Im Anschluss an die Sitzung des Präsidiums der Freien Demokraten gab FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai das folgende Statement ab:
Meine Damen und Herren, wir haben heute vor einem Jahr, am 27.2.22, die historische Rede des Bundeskanzlers im Deutschen Bundestag gehört. Die sogenannte Zeitenwende wurde vor exakt einem Jahr ausgerufen. Seitdem hat sich sehr viel verändert. Nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt und vor allem im Zusammenhang mit dem Thema Sicherheitspolitik.
Wir haben uns damals im Deutschen Bundestag bewusst entschieden, dass wir Geld in die Hand nehmen, dass wir 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr investieren wollen. Und wir haben damals gemeinsam festgestellt, dass die Sicherheitspolitik in Deutschland insgesamt in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden ist. Seitdem wird sehr viel über den Zustand der Bundeswehr gesprochen. Es besteht parteiübergreifend die Feststellung und Einsicht, dass wir besser werden müssen, wenn es um die Zukunft der Bundeswehr geht. Das wäre nicht nur ein Beitrag für unsere eigene Sicherheit, sondern auch ein echter Beitrag für die Sicherheitsarchitektur in Europa.
Ein Jahr danach stellen wir fest, dass die Zeitenwende auch in den Kasernen ankommen muss. Wir stellen fest, dass wir auch in vielen Fragen, etwa wenn es um Strukturen oder um das Beschaffungswesen der Bundeswehr geht, besser werden müssen. Da steht noch sehr viel Arbeit an. Hier hat der Verteidigungsminister eine ganze Reihe von Herausforderungen vor sich.
Passend dazu haben wir uns heute im Präsidium der FDP mit dem Thema Zeitenwende und der Zukunft der Bundeswehr beschäftigt. Uns ging es vor allem um die Frage, wie man die Bundeswehr insgesamt zukunftsfähiger und auch als Arbeitgeber attraktiver machen kann. Wie Sie wissen: Wir als FDP lehnen die Wehrpflicht ab. Wir sind aber der Meinung, dass wir im Bereich der Reserve besser werden müssen. [Zum Beschluss des FDP-Präsidiums]
Wir brauchen eine Stärkung der Reserve der Bundeswehr, denn die Reservistinnen und Reservisten sind nicht nur ein Bindeglied zwischen Bundeswehr und Gesellschaft, sondern sie können auch enorm viele Fähigkeiten in die Bundeswehr einbringen. Die Bundeswehr der Zukunft wird eine Armee von Spezialisten sein, die komplexe Waffensysteme beherrschen. Auch Fragen der IT- und Cybersicherheit werden einen hohen Stellenwert haben. Hier kann sehr viel Know-how über die Reservistinnen und Reservisten eingebracht werden.
Wir sind der Meinung, dass wir noch einiges tun können, um die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber zu stärken. Das hat natürlich etwas mit dem Thema Akzeptanz der Bundeswehr in der Gesellschaft zu tun. Früher wurde diskutiert, ob Vertreterinnen und Vertreter der Bundeswehr häufiger in Schulen auftreten sollen, um für die Bundeswehr als Arbeitgeber zu werben. Das halten wir für notwendig. Das kann man auch auf Länderebene noch deutlicher verfestigen, bis hin zu der Frage, die Bundeswehr in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, etwa bei der Frage, Gelöbnisse oder Beförderungen an öffentlichen Stellen durchzuführen. Dazu haben wir eine ganze Reihe von Ideen. Insgesamt hat der Krieg in der Ukraine das Denken in der Außen- und Sicherheitspolitik verändert. Wir wissen nicht, wie lange dieser Krieg dauern wird. Ich vermute, dass dieser Krieg uns noch sehr lange beschäftigen wird. Wir sollten uns mit Blick auf die Sicherheitspolitik und die Sicherheitsarchitektur in Europa darauf vorbereiten. Auch mit Blick auf andere Diskussionen, die bis vor kurzem so noch nicht möglich waren, wenn ich beispielsweise an die Rolle Deutschlands in der NATO denke und wenn es darum geht, die sogenannten NATO-Ziele zu erreichen. Da sind wir heute ein Stück weiter in Deutschland. Es gibt heute breite Mehrheiten, die ganz klar anerkennen und sagen: Ja, wir müssen ein Musterland sein innerhalb der NATO. Die Ziele, die dort vorgegeben werden, also konkret das Zwei-Prozent-Ziel, müssen wir erreichen. Und wir müssen als Land einen Beitrag nicht nur für uns, sondern auch für die Sicherheitsarchitektur insgesamt in Europa leisten, indem wir in den nächsten Jahren eine der modernsten Armeen auf die Beine stellen. Das heißt: Die Fehler, die man in den letzten zwei Jahrzehnten gemacht hat – übrigens auch unter CDU/CSU-Verteidigungsministern – die wollen wir korrigieren und so die Bundeswehr fit machen für die Zukunft.
Quelle: FDP-Fraktion, Pressemitteilung vom 27. Februar 2023