zivile Verteidigung und die Bekämpfung von Angriffen auf Rettungs- und Einsatzkräfte bis hin zu der Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und der Organisierten Kriminalität.
IMK-Vorsitzende Iris Spranger führte aus: „Für eine nachhaltige Schwächung krimineller Strukturen, gerade der Organisierten Kriminalität, sind Finanzermittlungen und Vermögenabschöpfungen essenzielle Instrumente. Die IMK tritt daher an das BMI und die Justizministerkonferenz heran, um eine Anpassung des Strafgesetzbuches zu forcieren. Ziel ist es, eine echte Beweislastumkehr in der Vermögensabschöpfung zu realisieren – analog zum Kampf gegen die Mafia in Italien.“
Auch in der Bekämpfung der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche thematisierte die IMK wichtige Instrumente – unter anderem automatisierte Melde- und Löschprozesse zu Missbrauchsdarstellungen und die auf EU-Ebene in Verhandlung befindliche Verordnung zu Künstlicher Intelligenz (KI). Das Europäische Parlament fordert im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission noch strengere Regeln, unter anderem Verbote von biometrischen Erkennungssystemen. Sollte die KI-Verordnung in dieser Fassung erlassen werden, würde dies zu schwerwiegenden Einschränkungen der Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden und Risiken für die öffentliche Sicherheit führen.
(c) Senatsverwaltung für Inneres und Sport, 08.12.2023