In Deutschland spielen mehr als 1,4 Millionen Menschen pathologisch und weitere drei Millionen spielen riskant. Abhängige Menschen können oft noch nicht mal aufhören, wenn sprichwörtlich das letzte Hemd verzockt ist. Glücksspielabhängigkeit zerstört Familien und Freundschaften und birgt das höchste Suizidrisiko von allen Suchterkrankungen. Im legalen, regulierten Markt wird noch Jugendschutz und ein gewisses Maß an Spielerschutz gewährleistet, bei illegalen Angeboten sind jedoch die Spielenden in jeder Hinsicht schutzlos ausgeliefert. Das gilt online und auch beim illegalen Automatenspiel. Studien zeigen, dass heute nahezu jedes dritte Glücksspielgerät in Deutschland illegal oder manipuliert ist und mindestens die Hälfte aller Umsätze aus illegalen Geräten kommen. Suchthilfe, Ordnungsämter und Polizei schlagen Alarm. Auch die legalen Anbieter der Automatenspielbranche sehen sich unter starkem wirtschaftlichem Druck durch die illegale Konkurrenz.

Der Beauftragte für Sucht- und Drogenfragen der Bundesregierung Burkhard Blienert hatte deshalb das Thema „Illegales Automatenspiel: Ohne Rücksicht auf Verluste“ am 7. September auf die Agenda gesetzt. An dem Diskussionsabend beteiligten sich fast hundert Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Suchthilfe, Praxis, Industrie und Politik. Hierbei erklärte Burkhard Blienert: „Glücksspielabhängigkeit ist ein ernstes gesellschaftliches Problem. Wir müssen deutlich mehr tun, gerade um illegalen, kriminellen Spielangeboten den Hahn abzudrehen! Spieler-, Kinder- und Jugendschutz muss überall gelten. Damit wir hier keine völligen Wild-West-Verhältnisse bekommen, müssen wir den Ordnungsämtern, der Polizei und Justiz zusätzliche Instrumente an die Hand geben, und zwar dringend. Konkret heißt das, dass wir unser Strafrecht an die Realitäten anpassen müssen: Im Moment ist es für die Staatsanwaltschaften extrem mühsam, illegales Glücksspiel nachzuweisen, wenn irgendwo im Hinterzimmer einer Kneipe oder einer Imbissbude sogenannte Fun-Games angeboten werden. Das sind Spielgeräte, bei denen etwaige Gewinne nicht automatisch ausgezahlt werden, sondern das macht der Aufsteller von Hand zu Hand. Da wird der Staat zurzeit mit großer krimineller Energie an der Nase herumgeführt. Ich habe dem Bundesjustizminister bereits einen Vorschlag übermittelt, wie wir das Aufstellen solcher Geräte konsequent sanktionieren können. Ein weiterer Punkt ist: Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir Spielsüchtige entkriminalisieren. Einerseits, weil abhängige Menschen Hilfe anstatt Strafe brauchen und andererseits, weil sich viele Spielsüchtige erst trauen werden, illegales Glücksspiel anzuzeigen, wenn sie selbst straffrei bleiben.“

Während der Veranstaltung wurden auch die aktuellen Ergebnisse der Evaluation der Spielverordnung, also des Automatenrechts des Bundes, vorgestellt. Burkhard Blienert zufolge sei es dringend erforderlich, die bestehenden Regeln zu durchforsten und vollziehbarer zu machen: „Die Studie zeigt ganz klar: Die Ordnungsämter sind total überfordert. Wir müssen ihnen umgehend helfen. Was wir brauchen, sind klare Verantwortlichkeiten auf Seiten der Anbieter und viel, viel mehr Überblick für die Behörden vor Ort. Vorstellbar wäre etwa ein digitales Geräteregister, welches alle Daten zu legal aufgestellten Geräten zusammenfasst. Damit würde wenigstens ersichtlich, welche Geräte wo stehen dürfen und welche nicht. Behörden könnten damit schneller eingreifen gegen illegal aufgestellte Automaten. Auch der Ordnungsgeldrahmen muss auf den Prüfstand. Zudem müssen die Automatenkontrollen endlich in diesem Jahrhundert ankommen und durch digitale Anwendungen unterstützt werden. Kontrollen müssen insgesamt einfacher und effektiver werden, damit mehr Kontrollen möglich sind, damit die Anbieter von illegalem Glücksspiel unter hohem Fahndungsdruck stehen. Wer den Schutz der Spielenden nicht ernst nimmt, muss in Zukunft mit ernsten Konsequenzen rechnen müssen.“

(c) BMG, 08.09.2023

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