Die Mitgliedstaaten der EU haben sich heute im Rat der Ständigen Vertreter (AStV) auf eine Harmonisierung des Sanktionsstrafrechts geeinigt. Die Einigung muss noch im Ministerrat bestätigt werden, anschließend einigen sich das Europäische Parlament und der Rat auf die finale Fassung der Richtlinie.
Die allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom 2.12.2022 (COM (2022) 684 final) enthält Mindeststandards für die strafrechtliche Ahndung von Verstößen gegen die gemeinsamen EU-Sanktionen. Damit sollen die effektive Sanktionsdurchsetzung gegenüber Russland und insgesamt gestärkt und die Umgehungsbekämpfung europaweit verbessert werden. Dafür sieht der Vorschlag detaillierte und weitreichende Vorgaben für die Definition von Straftaten aufgrund von Sanktionsverstößen und Umgehungstaten vor.
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck:
„Wir müssen den Sanktionsdruck auf Russland weiter verschärfen und die Sanktionsumgehung über Drittstaaten eindämmen. Dazu stimmen wir derzeit im Kreis der EU-Mitgliedstaaten ein schlagkräftiges 11. Sanktionspaket ab. Bereits heute ist dem Rat ein wichtiger Schritt zur Sanktionsdurchsetzung und Umgehungsbekämpfung gelungen. Wir konnten uns innerhalb kürzester Zeit auf ambitionierte gemeinsame Standards für die europaweite Bestrafung von Sanktionsverstößen einigen. Mit der heutigen Einigung auf eine Allgemeine Ausrichtung des Rates rückt das gemeinsame Ziel in greifbare Nähe, Sanktionsbrüche künftig in allen EU-Mitgliedstaaten effektiv zu verfolgen und zu bestrafen.“
Inhalt des Richtlinienvorschlags
Strafbare Verstöße gegen EU-Sanktionen werden in dem Richtlinienvorschlag detailliert definiert. Ein wichtiges Element ist dabei die Strafbarkeit bestimmter Formen der Sanktionsumgehung etwa durch Verschleierungshandlungen. Zudem werden Erträge aus bestimmten Umgehungstaten zukünftig europaweit einer erweiterten Einziehung unterliegen. Mindestvorgaben an die Strafbarkeit sehen bei natürlichen Personen im Höchstmaß eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Dieser Strafrahmen gilt unter anderem für alle Sanktionsverstöße, die Rüstungsgüter und Dual-Use-Güter betreffen. Bei juristischen Personen besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit, Geldstrafen in Höhe von bis zu 40 Millionen Euro oder 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes vorzusehen.
Auch die Rahmenbedingungen für die Strafverfolgung und die justizielle Zusammenarbeit werden verbessert. Die Koordinierung und Kooperation der Behörden der EU-Mitgliedstaaten untereinander sowie mit der Europäischen Kommission werden gestärkt, um die Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von strafbaren Verstößen gegen EU-Sanktionen europaweit zu fördern. Zudem müssen die Mitgliedstaaten wirksame Ermittlungsinstrumente vorsehen. Personen, die Verstöße gegen EU-Sanktionen melden, sollen zukünftig nach den Vorgaben der Hinweisgebergeberschutz-Richtlinie geschützt werden.
Anpassung der europäischen Verträge
Um das Sanktionsstrafrecht innerhalb der EU harmonisieren zu können, hatte der Rat mit einem einstimmigen Beschluss am 28.11.2022 den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union als einen Bereich besonders schwerer Kriminalität im Sinne des Artikels 83 AEUV bestimmt, bei dem eine grenzüberschreitende Dimension besteht.
Umfang des nationalen Umsetzungsbedarfs
In Deutschland werden Sanktionsverstöße im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und in der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) schon jetzt als Straftat oder Ordnungswidrigkeit geahndet. Gleichwohl wird die europäische Harmonisierung voraussichtlich Anpassungsbedarf im nationalen Recht auslösen. Das BMWK als Federführer für das deutsche Sanktionsstrafrecht ist nach Abschluss des europäischen Gesetzgebungsverfahrens für die nationale Umsetzung zuständig.
©️ BMWK, 24.05.23